Vulkanpark
wärst ausgeflogen. Darf ich reinkommen?«
»Bitte.«
Unschlüssig stand sie da. Dann trat sie einen Schritt zur Seite. Sie wusste,
dass sie keine gute Schauspielerin war. Aber in Gefahr bringen wollte sie sich
auch nicht. Also tat sie ihr Bestes.
»Was
ist? Du hast mir doch versprochen, von jetzt ab mehr Zeit für mich zu haben?«
Ein charmantes Lächeln umspielte seine Lippen. Er bog ihren Kopf zurück, küsste
sie. »Mein Liebling, ich bin so wild auf dich«, flüsterte er an ihrem Ohr. Sie
schauderte. Versuchte, ihn auf Abstand zu halten.
»Georgina
kann jeden Moment kommen«, sagte sie ausweichend, obwohl sie wusste, Georgina
wollte diese Nacht bei ihrem Vater verbringen.
»Dann
komm mit zu mir.« Er ließ nicht locker.
»Bitte.
Ich brauche meine Ruhe. Morgen ist ein wichtiger Tag. Da muss ich ausgeschlafen
sein.« Sie versuchte, möglichst ruhig zu klingen.
Er
zuckte kaum merklich mit den Augenlidern. »Ich dachte, die Zeit der Ausreden
sei vorbei.« Jetzt klang seine Stimme scharf. Unvermittelt packte er sie an den
Handgelenken, zog sie hinter sich her in Richtung Schlafzimmer. »Komm mit ins
Bett.«
Ruckartig
blieb sie stehen. »Ben! Du haust einfach ab. Dann kommst du wieder und glaubst,
ich wäre dir sofort zu Diensten. Was soll das?«
Seine
Augen waren ganz schmal. »Das frag ich dich, Frau Kommissarin.« Grob schob er
sie vor sich her. Sie versuchte, sich seiner Kraft zu widersetzen und seinem
Griff zu entwinden, doch er war eindeutig stärker als sie. Brutal warf er sie
aufs Bett, etwas Kühles schloss sich um ihre Handgelenke, Metall klickte. Es
ging alles sehr schnell. Entsetzt realisierte sie, dass sie an den Bettpfosten
gefesselt war. Es durchfuhr sie heiß.
Er
kniete sich vor sie. Zwang ihr seinen Blick auf. Die dunklen Pupillen
verdrängten fast das Graublau seiner Augen. »Das hast du doch so genossen beim
letzten Mal. Was spricht dagegen, das Spielchen zu wiederholen?«
»Bitte,
Ben, nicht. Ich hab dir doch gesagt … «
»Du
glaubst wohl, du kannst mich verarschen?«, fiel er ihr hart ins Wort. »Du warst
in meiner Wohnung und meinst, ich merk es nicht?«
Sie
waren so vorsichtig gewesen, aber offensichtlich nicht vorsichtig genug.
»Hat
man dir das bei der Polizei beigebracht? In fremden Wohnungen
herumzuschnüffeln, ja?«
Er
denkt, ich war allein in der Wohnung, schoss es ihr durch den Kopf. Er glaubt
nicht, dass ich meine Kollegen eingeweiht habe. Vielleicht ist das meine
Chance.
»Wo ist
mein Messer?«, fragte er. Sein Gesicht hatte nichts mehr gemein mit dem ihres
Liebhabers.
»Ich
weiß nicht, was du meinst«, presste sie hervor.
»Es ist
ein Erbstück. Von meinem toten Vater. Du müsstest doch wissen, wie wichtig so
was ist.« Verwundert registrierte sie, dass seine Stimme weinerlich klang.
»Machst
du mich los, bitte?«
»Das
könnte dir so passen.« Spucketröpfchen begleiteten die hervorgezischten Worte.
»Können
wir nicht vernünftig miteinander reden?«, bat sie.
»Vernünftig?
So von Polizistin zu Schwerverbrecher, ja? Das glaubst du doch, oder?« Er
beugte sich über sie. »Was hast du mir zu sagen?« Sein Gesicht war eine
verzerrte Fratze, in der sie nichts Menschliches mehr gespiegelt fand.
Sie kam
sich hilflos vor, ohnmächtig und ausgeliefert. Genau so mussten sich seine
kindlichen Opfer gefühlt haben.
Sein
Gesicht war ganz nah an ihrem. Sie spürte seinen Atem und glaubte, den Wahnsinn
in seinen Augen zu erkennen.
»Was
hast du vor?«
Er
lachte laut auf. »Das interessiert dich am meisten? Wie du deine miese kleine
Haut retten kannst, ja? Ich bin nicht der Depp, für den du mich offensichtlich
hältst. Dass du das nur weißt. Und du bleibst jetzt schön hier liegen und
denkst über alles nach.«
»Ben,
bitte!« Mühsam versuchte sie sich aufzurichten. Doch die Handschellen hinderten
sie an allzu ausholenden Bewegungen.
Die Tür
fiel hinter ihm ins Schloss. Mist, dachte sie, was mach ich bloß? Wie soll mich
jemand hier finden? Und wenn endlich jemand kommen sollte, ist Ben längst über
alle Berge. Sie rüttelte an den Handschellen, doch sie gaben nicht nach. Sie
strampelte mit den Beinen, ein ebenso unnützes Unterfangen.
Sie
wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Sie versuchte, ruhig zu atmen. Einen
klaren Kopf zu bekommen.
Ging da
eine Tür? Was, wenn er zurückkam? Was dann? Sie lauschte in die Dunkelheit. Ihr
Herz klopfte bis zum Hals. In ihren Ohren sirrte das Blut wie eine hungrige
Mücke. Da huschte etwas Dunkles, das sich bewegte.
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