VT11 - Flammender Himmel
diese Sippschaft bis zu unserem Eintreffen wieder auf Vordermann gebracht zu haben.
Nun, wie dem auch sei – seid versichert, dass es meinen Fähigkeiten und meinem Können als Befehlshaber geschuldet ist, dass Brest-à-l’Hauteur hervorragend vorbereitet in die Schlacht geht, so wie es dem Ruf Eurer Excellenz geziemt.
Nun muss ich diese Nachricht schließen, damit der Witveer, der Euch dieses Schreiben überbringen wird, nicht im Dunkeln zu Euch finden muss.
Ich verbleibe in Hochachtung, Ehrfurcht und Liebe
Euer Sohn, Prinz Akfat
Einen Brief.
Einen!
Mambotu Akwane, seines Zeichens Witveerlenker in Brest-à-l’Hauteur, ärgerte sich. Er hatte gehofft, dass er und sein wunderbarer und eleganter Vogel bis zum Beginn der Schlacht nichts zu tun haben würden.
Stattdessen war er erst vor zwei Stunden von Prinz Akfat, diesem verwöhnten kleinen Muttersöhnchen, mit einem Brief nach Orleans-à-l’Hauteur geschickt worden. Dort hielt sich der Kaiser auf, wie alle wussten.
Worum es sich bei der angeblich tödlichen Gefahr handeln sollte, die das Reich bedrohte, war offiziell noch nicht verkündet worden. Dafür kochte die Gerüchteküche. Eine besonders widerwärtige Abart von Menschen, die sich von den Gehirnen rechtschaffener Bürger ernährten, sollte aus den Tiefen der Erde aufgestiegen sein.
Erfahren hatte er das aus den verschiedenen Klatschgeschichten, die sich die Witveerlenker und die Maschiinwarte der Dampfdruckkanonen abends bei einem Umtrunk erzählten. Henri Talleyrand von Plattformabschnitt 12 zum Beispiel hatte dank guter Beziehungen zum Palast von Orleans-à-l’Hauteur immer irgendeine Neuigkeit über die kaiserliche Familie auf Lager. Der Wahrheitsgehalt allerdings ließ sich nicht überprüfen, und so ermahnte sich Mambotu Akwane immer wieder, nicht allzu leichtgläubig zu sein.
Diesmal konnte er der feuchtfröhlichen Runde nicht beiwohnen; was Mambotu ärgerte. Heute Abend hatten sie sich ein letztes Mal vor der Schlacht treffen wollen, um die Heldentat des Tages zu feiern, und was war stattdessen?
Nein, ärgere dich nicht zu sehr, dachte sich der Witveerlenker und atmete tief durch. So weit war es bis nach Orleans-à-l’Hauteur auch nicht mehr. Er ließ seinen Vogel weiter frei fliegen. Der überdimensionale Schwan liebte es, sich in der Luft zu bewegen, und wenn er glücklich war, dann war auch Mambotu zufrieden. Es war die vollkommene Freiheit, hier in der Nähe des allgegenwärtigen Kilmaaro über die grüngelbe Savanne zu fliegen und die Landschaft in der untergehenden Sonne zu betrachten.
Er konnte die Wolkenstadt schon am Horizont erkennen. Es war schneller gegangen, als er gedacht hatte, aber nicht schnell genug. Der Selbstgebrannte, den er zur Linderung seines Ärgers zu sich genommen hatte, drückte auf seine Blase. Es war besser, in der Savanne eine Pause einzulegen, als mit verkniffenem Gesicht und gekreuzten Beinen dem Kaiser gegenüber zu treten.
Er sah sich um und entdeckte ein Stück voraus eine kleine Oase. Sie war durch den Baumbewuchs, der in der sonst nur von Gras und Büschen bewachsenen Savanne ein winziges Stückchen Urwald bildete, gut auszumachen. Als der Pilot darauf zuhielt, konnte er am Funkeln zwischen den Bäumen erkennen, dass sich dort ein kleiner Teich befand.
Mambotu freute sich. Das war die Gelegenheit, sich auch noch ein wenig frisch zu machen! Dem Kaiser wollte er ungern ungewaschen gegenübertreten, auch wenn jeder Verständnis dafür hatte, dass Waschwasser in den Wolkenstädten aufgrund seines Gewichts streng rationiert wurde – den Hof, beziehungsweise die Kommandantur natürlich ausgeschlossen. Noch stand die Sonne hoch genug am Himmel, sodass er Orleans-à-l’Hauteur rechtzeitig vor Sonnenuntergang erreichen konnte.
Er lenkte den Witveer über das Wäldchen, zwang ihn, direkt am Ufer des kleinen Teichs zu landen, und sattelte ihn ab, damit das Tier ins Wasser konnte. Während sich der Vogel ins kühle Nass stürzte, verrichtete Mambotu an einem Baum sein Geschäft.
Er war ein leidenschaftlicher Witveerlenker und schon als kleiner Junge immer wieder zu den Ställen der großen Vögel gelaufen. Er liebte ihre Eleganz, die reine weiße Farbe ihrer Federn und ihre geschmeidige Art, und auch jetzt sah er genau hin und ließ sich keine Bewegung des Witveers entgehen.
Er ging neben dem Teich in die Hocke und spritzte sich Wasser über Gesicht und Arme. Dann pfiff er nach dem Tier. Zeit, wieder aufzubrechen. In diesen Breiten kam die Nacht
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