Vyleta, Dan
du
wolltest, und ich, ich hab meine Zigaretten.«
Sie machte
ihm die Tür vor der Nase zu, und er stand noch eine Weile da und wünschte, der
Junge wäre bei ihm, um ihm zu sagen, dass die Frau Recht hatte. Dann wandte er
sich ab und brach zu der Adresse auf, die sie ihm gegeben hatte. Dabei sah er
den Einäugigen nicht, der ihm in diskretem Abstand folgte, die Hände in den
Taschen vergraben und den Schal so hoch gezogen, dass er bis zu seiner
Augenklappe reichte.
Der Junge weigerte sich, mit
hineinzukommen, bis sie in allen Zimmern nachgesehen und ihm so bewiesen hatte,
dass sich der Colonel nirgends versteckte. Dann bat er sie, hinunterzugehen, um
auch in Pavels Wohnung nachzusehen, aber die Tür war verschlossen, und niemand
antwortete auf ihr Klopfen.
»Siehst
du«, sagte sie zu ihm, »wir sind völlig sicher.«
Der Junge
biss sich auf die Lippe und setzte sich auf eines ihrer Sofas. Unruhig behielt
er die Tür im Auge und lauschte auf Foskos flinke Schritte. Sonja achtete nicht
weiter auf ihn und gab dem Affen Wasser und etwas zu essen. Er hatte sich
wieder vollgeschissen, und es gab keine Möglichkeit, sein Fell zu reinigen.
Sie band ihn von der Leine los und sah zu, wie er auf den Wohnzimmerschrank
kletterte und dabei die Gläser und das Porzellan zum Klirren brachte.
Sonja
machte sich daran, für Anders und sich etwas Brot und Schinken auf den Tisch zu
stellen, aber der Junge hielt sie auf und wollte den Mantel sehen. Wortlos
führte sie ihn zum Schrank hinüber und holte einen kamelhaarfarbenen Dufflecoat
daraus hervor.
»Ich
glaube, der wäre am besten.«
Er
probierte ihn an. Der Mantel war an den Schultern zu weit, und die Ärmel waren
viel zu lang, aber er würde ihn bis über die Waden hinunter warm halten. Sie
führte ihn zum Spiegel, um zu sehen, was er davon hielt, aber Anders weigerte
sich, den Blick zu heben und sich anzusehen.
»Danke«,
sagte er mürrisch. Es war schwer zu sagen, ob da Unverschämtheit oder Angst
mitschwang.
»Zieh ihn
aus«, befahl sie ihm. »Ich werde dir die Ärmel kürzer machen.«
Sie hatte
gerade etliche Zentimeter vom ersten der Ärmel abgeschnitten, als das Telefon
klingelte. Das Klingeln durchfuhr den Jungen wie ein Stromschlag und entlockte
dem Affen oben auf dem Schrank ein Kreischen. Sonja nahm ab, die Kleiderschere
noch in der Hand, und lauschte der Stimme des Colonels.
»Sonja,
mein Täubchen, ich suche nach dem Jungen. Diesem Streuner, der sich an Pavel
Richter gehängt hat. Weißt du, ob er zu Hause ist?«
»Nein.«
»Sei ein
Schatz und sieh schnell einmal unten nach. Ich bleibe dran.«
Sonja
legte den Hörer auf den Tisch und bedeutete Anders, keinen Mucks zu machen.
Dann ging sie zur Tür, öffnete und schloss sie und blieb zwei, drei Minuten
davor stehen, wobei ihr die Füße kalt wurden, weil sie sich nicht bewegte.
Schließlich machte sie die Tür wieder auf, warf sie hinter sich ins Schloss und
ging mit über den Holzboden klackenden Absätzen hinüber zum Telefon.
»Richters
Tür ist zu, und niemand antwortet. Was willst du von dem Jungen?«
»Oh, er
und ich, wir haben uns heute Morgen ein bisschen unterhalten, und ich habe
vergessen, ihn etwas zu fragen. Ich hätte ihn nicht gehen lassen sollen, aber
du weißt ja, wie das ist. So früh am Morgen und den Kopf voller Sorgen. Wir
alle machen Fehler.«
»Ja. Wann
kommst du wieder her?«
»Das hängt
davon ab, wie sich die Dinge entwickeln, mein Schatz. Wusstest du, dass Pavel
nach Boyds süßer kleiner Belle sucht?«
»Nein, das
wusste ich nicht. Er hat mir nur gesagt, dass er verschiedene Dinge zu
erledigen hat.«
»Nun, das
tut er. Ich glaube zwar nicht, dass er sie finden wird, aber ich lasse ihn
beobachten, nur für den Fall. Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn du die
Nacht mit ihm verbrächtest. Um herauszufinden, was er weiß.«
Sie saß
da, ohne etwas zu sagen.
»Glaubst
du«, fragte er sie zuckersüß, »dass du das einrichten könntest?«
»Natürlich.
Was immer du willst.«
»So kenne
ich meinen Schatz. Ich wusste doch, dass ich auf dich zählen kann.« Sonja
hörte, wie er ihr einen Kuss durch den Hörer schickte, und legte schnell auf.
Als sie sich umwandte, sah sie der Junge eindringlich an.
»Du kannst
den Mantel nicht haben«, sagte sie unvermittelt. »Er würde ihn erkennen und
wüsste, dass du bei mir warst.«
Sie ging
und holte ein paar alte Ohrringe aus dem Schlafzimmer. »Hier«, sagte sie.
»Nimm die und besorg dir dafür selbst einen Mantel. Und bleib
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