VT05 - Tag der Vernichtung
geworden im Flugzeug. Percival sah sich um. Alle Augen, die er sehen konnte, hingen an den Monitoren und den Lippen des Papstes. Sein Blick begegnete dem der jungen Frau, die ihn schon vor dem Start so merkwürdig angeschaut hatte. Und plötzlich kam sie ihm bekannt vor.
Am Gepäckband entdeckte er sie wieder in der Menge.
Diesmal kam sie auf ihn zu. »Verzeihen Sie, Mr. Percival«, sprach sie ihn auf Englisch an, »doch wir kennen uns.«
Jetzt erst, da sie vor ihm stand, erkannte er Vera van Dam wieder, Sie war abgemagert, hatte sich die Haare schneiden lassen, und eine quastige Narbe entstellte ihre rechte Gesichtshälfte.
»Tut mir Leid, Vera, wirklich.« Er begrüßte sie mit Handschlag. »Ich habe Sie wahrhaftig nicht erkannt.«
»Ich Sie auch erst auf den zweiten Blick«, sagte Vera.
»Diese scheußliche Geschichte geht an keinem von uns spurlos vorüber, nicht wahr? Ich habe in der Zeitung von Mr. Steelwalkers Tod gelesen.«
Percival machte die Frauen miteinander bekannt. »Das ist meine Partnerin Leila Dark, und das ist Vera van Dam, die tapfere Krankenschwester, die Lupos Amoklauf in der Amsterdamer Uniklinik gestoppt hat.«
Die Frauen begrüßten einander mit ernsten Mienen.
Gemeinsam wartete man auf das Gepäck. »In welchem Hotel haben Sie gebucht, Vera?«, wollte Leila wissen.
»In keinem. Mein Mann holt mich ab. Ich glaube, er wohnt zurzeit in einem Nationalpark am Kilimandscharo.« Ihr Mann war Fotograf und für National Geographic auf einer Fotosafari unterwegs. »Unser Außenministerium hat ja eine Reisewarnung für Tansania herausgegeben, und eine Zeitlang galt Peter auch tatsächlich als verschollen«, erzählte Vera.
»Später erfuhr ich, dass man ihn verhaftet und beinahe erschossen hat.«
»Und jetzt kann er wieder unbehelligt arbeiten im Land?«, wunderte sich Percival.
»Das hat mich auch verblüfft«, gestand Vera. »Peter hält sich da ein wenig bedeckt. Er sagt, er hätte gute Beziehungen zu Regierungskreisen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Und was führt Sie nach Ostafrika?«
»Wir suchen den Mann, der Lupo auf dem Gewissen hat«, erklärte Percival.
»Hier?«, staunte Vera.
»Er sitzt in einem Gefängnis in Daressalam«, sagte Leila.
»Wir wollen seine Auslieferung erreichen, damit er vor ein Gericht gestellt werden kann.«
»Ob Sie da nicht zu spät kommen…?« Vera van Dam blickte sich um und senkte die Stimme. »Man erzählt sich, dass viele Ausländer den Massenerschießungen in den Gefängnissen zum Opfer gefallen sind.«
Percival kommentierte das nicht weiter. Inzwischen war es ihm gleichgültig, ob Tansania van der Groot ausliefern würde oder nicht. Und falls die Soldateska des Diktators den Professor mittlerweile erschossen hatte, sollte es ihm auch recht sein. Hauptsache, van der Groot war endlich unschädlich.
Das Band brachte ihr Gepäck. Seite an Seite zogen sie ihre Trolleys durch den Ausgang. In der Menschenmenge, die vor der Absperrung auf Reisende wartete, hielten sich viele Uniformierte auf. Darunter auch ein athletisch gebauter Weißer in einer Uniform, in den Farben Schwarz, Rot und Gelb. Sein Aufzug erschien Percival irgendwie lächerlich.
»Halt!« Der Uniformierte kam auf sie zu. Ein Schwarm Bewaffneter überholte ihn und umringte Vera, Percival und Leila. »Sie sind verhaftet!« Man drückte ihnen Gewehrläufe auf die Brust und in den Rücken, jemand zog Handschellen von seinem Gürtel.
»Moment mal!« Ein blonder Mann von höchstens dreißig Jahren drängte sich durch die Menge der Wartenden. »Das ist meine Frau!«, rief er auf Holländisch. Er fuchtelte mit einem Ausweis. Damit schaffte er es immerhin, bis vor den weißen Kerl in Schwarzrotgold gebracht zu werden. »Sie darf einreisen! Ich habe eine Sondererlaubnis!«
Der Uniformierte nahm ihm den Ausweis ab und studierte ihn sorgfältig. Schließlich nickte er.
Die schwarzen Männer nahmen Vera die Handschellen ab.
Die Krankenschwester stürzte sich sofort in die Arme ihres Mannes. Das Paar hatte sich seit Wochen nicht gesehen. Tom Percival aber sank das Herz in die Hosentasche. Leila drängte sich an ihn. Er beobachtete, wie Vera ihrem Mann etwas ins Ohr flüsterte.
Die Soldaten trennten Percival und Leila voneinander und von ihrem Gepäck. Leila machte Anstalten, lautstark zu protestieren. »Die beiden auch nicht!«, rief Veras Mann plötzlich. »Das sind mein Schwiegervater und seine Frau!«
Der Weiße in den deutschen Farben zog die Brauen hoch.
Sein Blick wanderte belustigt
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