VT03 - Tod in den Wolken
das Mädchen das Ratszimmer verlassen hatte, wandte er sich an seinen Berater. »Bevor er mir berichtet, was sich in Kilmalie zugetragen hat, möchten wir wissen, wie es unserer Leibwächterin geht und wie sie zu ihren Verletzungen kam!«
Bunaaga trank einen Schluck von dem köstlichen Tee und erzählte dem Kaiser alles, was er über den Überfall im Äußeren Ring wusste. Er begann damit, dass Tala nach Auskunft von Doktor Aksela bald wieder auf den Beinen sein würde, und endete mit der niederschmetternden Nachricht, dass die Wachen, die am Ort des Überfalls hätten sein müssen, nicht auf ihrem Posten gewesen waren. »Sie behaupten, ihr Kommandant hätte sie zurückgezogen. Der Kommandant behauptet, ein Bote des kaiserlichen Hofes hätte diese Anweisung erteilt! Wer dieser Bote war, weiß niemand!« Bunaaga nippte an seinem Tee, der inzwischen kalt geworden war.
Der Kaiser verschränkte die Arme hinter seinem Rücken und strich entlang des Tisches auf und ab, wie ein Tier an den Gittern seines Käfigs. Lange Zeit schwiegen die beiden Männer. Bis Pilatre auf einem Stuhl gegenüber Bunaaga Platz nahm. Er seufzte. »Wir beschäftigen uns später damit! Erzähle er uns von Kilmalie!«
Seine Augen hingen an den Lippen seines Beraters. Sie weiteten sich, als er von den Gruh hörte. Die Ergebnisse der Untersuchung von der toten Kreatur im Hause der Heiler erschreckten ihn zutiefst. Er ließ seinen Rücken gegen die Stuhllehne sinken und atmete schwer. Hatten die Gruh seine Tochter etwa gefressen? Das erste Mal, seit er von ihrer Entführung gehört hatte, kam ihm der Gedanke, dass Lourdes nicht mehr am Leben sein könnte. Seine Hand ballte sich zur Faust. Seine Truppen mussten nach Kilmalie!
In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen. Der Bote, den der Kaiser nach seinem Leibarzt geschickt hatte, platzte in das Zimmer. »Leguma, Leguma!«, keuchte er.
Bunaaga sprang auf. »Was ist mit ihm? So rede schon!«
Die Perücke des Boten hing schief. Er atmete stoßweise, und seine Augen starrten Bunaaga an, als sähe er einen Geist. »Er ist nicht in seinem Haus… aber… seine Haushälterin und… seine Braut…«, stammelte er. »Sie sind tot, Herr! Ermordet!«
***
In den Gängen des Heilerhauses herrschte Stille. Die ersten Sonnenstrahlen krochen durch die Fenster der Eingangshalle über den elfenbeinfarbenen Fußboden. Ihr Licht blendete Leguma. Er legte schützend eine Hand an die Augen und wankte durch die Halle. Das scharrende Geräusch seiner Schritte hallte von den Wänden wider, als er den Gang in den Seitenflügel einbog.
In seinem Kopf wiederholte er fortwährend dieselben Gedanken: Er musste den Gruh vernichten! Aber… warum? Es war doch noch gar nicht lange her, dass ihm alles klar gewesen war! Nachdem er das Gehirn gegessen hatte von… von… den Namen der Frau hatte er schon wieder vergessen!
Aus irgendeiner Ecke seines Verstandes wurde Leguma vorwärts getrieben. Ihm blieb nicht viel Zeit, sonst würde er den Rest auch wieder vergessen. Würde sein Denken reduziert sein auf diese Gier nach Hirn. Würde der kleine Rest von Doktor Leguma für immer verschwinden!
Er öffnete die Tür zu den Laboren. Der Untersuchungstisch war leer. Man hatte die Leiche fortgeschafft. Aber wohin?
Sein Blick fiel auf den Zündsteinschnapper in einer Wandhalterung. Er wusste nicht mehr, dass dies eine der wenigen, nur an besonderen Orten erlaubten Methoden war, hier in der Wolkenstadt offenes Feuer zu entzünden; er erinnerte sich nur an die vernichtende Kraft, die man damit entfesseln konnte.
Feuer! Ja, damit konnte er den Gruh vernichten! Mit Feuer vernichten!
Der Wissenschaftler öffnete die Halterung und ließ den Schnapper in seine Tasche gleiten, dann schlurfte er zur Tür.
Doktor Aksela war hundemüde und freute sich auf ihr Bett. Sie hatte gerade den jungen Kilmalier in die Küche des Heilerhauses gebracht. Er wollte für Tala etwas zu Essen holen. Die Ärztin lächelte. Die Kleine erholte sich schneller, als Aksela es für möglich gehalten hätte. Ihr Kreislauf war stabil, und als sie erwacht war, hatte sie als erstes nach einem Frühstück gefragt.
Jetzt wollte Aksela noch ihren Lederbeutel holen, in dem sie ihre persönlichen Sachen aufbewahrte, und dann würde sie sich auf den Heimweg machen.
Während sie in den Räumen der Pathologie den Beutel aus dem Schrank nahm, hörte sie ein Scheppern aus dem angrenzenden Raum. Hatte sich ein Tier in den Vorraum zur Sezierkammer verirrt? Aksela näherte sich
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