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Vulkanpark

Vulkanpark

Titel: Vulkanpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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Laufe ihres gemeinsamen Lebens
gemerkt, die versteckten Liebenswürdigkeiten richtig zu deuten und die kleinen
Zärtlichkeiten zu genießen.
    Michaels
Beziehung zu den Kindern hätte besser nicht sein können. Es gab so viel Gutes.
Er war stets geduldig mit ihnen, nie ungehalten, auch wenn sie noch so
unausstehlich waren. Wenn Dorothee allzu genervt war, hatte er sich in
selbstverständlicher Weise ihrer angenommen, hatte die Kinder beruhigt, ihnen
was vorgelesen, mit ihnen gespielt.
    So ein
Mann sollte sich an wehrlosen fremden Kindern vergriffen oder sie gar getötet
haben? Nein, das war unmöglich. Solch ein rücksichtsloses und
menschenverachtendes Verhalten konnte sie sich bei Michael beim besten Willen
nicht vorstellen.
    Aber
was, wenn das alles doch schon die ganze Zeit dagewesen war? Sie versuchte,
sich die letzten Wochen ins Gedächtnis zurückzurufen. Seine Reaktion, als im
Fernsehen von dem zunächst vermissten und später tot aufgefundenen Jungen
berichtet wurde. Er hatte einsilbig reagiert, als sie ihn darauf ansprach. Aber
war er schließlich nicht immer einsilbig gewesen?
    Den
Speicheltest gab er freiwillig ab. Sofort nach dem Urlaub, als sie das
Schreiben in der Post vorfanden. Er hatte nicht versucht, sich zu drücken, das
wusste sie ganz genau. Sie hatte noch seine Worte im Ohr, dass ihm
selbstverständlich daran lag mitzuhelfen, den Täter zu finden. Und sie hatte
immer nur gedacht: die armen Eltern. Nie hätte sie sich vorgestellt, dass es da
eine Frau des Täters geben könne, eine Familie mit Kindern, die genauso oder
ähnlich zu leiden hatte wie die Opferfamilie.
    Und nun
sollte sie zu den Opfern gehören? Sie sollte die Frau eines Mörders sein?
    Nein,
das war undenkbar.
    Sie sah
aus dem Fenster, da standen mehrere Autos am Straßenrand. Männer in Karohemden
und hellen Hosen liefen herum, verbargen gar nicht, dass sie auf eine
Gelegenheit warteten, bis sie sich endlich zeigte. Den Gefallen würde sie ihnen
nicht tun. Sie hatte genug Vorräte im Haus, die sie weder verhungern noch
verdursten ließen. Sie würde so lang im Haus bleiben, bis diese Leute wieder
verschwunden waren.
    Mit
einem Mal durchzuckte sie ein schrecklicher Gedanke: Nicht nur er ist im
Gefängnis. Wir sind es auch.
    Die
Nächte waren so unendlich lang, seit er weg war. Und so unendlich einsam. Am
Morgen wagte sie gar nicht mehr in die Zeitung zu schauen, die wie jeden Morgen
im Türschlitz steckte, der als Briefkasten diente. Unsägliche Überschriften
fanden sich da: »Mörder endlich gefasst. Polizei kann aufatmen.« Daneben stets
das Foto des ermordeten Jungen und Michaels gepixeltes Gesicht.
    Alles
in ihr war aufgewühlt. Es war zu viel. Nun besaßen die draußen auch noch die
Frechheit zu klingeln. Ihr Kopf fühlte sich heiß an. Vorsichtig spähte sie um
die Ecke, ob sie einen Umriss in der Türscheibe erkennen konnte. Aber da war
niemand mehr. Dort steckte etwas. Ach, nur der Postbote. Aber warum hatte er
geklingelt? Sie ging näher und zog eine Boulevard-Zeitung aus dem Briefschlitz.
Sie klappte sie auf und erstarrte, als sie geradewegs in das deutlich erkennbare
Gesicht ihres Mannes blickte. Darunter stand sein voller Name: Michael
Schaller.

48
     
    »Wieso glauben Sie, ich wäre
ein Mörder?«, fragte er mit matter Stimme. Er strich sich über den kahlen Kopf.
Schweiß stand auf seiner Stirn. »Ich habe zwei Kinder, ich könnte ihnen niemals
etwas zuleide tun und ebenso wenig fremden Kindern.«
    Franca,
die Michael Schaller im Vernehmungszimmer gegenübersaß, fixierte den Mann, der
seit Tagen ausweichende Antworten auf die ihm gestellten Fragen gab.
Hinterhuber und Brock hatten ihn bereits vernommen, doch seine Angaben waren
widersprüchlich und voller Lücken. Einige seiner Aussagen hatten sich eindeutig
als falsch erwiesen, was den Verdacht gegen ihn weiter erhärtete. Damit
konfrontierte sie ihn jetzt.
    »Am
Nachmittag des 13. Mai haben Sie Ihre Frau angeblich von der Arbeit aus
angerufen und ihr mitgeteilt, sie feierten den Geburtstag eines Kollegen in
Ochtendung, richtig?«
    Er wand
sich und wich ihrem Blick aus. Schließlich sagte er leise: »Ja.«
    »Wir
haben das nachgeprüft, Herr Schaller. Sie hatten an diesem Nachmittag
dienstfrei. Abends waren Sie nicht mit Kollegen zusammen. Es gab nämlich gar
keine Geburtstagsfeier.«
    Er
zuckte zusammen.
    »War es
nicht so, dass Sie an diesem Tag der kleinen Lara Weisglas auflauerten und das
Kind in einer Höhle im Rauscherpark missbrauchten?«
    Er
schüttelte den

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