Vyleta, Dan

selbst war, der sie in Umlauf brachte,
obwohl ich nicht sagen kann, aus welchem Grund genau, abgesehen vom Spaß an der
Sache. Klar ist nur, dass er die Art Mensch war, dem Legenden zuliefen wie
anderen Leuten die Läuse. Ab und zu zupfte er sich eine aus den Kleidern und
zerquetschte sie zwischen den Fingernägeln. Warum auch nicht? Es würden immer
wieder neue kommen.
     
    Pavel verbrachte den Großteil des
Nachmittags im Bett. Zum Abend hin wurde er wieder hungrig und briet sich ein
Stück von den Innereien, die der Junge zurückgelassen hatte. Der Strom wurde
während des Bratens abgestellt, und einiges von dem Fleisch blieb innen
gefroren. Pavel fand eine Flasche Bier im Schrank über der Spüle, war aber zu
ungeduldig, darauf zu warten, dass sie neben dem Ofen auftaute. Am Ende schlug
er den Hals ab und lutschte einzelne Biereisstücke. Der Alkohol ging ihm direkt
ins Blut und dämpfte seine Gefühle. Er begriff, dass er immer noch sehr krank
war, und kroch zurück ins Bett.
    Es wurde
zehn oder elf, bis er wieder aufstand und sich an das machte, was er schon seit
dem Mittag hatte tun wollen. Er war schlecht ausgerüstet für die Aufgabe.
Allein schon den Koffer aufzubekommen war ein hartes Stück Arbeit. Beide
Scharniere und die kupfernen Schnappschlösser waren eingefroren, und er musste
sie mit dem Eispickel bearbeiten. Endlich schaffte er es, den Deckel zu
entfernen, und schob ihn auf das Bett des Jungen. Als er versuchte, die Leiche
anzuheben, rebellierten seine Nieren, und er musste sich vor den Ofen setzen
und sie eine halbe Stunde lang aufwärmen. Dann versuchte er es erneut, drehte
den Koffer um und wartete darauf, dass der tote Körper herausfiel. Nichts
geschah, und als er den Koffer ein paar Zentimeter anhob, sah er, dass der
Zwerg mit seinem Blut ans Futter gefroren war und daran hängend über dem Boden
schwebte. Verzweifelt und zu erschöpft, um den Koffer ein weiteres Mal umzudrehen,
stieß Pavel mit einem Messer von oben durch das Leder und zerschnitt so genug
von dem Futter, dass es schließlich riss und den Zwerg auf den Boden fallen
ließ. Nach einer weiteren Pause vor dem Ofen schob Pavel den Koffer zur Seite
und packte die hölzernen Füße der Leiche. Er beschloss, ihn hinüber ins andere
Zimmer zu ziehen, wo das Licht besser war. Der Kopf schlug auf den Dielen auf,
als er den Zwerg über die erhöhte Schwelle in der Tür zerrte, und als er ihn
endlich vor dem Ofen hatte, war Pavel so erschöpft, dass er neben dem Toten auf
den Boden sank und beinahe eingeschlafen wäre.
    Das Öffnen
der Tür schreckte ihn aus seiner Lethargie. Er konnte nicht glauben, dass er
vergessen hatte, sie abzuschließen. Natürlich rechnete er mit dem Jungen, aber
herein kam Sonja in ihrem schweren Tweedkleid und mit einem Glas in der Hand,
in dem Obstsaft zu sein schien. Als sie ihn neben der Leiche auf dem Boden
sitzen sah, blieb sie wie angewurzelt stehen. Die Flüssigkeiten, in die der
Zwerg getränkt war, hatten in der Ofenwärme zu schmelzen begonnen, und ein
schwerer, fahler Geruch erfüllte den Raum. Pavel versuchte zu sprechen, um ihr
so etwas wie eine Erklärung zu geben, aber sein Kopf war leer. Alles, was er
herausbrachte, war: »Es ist ein Zwerg. Er ist tot.« Es klang so gefühllos in
seinen Ohren, dass seine Wangen vor Scham rot anliefen. Jede Sekunde würde sie
anfangen zu schreien und den Colonel anrufen.
    »Sie
sollten eine Decke unter ihn legen, bevor das ganze Blut aus ihm rausläuft«,
sagte sie. »Sonst sickert es in die Dielen. Hier, trinken Sie etwas Saft.«
    Sie ging
vor ihm in die Hocke und gab ihm das Glas.
    »Es ist
wichtig, dass Sie viel trinken, jetzt, wo Sie auf dem Weg der Besserung sind.«
    Sie
lächelte, und etwas von der Blässe schien aus ihrem Gesicht zu weichen. Gierig
trank Pavel den Saft und zeigte auf eine Decke, die sie benutzen konnten.
    »Warten
Sie«, sagte sie, »ich hole sie Ihnen.«
    Ohne ihre
Hilfe wäre es ihm niemals gelungen, dem Zwerg die Kleider vom Leib zu
schneiden. Sonja war es, die in ihre Wohnung ging, eine Schere holte und den
ersten Schnitt wagte. Sie tauten etwas Wasser auf und säuberten den
Zwergenkörper geduldig, erst vorn, dann hinten. Es gab weniger Verletzungen,
als er gedacht hätte, die Haut wirkte jugendlich und weiß. Eine Handbreit über
den Hinterbacken entdeckte Pavel ein schmales Loch, keinen halben Zentimeter
weit. Die Ränder waren völlig glatt.
    »Er ist
erstochen worden«, sagte er zu Sonja. »Boyd hat behauptet, er hätte