Vyleta, Dan
gerauchte Zigarre. Hinter der nächsten Tür rechts befand
sich so etwas wie eine Bibliothek. Verstaubte deutsche Gesetzbücher, eine Ecke
voller Agatha-Christie-Übersetzungen. An der Wand die Studie einer dunkelhäutigen
Nackten, nicht ganz Gauguin, die Brustwarzen rot vor der ruhigen See. Auf dem
Boden ein abgewetzter Perserteppich.
Noch eine Tür weiter das große
Esszimmer. Ein polierter Eichentisch, für ein einsames Essen gedeckt und
verlassen. Eine frisch gestärkte Serviette. Walnussschränke entlang der Wände
und eine Vitrine mit Porzellan. Durch das Erkerfenster sah man in den Garten
hinaus, eingehüllt von Schnee. An den Rändern Fichten, die zum Mond aufragten.
Licht fiel aus einem Fenster oben im Haus. Auf dieser Lichtbühne ein sich
bewegender Schatten, über die Maßen vergrößert. Pavel zitterte, kaute an seiner
verfluchten Geduld.
Er ging
zurück, fand das Treppenhaus hinter einer Tür des Wohnzimmers. Kam
durcheinander, von wo er das Licht gesehen hatte, und stolperte ins Bad. Pfützen
auf dem Boden. Seifenreste und Schamhaare um den Abfluss. Nebenan das große
Schlafzimmer. Da hatte jemand gelegen, aber nur die eine Hälfte des Betts
zeigte Spuren von Benutzung: einen schlanken Körperabdruck, lange dunkle Haare
auf dem Kissen. Im Gästezimmer rechts daneben stand eine Matratze an der Wand
und trug den dunklen Ring eines Urinfleckens zur Schau. Nass, jemand musste versucht
haben, ihn herauszuwaschen. Ein Kinderbett war noch bezogen. Am Ende des Flurs
noch eine Tür. Verschlossen. Darunter ein Streifen Licht, alter Tabakgeruch
drang durch die Ritzen. Pavel legte sein Ohr an die Tür, sie war mit Leder
gepolstert. Es schmiegte sich an seine einsame Wange.
Pavel
strich über die Tür und hörte absolut nichts.
Sie sah zu, als geschehe es jemand
anderem, beeindruckt von den Farben und dem Sinn fürs Absurde. Ohne ein Wort
hatte Fosko sie hinauf in sein Arbeitszimmer gebracht, hatte das Licht
eingeschaltet und den Affen losgelassen. Der saß einen Moment lang auf dem
Boden, schnüffelte in die Luft und sortierte die Gerüche mit geweiteten
Nüstern. Er kletterte auf das Bügelbrett, angezogen von der verbliebenen Hitze,
saß brabbelnd da und schnappte mit den Pfoten nach der Dampfsäule. Im nächsten
Moment sprang er auf den Boden, schlug ein Rad, packte den Vorhang und zog sich
auf die Fensterbank, bevor er zurück zum Colonel lief und ihm schöntat. Fosko
und Sonja sahen ihm bei seinem Klamauk zu. Als er den Stiefel des Colonels
umarmte, lächelten sie beinahe.
Fosko ging
zum Fenster und öffnete es einen Spaltbreit, bückte sich, um die Ecke des
Teppichs zurechtzuziehen, kehrte an seinen Schreibtisch zurück und nahm das
Glas Cognac, das sich jemand eingeschenkt, aber nicht getrunken hatte. Sonja
studierte ihn aufmerksam. Das tat sie im Wandspiegel, der halb beschlagen war.
In seinem goldverzierten Rahmen stand der Colonel, von der pummeligen Brust
bis zum gemütlichen Kinn. Er zeigte keinerlei Eile, seine Bewegungen hatten
absolut nichts Dringliches, nichts, was seine Absichten ihr gegenüber verraten
hätte. Sonja rief sich ins Gedächtnis, was er im Auto gesagt hatte, die Hand
auf ihrem Schenkel. Er hatte ihr ein Angebot gemacht. »Mit mir nicht«, hatte
sie geantwortet. Sie fragte sich, ob sich das als wahr erweisen würde.
Er schien
ihre Gedanken zu erraten. Stand mit dem Rücken zu ihr, schüttete den Cognac in
einen Blumentopf, die Blume gelblich krank, und begann eine Rede.
»Weißt du,
Sonja«, sagte er und befühlte mit Daumen und Zeigefinger ein welkes Blatt. »Ich
habe dich immer für die perfekte Gefährtin gehalten. Ich meine, nicht einfach
nur körperlich, obwohl du auch da eine seltene Begabung hast. Knochig, aber
geschmeidig, und eine Arschspalte wie gemalt.«
Er riss
das Blatt ab und sah zu, wie es auf den Boden trudelte.
»Es ist
mehr als das. Da ist etwas in deiner Haltung dem Akt gegenüber. Eine seltene
Leidenschaft. Dein Gesicht besagt natürlich, dass du es hasst, und
wahrscheinlich ist es auch so. Aber dein Körper, Sonja. Dein Körper liebt die
Berührung. Er gibt sich hin, schamlos. Etwas Ähnliches ist mir nie begegnet.«
Er ging
auf ein Knie, schloss mit einem goldenen Schlüssel die Tür eines Eckschranks
auf und langte mit beiden Händen in ihn hinein.
»Ich habe
mich immer gefragt, ob du es dir eingestehst. Für die Liebe geboren zu sein.
Meine Frau ist im Vergleich zu dir kalt wie eine Bodendiele, obwohl sie sich
doch so anstrengt, die Gute. Großer
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