Vulkanpark
Mal. »Und als ich mit Britta ankam, hattet ihr Angst, dass
all das zunichtegemacht werden könnte?«
»Na ja.
Jedenfalls sind wir nicht allzu unglücklich darüber zu hören, dass du dich von
ihr getrennt hast«, gab Andrea zu.
Er
holte tief Luft. »So wenig Vertrauen habt ihr also zu mir.«
»Manchmal
kann der Mensch nicht anders.« Sie blinzelte. In ihrem Gesicht zuckte ein
winziges Lächeln. »Manchmal rennt er blind in sein Verderben. Besonders wenn er
jung ist. Und wir möchten dich so gern davor bewahren.«
»Wie
heißen meine richtigen Eltern?«
Die
Vertrautheit, die Nähe, die für eine kurze Zeitspanne zwischen ihnen geherrscht
hatte, war mit dieser Frage sofort wieder zunichtegemacht.
»Warum
willst du das wissen?«
»Mama.«
Er begegnete ihrem Blick. »Verstehst du nicht, dass ich etwas über meine
eigentliche Herkunft, meine Wurzeln, erfahren will? Das ist doch wichtig.«
Sie sah
ihn ängstlich an. Es fiel ihr nicht leicht, das auszusprechen, was sie
befürchtete. »Und dann? Du wirst weiter Fragen stellen. Du wirst alles
aufwühlen. Jeder wird daran zu knabbern haben. Vielleicht führt deine leibliche
Mutter inzwischen ein geordnetes Leben. Dein leiblicher Vater wird aus allen
Wolken fallen, wenn er erfährt, dass er einen Sohn hat. Du wirst alles
durcheinanderbringen. Warum kannst du nicht alles so lassen, wie es ist?« Ihre
Stimme war flehend, fast beschwörend.
Kopfschüttelnd
fixierte er sie. »Also sagst du mir die Namen nicht?«
Sie
zögerte lange. »Ich weiß keine Namen«, sagte sie schließlich. »Weder den deiner
leiblichen Mutter noch den deines Vaters.«
»Das
kann ja wohl nicht wahr sein.« Er starrte sie ungläubig an. »Du bist so ein
Feigling«, stieß er schließlich hervor.
33
»Berthold Olsen ist
Kriminalpsychologe und Fallanalytiker beim LKA Mainz.« Alle Augen richteten
sich auf den unbekannten Mann in ihrer Mitte, den Anton Osterkorn mit einer
einladenden Geste vorstellte.
Franca
suchte Hinterhubers Blick, aber er wich ihr aus und schaute demonstrativ zur
Seite.
Auf dem
Tisch waren etliche Aktenordner aufgereiht, die Unterlagen im Zusammenhang mit
dem Tod von Timo Sielacks beinhalteten. »Herr Olsen ist ein anerkannter
Fachmann auf seinem Gebiet und hat schon etliche vermeintlich hoffnungslose
Fälle zu einem guten Abschluss gebracht. Herzlich willkommen bei uns in
Koblenz, Herr Olsen.«
Berthold
Olsen erhob sich. Alles an ihm wirkte grau. Er trug eine graubraune Hose und
einen grüngrauen Pullover. Franca schätzte ihn auf Anfang 60, das grau melierte
Haar fiel ihm störrisch in die Stirn, er hatte ein von Falten durchzogenes
Gesicht und einen buschigen Schnauzer. Er wirkte eher wie ein gutmütiger Opa
denn wie ein gewiefter Profiler, als den der Chef ihn bezeichnete.
»Ich
danke sehr für die netten Worte. Doch ich möchte gleich eines klarstellen: Nicht
ich habe die scheinbar hoffnungslosen Fälle gelöst, sondern das jeweilige Team,
mit dem ich zusammenarbeitete. One-Man-Shows liegen mir absolut nicht.« Er
blickte einem nach dem anderen in die Augen, als wolle er sich das Gesicht
seiner künftigen Mitstreiter genau einprägen. »Ich war und bin der Meinung:
Operative Fallanalyse ist Teamarbeit. Ich kann mein Wissen und meine Erfahrung
einbringen, aber lösen können wir den Fall nur gemeinsam. Insofern hoffe ich
auf eine gute Zusammenarbeit.« Er setzte sich wieder.
»Ein
herzliches Willkommen auch von mir«, sagte Franca lächelnd. »Ich nehme an, sie
wurden über die Tötung des neunjährigen Timo ausführlich informiert.« Sie wies
auf die Magnettafel mit Lageskizzen und Fotos, die den Fall dokumentierten.
Daneben hatte sie Fotos von Lara Weisglas gepinnt. Zwei fröhlich lächelnde
Kinder, ein Junge und ein Mädchen.
»Uns
bereitet ein weiteres Delikt Kopfzerbrechen, das vielleicht in Verbindung mit
dem aktuellen Fall stehen könnte.«
Berthold
Olsens wässrigblaue Augen unter den buschigen Brauen waren aufmerksam auf sie
gerichtet.
»Einige
Wochen vor Timos Ermordung ist ein siebenjähriges Mädchen von einem Unbekannten
angegriffen worden, der sich vermutlich sexuell an dem Kind vergangen hat. Sie
hatte sichtbare Drosselspuren am Hals. Was genau dieser Mann ihr angetan hat,
wissen wir nicht, weil das Kind beharrlich über Einzelheiten schweigt, und die
Psychologin von einer weiteren Befragung abgeraten hat.«
»Wieso
gehen Sie davon aus, dass beide Fälle zusammenhängen?«
»Nun,
nachweisen konnten wir das bis jetzt natürlich noch nicht. Die
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