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Vyleta, Dan

Vyleta, Dan

Titel: Vyleta, Dan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pavel und Ich
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stank nach Bratwurst.
    Der fette
Mann war nicht tot. Seine Augen standen offen, seine Lippen bewegten sich, eine
Hand fuhr ihm über den Körper, auf der Suche nach dem Sitz seiner Schmerzen.
    »Bitte«,
murmelte er. »Bitte.«
    Sonja
würgte und übergab sich heftig über die Seidenbluse, die der Colonel ihr an dem
Tag gekauft hatte, als sie einwilligte, seine Hure zu werden.
     
    Pavel lauschte und hörte absolut
nichts. Ihm war klar, dass er zu spät kam, was immer da passiert sein mochte,
und diese Erkenntnis machte ihn krank. Er griff nach der Klinke und stieß die
Tür langsam auf. Plötzlich fühlte sich die Pistole in seiner Hand fehl am Platz
an. Sie war genauso unsinnig, als hätte er einen Strauß Rosen dabei.
    Hinter der
Tür das Arbeitszimmer des Colonels. Durch ein offenes Fenster zog eiskalte Luft
herein. Rechts von Pavel ein Schreibtisch und ein Stuhl. Ein Projektor,
aufgestellt, um ein Bild auf die Wand zu werfen, auf dem Boden von einer Rolle
gewickelter Film. Links der Colonel, flach auf dem Boden ausgestreckt. Seine
Beine bewegten sich, langsam, schwerfällig, bewegten den Körper um den
Drehpunkt Kopf herum. Es war, als hätte ihn jemand in den Boden genagelt. Die
Dielen glitschig mit schnell auskühlendem, dampfendem Blut. Daneben hockend,
die hochhackigen Schuhe in den Ergüssen des Colonels, Jacke und Bluse
heruntergerissen, das karierte Hemd mit grüner Galle verfärbt: Sonja. In einem
schwarzen Spitzenbüstenhalter hockte sie da, Hände und Arme blutbeschmiert, mit
tränenverschmierter Wimperntusche, und bewegte ihren Körper vor und zurück, als
wollte sie ihn in Schlaf wiegen. Auch sie dampfte in der Kälte des Zimmers.
Dampf stieg aus ihrem Mund auf, vom Blut auf den Armen, aus den Achseln und vom
Schweiß auf der Stirn. Wie ein Schleier umschwebte er sie.
    »Sonja«,
sagte er.
    Sie schien
ihn nicht zu hören, fing an zu schreien.
    Er ließ
die Waffe fallen, ging neben ihr in die Knie und beruhigte sie wie einen
verschreckten Hund. Währenddessen drehte der Colonel neben ihnen weiter seine
Runden.
    Pavel
überlegte bereits, was sie mit der Leiche machen sollten.
     
    Natürlich hatte sie bemerkt, dass
er hereingekommen war. Hatte auch seinen Gruß gehört und das idiotische Gurren,
das zwischen seinen Lippen hervordrang. Aber sie konnte seine Anwesenheit
noch nicht an sich heranlassen. Fosko lebte noch. Gerade hatte er sich das
Eisen aus dem Schädel gezogen und fing an, sich auf etwas zuzuschieben, das er
fälschlicherweise für die Tür hielt. Er ekelte sie an. Erbrochenes klebte in
ihrem Mund.
    Langsam
langte Sonja nach der Pistole, die Pavel hatte fallen lassen, und legte die
Hand um den Kolben. Stand auf und stellte sich steifgliedrig vor den Colonel,
der Boden schwarz vor Blut. Den Abzug zu drücken war eine leichte Sache.
    Sie fragte
sich, was ihre Hand aufhielt. War es, weil es falsch war zu töten? Von allen
Menschen dieser Welt verdiente der hier ganz sicher den Tod. Die Waffe in ihrer
Hand wollte nicht aufhören zu zittern. Sie hob den Blick und sah sich in
Foskos goldgerahmtem Spiegel, ein schmächtiges Mädchen, halb nackt und
frierend. Ihr Körper zitterte so sehr, dass ihre Brüste hin und her
schaukelten, ganz weiß gegen das Schwarz des Spitzenbüstenhalters. Hinter ihr
stand Pavel, der missbilligend, grübelnd zusah. Es war unmöglich, ihn in
diesem Augenblick zu lieben. Sie schlang sich die Arme um den Körper und
versuchte, das Zittern zu unterdrücken.
    Im Spiegel
war vom Colonel nur ein blank gewichster Stiefel zu sehen. Der Affe hing daran
wie an einem lange verlorenen Zwilling.
    Wieder
richtete sie die Waffe auf ihn, entschlossen. Hielt sie mit Hilfe der linken
Hand ruhig.
    »Tu es
nicht«, sagte Pavel.
    »Warum
nicht?«
    »Ich muss
erst überlegen.«
    Er saß
hinter Foskos Schreibtisch und legte die Stirn in Falten. Gottverdammt, dieser
Pavel. Saß da und dachte, als wäre er Newton, die Schwerkraft erfindend. All
das, nur um herauszufinden, ob es richtig war, einen Mann zu töten, der längst
tot war.
    »Was soll
ich tun?«
    »Gib mir
die Pistole und hol uns ein paar Mäntel aus seinem Schrank. Wir frieren uns
sonst hier noch beide zu Tode. Und bring auch ein paar Zigaretten mit.«
    Sie
nickte, verließ den Raum und fragte sich, woher diese Fähigkeit kam, sie wie
eine Bedienstete, wie eine Ehefrau zu behandeln.
     
    Als sie gegangen war, nahm Pavel
die Pistole vom Tisch und ging hinüber zum Colonel. Er beugte sich zu ihm hinunter,
sah ihm ins Auge und drückte

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