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Vulkanpark

Vulkanpark

Titel: Vulkanpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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Sprang aufs Bett.
»Farinelli«, stieß sie erleichtert hervor. Vorsichtig kam der Kater näher und
beäugte sie.
    »Hilfe!«,
begann sie zu rufen und riss ungeduldig an den Handschellen. »Hilfe.« Immer
lauter. Und hoffte darauf, dass irgendjemand sie hören würde.

58
     
    Die Zeit zerrann wie
zähflüssiges Öl. Seit Stunden wurde Benjamin Jacobs befragt. Hinterhuber und
Roger Brock waren im Vernehmungszimmer. Auch Clarissa war dabei.
    Franca
konnte von Glück sagen, dass Georgina gestern Abend plötzlich in der
Schlafzimmertür gestanden hatte und mit geweiteten Augen fragte, was denn hier
los sei. Sie hätte ihre Tochter umarmen mögen, wenn sie nicht angekettet
gewesen wäre.
    »Bitte
ruf Hinterhuber an. Sag ihm, er soll einen Bolzenschneider mitbringen.«
    Hinterhuber,
ihr Fixstern im Kosmos der Unwägbarkeiten. Immer in der Nähe, wenn sie ihn
brauchte. Bereit, ihr zur Seite zu stehen. Nicht nur der loyalste Kollege, den
sie sich vorstellen konnte. Auch ein wahrer Freund. Dann hatten die Dinge ihren
Lauf genommen. Ihr war nichts anderes übrig geblieben, als Hinterhuber alles zu
beichten. Fast alles. Mit schamrotem Kopf hatte sie ihn inständig gebeten,
nichts weiterzusagen.
    »Du
kannst dich auf mich verlassen«, hatte er beteuert und sich jeden weiteren
Kommentar erspart.
    Noch
bevor er sie losschnitt, hatte er die Fahndung nach Ben rausgegeben, der kurz
danach am Flughafen Düsseldorf festgenommen wurde.
    Die Tür
öffnete sich. Clarissa kam heraus. Ein kurzes, schnelles Stakkato ihrer
Schritte. »Das ist vielleicht eine harte Nuss«, sagte sie und ließ sich auf den
Stuhl fallen. »Ein ganz merkwürdiger Typ. Der schwallt und schwallt, ohne
wirklich was zu sagen. Er gibt nur zu, was wir ihm sowieso nachweisen können.
Im Drumrumreden ist er Spitze. Faselt was von Spontanurlaub, deshalb sei er am
Flughafen gewesen. Und dann dieser Blick. Ein Eiswürfel ist heiß dagegen.«
    »Hat er
die Tat zugegeben?«, fragte Franca mit angehaltenem Atem.
    »Bis
jetzt noch nicht. Aber die beiden erweisen sich als gnadenlose Investigatoren.«
    »Wie
ist denn Brock?«, wollte sie wissen.
    »Der
kommt noch am besten mit diesem Typen zurecht. Bisschen rüpelhaft, du kennst
ihn ja. Aber vielleicht braucht der genau das. Diese Typen verstehen ja
manchmal keine andere Sprache.«
    Unwillkürlich
musste Franca an ihren Vater denken. Francesco Mazzari, der kleine Mann mit der
starken Vorhand. »Es gibt Situationen im Leben, da sprechen Fäuste eine klarere
Sprache als jedes Wort«, hatte er mal zu ihr gesagt. Damals hatte sie heftig
widersprochen. Heute würde sie wahrscheinlich dazu nicken. Obwohl sie diese
Erkenntnis niemals laut äußern würde.
    Schließlich
betrat Hinterhuber das Büro. Er wirkte müde, abgekämpft.
    »Der
Zugang zu diesem Typen fällt äußerst schwer. Der ist unberechenbar und versucht
ständig, mit uns zu spielen. Wir kommen nicht an den ran. Er kann dermaßen
überheblich sein. Dann wiederum drückt er auf die Tränendrüsen. Schlimme
Kindheit, von den Eltern verstoßen. Kein Vertrauen mehr zu niemandem. Er
täuscht, er trickst – bis du ihm das Gegenteil beweist.«
    »Aber
was hat er gesagt?«
    »Eine
ganze Menge. Ich gehe mal davon aus, dass die Hälfte gelogen ist. Wenn du mich
fragst, haben wir da einen ganz dicken Fisch an der Angel. Das, was wir ihm
vorwerfen, ist wahrscheinlich nicht alles, was der auf dem Kerbholz hat. Und er
versucht immer noch, sich in einem guten Licht darzustellen.«
    »Hat er
etwas über mich gesagt?«
    »Kein
Wort.« Hinterhuber sah sie verschwörerisch an.
    »Ich
denk, du kennst ihn nur flüchtig?«, wunderte sich Clarissa.
    »Na ja,
er wusste aber doch offensichtlich, dass er mit einer Polizistin unter einem
Dach wohnt.«
    »Warum
wolltest du eigentlich nicht bei der Vernehmung dabei sein?«, fragte Clarissa.
    »Ich
wollte erst mal euch ranlassen«, meinte sie ausweichend. Dann stand sie auf.
»Jetzt, wo ihr die Vorarbeit gemacht habt, geh ich rein.«
    Natürlich
war da der große Wunsch, diesem Menschen, der sie so getäuscht hatte, in die
Augen zu sehen. Und zwar auf sicherem Terrain. Sie gab sich einen Ruck. Sie
wollte ihm gegenüberstehen. Auge in Auge. Hier in diesen Räumlichkeiten, wo es
für sie ungefährlich war.
    Ben saß
da und blickte ihr mit undurchdringlicher Miene entgegen. Er sah nicht gut aus.
Sein Gesicht war blass, seine Falten stachen deutlich hervor. Er war nicht
rasiert und wirkte ein wenig ungepflegt. Ein Scannerblick traf sie, ein

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