Vyleta, Dan
eigentlich war.«
Ich
erzählte ihm tatsächlich von dem Zwerg, und im Gegenzug berichtete er mir, wie
Boyd mit Söldmann im Koffer zu ihm gekommen war. Das mit den Katzen wäre mir
nie im Leben in den Sinn gekommen! Ich bat Pavel, die Geschichte mehrmals zu
wiederholen, bis ich sie mir ganz und gar eingeprägt hatte.
»Unglaublich«,
sinnierte ich. »Boyd muss das irgendwo gehört haben.«
»Kann
schon sein«, sagte Pavel, »aber erzählt hat er sie gut, oder?«
»Stimmt.
Und was haben Sie dann gemacht?«, fragte ich. »Nachdem Boyd gegangen war?«
»Ich habe
den Zwerg gekämmt.«
»Sie haben was getan? Oh, Pavel, das ist
unbezahlbar.« Und nach einigem Nachdenken: »Und wie war es?«
»Schwierig.
Das Haar war schon halb eingefroren.«
Ich wusste
vor Lachen kaum mehr, wohin. Dieser Pavel! Ich konnte sehen, dass ihm meine
Freude gefiel, und bald schon erzählte er mir, wie er die Leiche versteckt
hatte.
Pavel und ich verbrachten den
Silvesterabend in unserem Keller. Ich hatte gehofft, wir könnten auch dort
unten etwas vom Feuerwerk hören, aber entweder waren die Wände zu dick, oder
die Alliierten beschränkten die Feierlichkeiten auf ein Minimum. Vielleicht
fürchteten sie, der Lärm eines Feuerwerks würde schlimme Erinnerungen
heraufbeschwören. Ich hatte eine Flasche Champagner aus dem Vorratsraum des
Colonels organisiert, und wir saßen an meinem kleinen Tisch und tranken ihn,
bevor er in der Hitze des Kellers warm wurde. Um zwölf schüttelten wir uns die
Hand und ließen die Gläser erklingen, richtige Champagnerflöten, wie ich
hinzufügen möchte, ich halte durchaus etwas auf Stil. Die ganze Zeit über
hatte ich das Gefühl, die Hand an meinem Pistolenhalfter haben zu müssen, für
den Fall, dass Pavel etwas Dummes versuchen sollte. Es war das erste Mal, dass
ich ihn aus seinem Käfig gelassen hatte. Pavel benahm sich jedoch wie ein
Gentleman, und als die Flasche leer war, stand er wortlos auf und ging zurück
in seine Zelle.
»Danke für
den Champagner«, sagte er höflich.
»Es war
mir ein Vergnügen.«
Der
Schaumwein bescherte mir später komische Träume, darunter einen, in dem ich
Pavel wieder und wieder die Haare kämmte und nach Läusen absuchte.
»Haben Sie
schon welche gefunden?«, fragte er immer wieder, und ich sagte nein.
»Es muss
aber welche geben«, sagte er.
Dazu
lächelte er nett und ließ mich weiterkämmen.
Er hatte
wunderbar dickes Haar.
Am nächsten Morgen, dem 1. Januar
1947, kam Mrs Fosko unangekündigt zu uns herunter. Wir tranken gerade unseren
Morgenkaffee. Ich weiß nicht, wie sie darauf gekommen war, die Kellertür zu
öffnen. Vielleicht war sie die ganze Zeit schon neugierig gewesen. Ich hatte
darauf geachtet, die Tür nachts abgeschlossen zu halten, und im Übrigen
gedacht, allein schon meine Anwesenheit würde sie und ihren Nachwuchs davon
abhalten, im Keller herumzuschnüffeln. Wie sich herausstellte, hatte sie mehr
Mut, als ich ihr zugetraut hätte.
Sie hatte
sich entsprechend angezogen. Trug grauen Flanell und einen gemusterten
Strickschal, der das Rot ihres Haars hervorhob. Langsam, die Füße bedächtig
auf die alten, ausgetretenen Stufen setzend, kam sie weit genug herab, um uns
zu beiden Seiten von Pavels Gitter sitzen zu sehen, jeder mit einer Tasse
Meissener Porzellan auf dem Schoß und etwas Selbstgebackenem, das ich früh
schon aus dem Ofen geholt hatte.
»Einen
guten Morgen«, hauchte sie kaum hörbar. Sie hatte wirklich tadellose Manieren.
Ihre Nase zuckte, als sie unseren Gestank wahrnahm. Der Keller verfügte über
keinerlei Lüftung, und kein Waschversuch vermochte den Geruch unserer andauernden
Haft zu vertreiben.
Ich sprang
von meinem Stuhl auf, verschüttete Kaffee auf meine Untertasse und ging auf sie
zu.
»Mrs
Fosko«, strahlte ich verzweifelt und suchte nach einer glaubhaften Geschichte,
die sie zurück nach oben schicken würde. Aber alles, was mir einfallen wollte,
war ein gefährliches »Möchten Sie eine Tasse Kaffee mit uns trinken?«.
Gott sei
Dank lehnte sie ab.
»Dieser
Mann«, fragte sie. »Ist das ein Kriegsgefangener?« Ihre Augen verrieten eine
Intelligenz, für die ich bislang keine Anzeichen gesehen hatte.
»So könnte
man es sagen«, antwortete ich.
»Mein
Mann, weiß er, dass dieser ... Gefangene hier ist?«
»Ja,
Ma'am, das weiß er.«
»Versteht
der Mann Englisch?«
»Ja.«
»Dann
sollte ich vielleicht einmal mit ihm sprechen.«
Zu meinem
immer größer werdenden Entsetzen kam Mrs Fosko die Treppe
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