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Vulkanpark

Vulkanpark

Titel: Vulkanpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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jämmerlich. Offensichtlich war es hingefallen.
»Papaaa!«
    Er
hatte nicht nur einen, sondern zwei Väter. Einen, der ihn aufgezogen hatte und
einen, der sein genetischer Vater war. Aber war das überhaupt wichtig? Genügte
es nicht, von liebevollen Eltern erzogen worden zu sein? Schon oft hatte er
sich gefragt, was aus ihm geworden wäre, wäre er in einem anderen Umfeld
aufgewachsen. Bei Menschen, denen er gleichgültig gewesen wäre. Die ihn hätten
verwahrlosen lassen. Vielleicht wäre er gar nicht mehr am Leben.
    Offensichtlich
gab es keine Beziehung zwischen seinen leiblichen Eltern, womöglich war er
einfach nur zufällig gezeugt worden und niemand hatte sich Gedanken gemacht.
Denkbar bei einer rauschgiftsüchtigen Mutter war auch, dass sie sich
prostituiert hatte, um Geld für ihre Drogen zu bekommen. Und sein Vater stammte
aus einem ganz anderen Milieu. Die Adresse, die er herausgefunden hatte, klang
ziemlich normal.
    Da
waren so viele Fragen, auf die er gern eine Antwort gehabt hätte. Was war
richtig? Was war falsch? Er schwankte hin und her.
    »Hi,
Konny. Sitzt du immer so allein?« Ein Schatten fiel auf den kleinen Tisch.
Thorsten, ein Schulkamerad. Ein kleiner Wichtigtuer. Wie der sich immer
zurechtmachte! Peinlich war das. Kein Wunder, dass die Mädchen nichts von ihm
wissen wollten. Eigentlich hatte Konny keine Lust, mit ihm zu reden. Dann fiel
ihm ein, dass Thorsten einen Roller fuhr.
    »Setz
dich doch«, lud er ihn ein. »Was hast du denn heute noch so vor?«
    »Nix
Bestimmtes. Warum fragst du?«
    »Na ja,
ist so schönes Wetter. Da könnte man vielleicht eine kleine Tour machen. Hab
ich so gedacht.«
    Thorsten
grinste ihn an. »Hast du dir so gedacht. Und wohin?«
    Er hob
die Achseln. »Koblenz. An die Mosel.«
    »Ey, komm,
Alter. Mosel. Echt.«
    »Und
wenn ich dir zehn Euro gebe?«
    »Hä?«
    »Ich
hab da was zu erledigen. In Moselweiß. Wäre schön, wenn du mich dahin fahren
könntest.«
    Thorsten
war sehr erstaunt, willigte aber sofort ein.
    »Wenn
du willst, können wir gleich los.«
     
    Konny zog den zweiten Helm
über, schwang sich auf den Rücksitz des Rollers. Thorsten gab Gas. Sie fuhren
über Ochtendung und Bassenheim unter der Autobahn durch. Hitze flirrte über den
Asphalt. Ständig wurden sie von Autos überholt, die viel zu dicht an ihnen
vorbei fuhren. Es war eine ziemliche Strecke mit dem Roller.
    Das
Haus, das Konny suchte, lag direkt an der Mosel. Den Namen hatte er gegoogelt.
Die Adresse seines genetischen Vaters stand ganz normal im Telefonbuch.
    Konny
hielt Thorsten fest umklammert. Je näher Moselweiß kam, umso merkwürdiger wurde
ihm zumute. Etwas stieg brennend heiß in ihm hoch. Ein unbekanntes Gefühl, das
ihn verwirrte. Bald würde er seinem Vater gegenüberstehen. Ob er so aussah wie
er? Ob er eine Ähnlichkeit erkennen würde? Ihm wurde ganz flau. Was sollte er
ihn fragen? Fürchtete er sich vor den Antworten? Warum hast du nie nach mir
gesucht? Bin ich dir gleichgültig?
    Plötzlich
überfiel ihn Angst. Vielleicht hätte er doch die Dinge so lassen sollen, wie
sie waren. Vielleicht war es nicht gut, alles zu wissen. Was, wenn diese
Begegnung sein Leben veränderte und nichts mehr war wie vorher? Er versuchte,
Thorsten ein Zeichen zu geben. »Ich glaube, wir sollten umdrehen«, sagte er und
hörte, wie seine Stimme an der Innenseite des Helms abprallte. Thorsten ließ
sich nicht beirren und fuhr weiter.
    Konny
spürte, wie sein Herz schneller schlug. Er schwitzte unter dem Helm. Nun kam
die Mosel in Sicht, das Wasser strahlte in einem intensiven Blau­grün.
    Er
wusste nichts von diesem Mann. Gar nichts. Er war ein Phantom. Ein Mensch, der
ihn nichts anging. Außer dass er seine Gene in sich trug.
    »Bitte
mach nicht alles kaputt«, hatte seine Mutter gebettelt. Unzählige Szenarien
hatte er seitdem im Kopf durchgespielt. Die Anspannung, die sich in ihm aufgestaut
hatte, wurde schier unerträglich.
    Thorsten
bremste den Roller ab. Zog den Helm herunter.
    »Mann,
was ist denn da los?«, fragte sein Schulkamerad. »Die dort vorn in dem Haus
werden ja regelrecht belagert. Das ist aber nicht da, wo du hinwolltest, oder?«
    Konny
sah sich verwundert um. Zahllose Menschen mit Kameras umstanden ein
freistehendes Ein-Familienhaus. Auch ein Fernsehteam war dabei. Konny erkannte
sofort, dass es die gesuchte Adresse war.
    »Du,
ich glaub, da wohnt dieser Kindermörder. Jetzt fällt’s mir wieder ein. Ich hab
da was im Internet gelesen.«
    »Was
sagst du da?« Konny schrie es

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