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VT03 - Tod in den Wolken

VT03 - Tod in den Wolken

Titel: VT03 - Tod in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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wünschte sich, das alles hier sei nur ein böser Traum. Aber es half nichts. Am anderen Ende des Raumes wartete die Grausame: groß wie ein Nilpferd und laut wie ein Dutzend Wasserbüffel. Die schwarzen Augen der Prinzessin funkelten aus einem weiß gepuderten Gesicht. Schwarze Krauselocken ragten aus ihrem Schädel wie ein Büschel Dorngras. Ihre mächtigen Körpermassen waren in ein weißes Korsett geschnürt. Die dicken Arme in die wuchtigen Hüften gestemmt, sah sie ihr grimmig entgegen. »Wird’s bald?«, knurrte sie.
    Die Dienerin zog die Schultern ein und machte sich auf den Weg. Die flauschigen Läufer unter ihren nackten Füßen schienen sie festhalten zu wollen. Ihre Zehen verfingen sich in den Teppichschlaufen: Ungewollt fiel sie vor Antoinette auf die Knie.
    »Mon dieu! Was ist sie ein ungeschickter Trampel!« Die Prinzessin wandte sich ab und riss ein Gewand nach dem anderen aus den Tiefen ihres Schrankes.
    Während die Dienerin auf die Beine zu kommen versuchte, flogen ihr Kleider aus feinem Leinen, goldenem Brokat, dickem Samt und hauchdünner Seide um die Ohren.
    »Alles müssen wir alleine machen«, jammerte Antoinette. Schließlich hielt sie ein hochgeschlossenes lila Kleid zwischen ihren dicken Fingern. »Hier! Das Kleid der Richterin! Merke sie sich das! Und jetzt gehe sie uns aus den Augen! Tout de suite!«
    Sich immer wieder verbeugend stolperte das Mädchen rückwärts aus dem Zimmer. Erleichtert, diesmal keine Schläge erhalten zu haben, und froh, bis zum Abend Ruhe vor ihrer Herrin zu haben.
    Antoinette streifte sich den violetten Stoff über. Sie hätte heulen mögen. Die Zofen, die man ihr zumutete, wurden immer ungeschickter und jünger. Die Kleine war höchstens dreizehn Jahre alt. Sie seufzte. Hör auf zu jammern, Antoinette. Es hätte dich schlimmer treffen können! Sie dachte an ihre arme verschleppte Schwester. Lourdes! Wo nur mochte sie jetzt sein? Die Herrscherin trat vor den Spiegel neben dem Fenster. Sie drehte und wendete sich. Ihr gefiel, was sie sah. Das Kleid gab ihr ein erhabenes Aussehen. Aber ihre Haare! Mon dieu! Normalerweise hätte sie jetzt nach Chérie gerufen. Doch der Meister der Haarkunst war tot. Warum hatte Lourdes ihn auch mit auf die Reise nehmen müssen? Schon immer hatte die eine Stunde ältere Schwester ihren Willen durchgesetzt. Verwünschte Lourdes! Tränen bahnten sich einen Weg durch die puderige Schicht auf Antoinettes Gesicht.
    Diese verdammten Kilmalier! Sie waren an allem schuld! Ein aufsässiges Bauernvolk, das den Kaiser, ihren Vater, um die Steuerabgaben betrog! Garantiert steckten sie hinter der Entführung. Vermutlich erhofften sie sich einige Jeandors extra zu verdienen. Aber nicht mit mir! Nicht mit Antoinette de Rozier!
    Wutschnaubend trampelte die Prinzessin zur Kommode neben der Tür. Sie riss so heftig an einer der Schubladen aus Leichtholz, dass diese krachend aus der Halterung brach: Tücher und Strümpfe fielen ihr entgegen. »Ich werde diesen Bastard aus Kilmalie vierteilen lassen!«, schrie sie und bückte sich nach einem schwarzen Tuch. Ein hässliches Geräusch in ihrem Rücken ließ sie auffahren. Irgendeine Naht ihres Richterinnengewandes war gerissen. Das verschaffte ihr Luft. Sie spürte, wie ihr Brustkorb sich weitete und ihr Bauch sich blähte. Dann öffnete sie ihren Mund, und ohne Anstrengung donnerte ihre Stimme durch den Palast: »Wenn unsere Zofen nicht augenblicklich zur Stelle sind, werden sie dem kilmalianischen Bauerntrampel bei seinem Tod Gesellschaft leisten!«
    ***
    Nabuu wurde in den großen Prunksaal geführt. Der helle Marmor war kalt unter seinen Füßen. Rechts und links von ihm bildeten Männer und Frauen eine Gasse. Sie rümpften die Nase und zischten leise, als der Kilmalier sie passierte. Nur verschwommen sah er ihre Gesichter. Seine Augen gehorchten ihm nicht mehr. Man hatte ihm eine Droge verabreicht und den ganzen Tag verhört. Seine Glieder waren schwer. In den Seiten spürte er einen pochenden Schmerz und seine Kehle brannte wie Feuer. Er hätte sein Leben für einen Becher Wasser gegeben.
    Auf einem Podest vor ihm glitzerten goldene Stühle. Oder war es nur einer? Nein, es waren zwei. Die Thronsessel der Herrscherinnen der Provinz Masaai: mit Blattgold überzogenes Leichtholz, mit Diamanten und Rubinen besetzt.
    Der Griff um seine Arme löste sich, und Nabuu fiel vor das Podest. Roter Plüschboden füllte zunächst sein Blickfeld. Er klammerte sich an den Rand der weichen Bodenerhebung und versuchte

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