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Vyleta, Dan

Vyleta, Dan

Titel: Vyleta, Dan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pavel und Ich
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ihn
überfahren, mit seinem Wagen. Katzen hätten das Blut weggeleckt.«
    »Ihr
Freund hat Sie belogen?«, sagte sie, und er fragte sich, ob sie ihn mit seiner
Naivität aufziehen wollte.
    »Ja«,
sagte er. »Er muss gedacht haben, ich würde ihn verurteilen.«
    »Hätten Sie das? Ihn verurteilt?«
Er dachte darüber nach.
    »Wer
weiß«, sagte er. »Es ist schwer, einen Mord nicht zu verurteilen.«
    Sie biss
sich auf die Lippe, und einen Moment lang war er versucht, die Hand auszustrecken
und ihr über die Wange zu streichen. Seine Hand, stellte er fest, war
blutverkrustet, besonders um die Fingernägel herum. Er ließ sie sinken und
suchte nach Worten, um sich zu erklären.
    »Sonja«,
sagte er, »ich weiß, es ist Ihnen gegenüber nicht fair, aber ich möchte nicht,
dass der Colonel davon erfährt. Von dem Zwerg. Jedenfalls jetzt noch nicht.«
    Sie zuckte
mit den Achseln, als wäre das eine ganz normale Bitte. Sie fragte nur: »Warum?«
    Er sah den
Zwerg an. »Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß es nicht.«
    Sie beschlossen, die Leiche auf
den Dachboden zu schaffen. Im Sommer wurde er zum Wäschetrocknen benutzt, doch
bei den derzeitigen Temperaturen würde es da oben nicht einmal Ratten geben.
Sie wickelten den Zwerg in eine Decke, so wie man es mit einem toten Kind tun
würde. Pavel versuchte, ihn anzuheben, musste aber feststellen, dass es nicht
ging. Am Ende war sie es, die die Leiche hochhob und die zwei Etagen
hinauftrug. Der Dachboden war riesig und wurde nur von den hölzernen Pfosten
zerteilt, die das Dach stützten. Zwischen den Pfosten waren Leinen gespannt, an
denen ein einziger zerlöcherter Strumpf hing, mit einem Eiszapfen an seinem
steifen Ende. Sonja packte den Körper in die hinterste Ecke des enorm großen
Raums. Pavel sah ihr dabei zu und hielt eine Kerze hoch über ihre Schulter.
Als sie sich in der Tür noch einmal umdrehten, konnten sie das Bündel bereits
nicht mehr erkennen, es war von den Schatten verschluckt worden. Auf dem Weg
zurück nach unten schlichen sie an den Türen der anderen Mieter vorbei. So muss es sich anfühlen, ein Dieb zu sein, dachte
Pavel. Es war ein einsames Gefühl. Er fühlte sich aus der menschlichen
Gemeinschaft ausgeschlossen.
    Zurück in
seiner Wohnung, mühten sie sich, den Boden zu säubern, schnitten das
verbliebene Futter aus dem Koffer und verbrannten es im Ofen. Den Koffer selbst
schob Pavel unter sein Bett. Er war zu groß, um ihn zu verbrennen. Der Geruch
der Leiche hing noch immer in der Wohnung, und Pavel fühlte sich gezwungen, ein
Fenster aufzustemmen. Die Kälte, die hereinblies, tat in den Zähnen weh, in der
Lunge und auf seiner Zunge.
    »Gehen wir
zu mir, während die Wohnung durchlüftet«, schlug Sonja vor, und er folgte ihr
hinauf. Zurückhaltend saß er an ihrem Tisch, trank etwas kalten Kaffee und aß
eine trockene Schrippe. Sie setzte sich an den Flügel und spielte ihm etwas
vor.
     
    Erst hörte er nicht zu, aber dann
zogen ihn die Melodien in ihren Bann, und er begann, einzelne Teile
wiederzuerkennen.
    »Beethoven?«,
fragte er, als sie eine Pause machte, um sich die Hände zu wärmen.
    »Ja. Mögen
Sie ihn?«
    »Ich habe
ihn immer für melodramatisch gehalten.«
    Sie
schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. »Melodramatisch? Ich habe Ihnen gerade
geholfen, einen eingefrorenen Zwerg zu verstecken.«
    Gott, wie
gut es tat, wieder zu lachen.
    Er blieb
zu lange und war sich dessen bewusst. Bei einer zweiten Tasse Kaffee erklärte
sie ihm, der Colonel wolle, dass sie Pavel am nächsten Tag zum Arzt locke,
damit er die Wohnung durchsuchen könne.
    »Er
vertraut Ihnen nicht«, sagte sie. »Er denkt, dass Sie etwas verstecken.«
    »Ist schon
gut.« Pavel zuckte mit den Schultern. »Morgen habe ich sowieso etwas vor. Boyd
hat gesagt, ich soll zu einer Frau gehen. >Wenn irgendwas schiefgeht<,
hat er gesagt, >frag nach Belle.< Das war eines seiner Mädchen, wissen
Sie. Eine Prostituierte. >Such Belle!<, und genau das werde ich tun.«
    »In Berlin
eine Hure finden?«, sagte sie bissig. »Na dann, viel Glück.«
    Er schlief
auf ihrem Sofa ein. Sonja weckte ihn eine Stunde vor Sonnenaufgang, damit er
sich fertig machen konnte, bevor der Colonel kam.
     
    23. Dezember 1946
     
    A nders
schlief bei Paulchen, zusammen mit einer Handvoll anderer Jungen. Es war lange
nach Mitternacht, als sie sich endlich hinlegten. Vorher hatten sie in Decken
gehüllt dagesessen und sich Geschichten über die Stadt und den Krieg erzählt.
Einige der Geschichten waren alt, und

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