Vulkanpark
ausschalten.
Unvernünftig sein. Sich das Vergnügen gönnen, von einem Mann verwöhnt zu
werden, der sie begehrte.
Er
drängte sie auf die exotisch gemusterte Bettdecke. Sie spürte seine starken
Muskeln. Seine Beine umklammerten sie wie ein Schraubstock. Seine Hand
schlüpfte unter ihr T-Shirt.
Nein,
das ging zu weit!
Mit
einem Mal war sie wieder vollkommen nüchtern. Was tat sie da? Der Mann war
mindestens zehn Jahre jünger als sie! Und sie kannte ihn kaum. Zudem wohnte er
im gleichen Haus. Das bedeutete, wenn diese Episode vorbei war, würde man sich
ständig wiederbegegnen. Nein, das ging gar nicht.
Sie
versuchte, sich aus seiner Umklammerung zu befreien und richtete sich auf.
»Was
ist?«, fragte er mit verschleierten Augen. »Du wirst doch jetzt nicht etwa
gehen wollen?«
»Bitte
nicht böse sein. Meine Tochter kommt gleich nach Hause und … «
»Keine
Lügen«, stieß er hervor und sah ihr in die Augen. »Ich bin allergisch gegen
Lügen.« Seine Augen wurden schmal. »Warum willst du plötzlich nicht mehr?
Findest du mich so abstoßend?« Sein Augenausdruck veränderte sich, wurde hart.
»Nein … natürlich nicht … Es ist nur … wir kennen uns doch kaum … und … «
Er
fixierte sie. »Und was?«
»Ich
meine, wir sollten uns Zeit lassen … damit.
Lässt du mich bitte los?«
Nur
widerwillig tat er, wie ihm geheißen.
Sie
stand auf und ging zur Tür. Dort drehte sie sich nochmals um. Jetzt tat er ihr
leid, wie er da lag. Wie ein Kind, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte.
Mit einem wütenden und zugleich traurigen Ausdruck in den Augen.
»Ich
werde wiederkommen«, sagte sie sanft. »Bald.«
16
»Wo Timo bloß bleibt.« Barbara
Sielacks war vors Haus getreten und sah die Straße hinunter. Es war ein kleines
Fachwerkhaus, alt und verbaut, überall noch ein Eckchen drangeklebt. Aber es
war ihr Haus. Und es war umgeben von einem kleinen Garten, den sie mit
Hingabe hegte und pflegte. Sommerblumen leuchteten in vielen Farben, rosa, weiß
und lila dominierten, weil sie diese Farbenzusammenstellung besonders reizvoll
fand. Im Vorübergehen knipste sie ein paar welk gewordene Blüten ab. Sie und
ihr Mann hatten das Haus vor etlichen Jahren gekauft, das von Jahr zu Jahr ein
wenig wohnlicher wurde. Nicht zuletzt deshalb, weil sie ein Händchen für
Dekorationen, Farben und Zubehör hatte. Dinge, die sie günstig in Katalogen
bestellte oder Schnäppchen vom Discounter. Eine kleine Freude ab und zu musste
schließlich sein. Sie hatte früh gelernt, mit Geld umzugehen, man konnte ihr
einiges vorwerfen, aber nicht, dass sie das Geld zum Fenster hinauswarf.
Vor
Kurzem hatte sie für Timo ein äußerst günstiges Mountainbike im Internet
ersteigert. Zwar funktionierte die Lichtanlage nicht, die sollte sein Vater
reparieren. Jedenfalls hatte Timo sich sehr über das Fahrrad gefreut und war
seitdem ständig damit unterwegs.
Besorgt
sah sie zum Himmel, an dem Wolken wie kleine Inseln in einem blassblauen Meer
schwammen. Mit Timo hatte sie die Vereinbarung getroffen, dass er spätestens
bei Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein sollte.
Sie
trat durch die Terrassentür ins Wohnzimmer. »Langsam wird es wirklich Zeit«,
sagte sie zu ihrem Bruder, der vor dem eingeschalteten Fernseher saß und sich
ein Fußballspiel ansah.
»Dass
ihr Frauen euch immer Sorgen machen müsst«, brummte Walter vom Sofa her, sein
Blick klebte am Bildschirm, und es war offensichtlich, dass er nicht gestört
werden wollte. »Es sind doch Ferien.«
»Trotzdem.
Normalerweise ist er um diese Zeit längst zu Hause.«
Entschlossen
ging sie zum Telefon und wählte seine Nummer. Ein Segen, diese Handys. So hatte
man zumindest eine kleine Kontrollmöglichkeit. Sie ließ es lang klingeln.
Schließlich wurde abgenommen.
»Hallo?«,
sprach sie in den Hörer.
»Mama?«,
antwortete Timo atemlos. »Was ist?«
»Timo,
wo bleibst du denn?« Sie spürte Erleichterung. »Es wird bald dunkel. Und dein
Licht geht doch nicht.«
»Ja«,
sagte er. Es klang abwesend, als ob er nicht richtig zugehört hätte. Im
Hintergrund hörte man Kinderstimmen. Lachen. Jemand rief: »He, Timo, nicht
quatschen.«
»Komme
gleich«, rief Timo seinen Kameraden zu. Dann war er wieder nah an ihrem Ohr.
»Nur noch das Spiel zu Ende, Mama. Dann fahr ich heim.«
»Bitte
nicht mehr so lang.« Aber er hatte bereits das Gespräch unterbrochen.
Einigermaßen beruhigt legte sie auf und ging zurück ins Wohnzimmer.
»Wo ist
eigentlich Heinrich?«, fragte ihr Bruder.
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