Vyleta, Dan
Männer, deren Bett sie geteilt hatte, und das
nicht immer nur unter direktem Zwang. Und doch war nichts vorgefallen. Rein
gar nichts. Ein Kuss, vielleicht!, mitten in der Nacht: von der Kälte
ausgetrocknete Lippen, so kurz und schnell aufeinandergepresst, dass man nicht
einmal den schlafsauren Atem des anderen schmecken konnte. Nun ja. Wenigstens
der Affe hatte seinen Spaß gehabt und spät in der Finsternis seinen Johannes
bearbeitet. Den Glibber hatte er sich ins Fell geschmiert. Die Natur kommt
immer zum Vorschein, verstehen Sie, selbst in diesen kalten Zeiten.
Damals
wusste ich natürlich nichts von der Keuschheit jener Nacht und stellte mir (nur
um warm zu bleiben, wohlgemerkt) alle möglichen Ausschweifungen vor. Sehen Sie,
ich hatte Pavel den ganzen vorhergehenden Morgen hinterhergespürt, war jedem
seiner Schritte gefolgt. Ja, ich war es, den er, die Schuhe zubindend, auf der
Straße sah, vor Sonjas altem Haus, und ich war es auch, der Fosko anrief, als
sich die Russen mit ihm davonmachten. Die Münzen vermochte ich nur mit Mühe in
den gefrorenen Schlitz des öffentlichen Fernsprechers zu zwängen. Als er
spätnachts zurück zu seiner Wohnung gebracht wurde, trug mir der Colonel auf,
meine Beschattung fortzusetzen. Mit dem ersten Morgenlicht sollte ich abgelöst
werden.
Ich
verbrachte eine langweilige, frostkalte Nacht im Treppenhaus unter Pavels
Wohnung, ausgestattet nur mit einer Decke und einer großen Thermosflasche,
wobei ich zwischendurch immer wieder hinaus auf die Straße rennen musste, wenn
der Kaffee durchgelaufen war. Draußen fiel mir ein Mann auf, der zusammengesunken
hinter dem Steuer eines Autos saß und vor der Scheibe über dem Armaturenbrett
eine Tasse mit irgendwas Heißem stehen hatte. Nach ein paar Stunden auf der
zugigen Treppe war ich völlig durchgefroren und beschloss, es wie er zu machen,
setzte mich in meinen Wagen und hoffte, dass mir dort wärmer würde. Mein
Kollege stand mit seinem Wagen am gegenüberliegenden Bordstein, und unsere
Autos waren die einzigen in der Straße. War er ein russischer Agent, der ein
Auge auf Pavel haben sollte? Oder einer von Söldmanns Männern, der sich an
Pavels Fersen geheftet hatte? Aber vielleicht hatte ihn auch Fosko geschickt,
um den Beschatter zu beschatten und sich zu versichern, dass ich tatsächlich
so zuverlässig war, wie ich immer behauptete. Um ehrlich zu sein, hätte ich
meinen Posten ohne diesen zweiten Bewacher womöglich für eine Stunde oder zwei
verlassen und wäre nach Hause gefahren, um noch etwas Kaffee zu holen, eine
Flasche Gin und ein frisches Hemd mit sauberem Kragen. Stattdessen saß ich da,
malte mir verschiedene Szenarien und Positionen aus, wie es die beiden
miteinander treiben mochten, und mühte mich damit ab, meine Zähne vom Klappern
abzuhalten. Meine Fenster beschlugen und vereisten dermaßen, dass ich keine
Chance gehabt hätte, Pavel zu sehen, falls er sich entschieden hätte, das Weite
zu suchen. Mein Kollege sicher auch nicht. Einmal, als ich ausstieg, um die
Straße hinauf- und hinunterzulaufen, fand ich ihn betrunken und ziellos mit
dem Kolben seiner Pistole die Windschutzscheibe freikratzen. Ich nickte ihm
einen Gruß zu, doch er ignorierte mich. Es war mir egal. Wahrscheinlich hatte
er genau wie ich keinen Kaffee und keine Zigaretten mehr.
Als es zu
dämmern begann, stieg ich aus und nahm erneut meine Position zwei Etagen unter
Sonjas Wohnung ein. Da war ich auch und drückte mich in eine Ecke, als Pavel
mit den Stiefeln in der Hand aus der Tür trat und sein »Anders« zu mir herunterrief.
Eine halbe Stunde später kam meine Ablösung, mit Pelzfäustlingen und einer
Thermoskanne voller heißem Grog.
»Jetzt
verschwinde schon nach Hause«, sagte er nach einer schnellen gemeinsamen
Zigarette.
»Draußen
ist noch ein Beschatter«, warnte ich ihn. »Auf der Straße.«
Er zuckte
mit den Schultern. »Sag das besser dem Colonel«, und nach einem weiteren
kläglichen Zucken fügte er noch hinzu: »Warum lässt er den hier überhaupt
beobachten? Wir könnten ihn doch ganz einfach kassieren und zum Reden bringen.«
Ich wollte
darauf lieber nicht antworten und verschwand nach einem schnellen Handschlag.
Beim Colonel konnte man sich nie sicher sein, wann man auf die Probe gestellt
wurde. Tatsächlich hatte ich den Großteil der Nacht dem gleichen Gedanken
nachgehangen. Den langen Tag der Beschattung über war in mir der Wunsch
gewachsen, von Angesicht zu Angesicht mit Pavel zu sprechen und diese
kindischen
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