Wach nicht auf!: Roman (German Edition)
Schlafmittel verschrieben hatte. Sie schnaubte leise. Na ja, die wirkten nicht, oder? Tatsächlich hatte sie in den Nächten, in denen sie zur Einnahme zu müde gewesen war, besser geschlafen.
Ein lautes Klopfen an der Tür durchbrach ihre Gedanken. Die Tür ging auf, und Annes Kopf tauchte auf.
»Frühstück ist fertig«, sagte sie ins Zimmer tretend. »Was macht Ihr Knöchel?«
»Der ist besser«, antwortete Sam.
»Lassen Sie mal sehen.« Anne kam durchs Zimmer herbei, kniete sich hin und nahm den Verband ab. »Hmm«, meinte sie, während sie den Muskel sanft drückte. »Die Schwellung ist verschwunden. Tut es weh?«
»Nein«, antwortete Sam wahrheitsgemäß.
»Gut.« Anne stand auf und blickte mit einem Augenzwinkern zu ihr hinunter. »Ich weiß, das wird Ihnen jetzt das Herz brechen, aber ich glaube, wir verzichten heute auf den Spaziergang. Wir konzentrieren uns auf stärkende Übungen hier im Haus.«
»Drinnen?« Sam konnte den hoffnungsvollen Tonfall ihrer Stimme nicht verbergen.
Anne verschränkte die Arme vor der Brust und musterte sie kurz. »Warum gehen Sie eigentlich so ungern nach draußen?«
»Ich mag es einfach nicht«, murmelte Sam.
Anne war nicht bereit aufzugeben. »Und der Grund dafür?«
Sam sog an ihrer Unterlippe, und ihr Blick wanderte zum Fenster und der zugezogenen Jalousie. »Es ist schwer zu erklären …« Sie stockte. »Es … ich … fühle mich schutzlos.«
»Schutzlos?«
»Ja, als würde ich von jemandem beobachtet.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Anne zu und hob die Hand, als Anne zum Reden ansetzte. »Okay, ich weiß, dass mich in Wirklichkeit niemand beobachtet, aber irgendwie kann ich das Gefühl nicht abschütteln.«
»Haben Sie mit Ihrem Therapeuten darüber geredet?«
»Natürlich«, antwortete Sam und presste die Lippen zu einem grimmigen Strich zusammen. »Er hat gesagt, diese Gefühle würden mit der Zeit nachlassen, und mir ein weiteres Medikament verordnet.«
»Aber sie verschwinden nicht?«
»Nein, und hier oben ist es ehrlich gesagt schlimmer als früher in Minneapolis.«
Anne runzelte die Stirn. »Das ergibt keinen Sinn. Man sollte meinen, diese Gefühle wären im Gedränge der Großstadt stärker als in der weiten Landschaft hier draußen.«
»Schauen Sie, ich habe ja nicht behauptet, dass es Sinn macht.« Sam schwang die Beine aus dem Bett und wollte aufstehen, aber der Schwindel überkam sie erneut, und sie fiel auf die Matratze zurück.
Anne war sofort bei ihr. »Was ist los? Der Knöchel?«
»Nein, mein Knöchel ist in Ordnung. Die Schwellung ist verschwunden, und ich kann ihn belasten«, antwortete Sam und strich sich mit der Hand über die Augen. »Es liegt an diesen verdammten Tabletten, die Jackson mir aufgedrückt hat und die ich vor dem Schlafengehen nehmen muss. Von denen wird mir schwindliger als von meinem letzten Medikament.«
»Dr. Van Horn hat sie verschrieben und nicht Ihr Psychiater?«
Sam winkte ab und stand langsam auf. »Ich weiß nicht, wessen Name auf dem Rezept stand – ich habe nie danach geschaut –, aber Jackson war der Meinung, dass sie helfen würden.«
Anne nahm das Tablettenfläschchen zur Hand und betrachtete es. Auf dem Etikett stand Dr. Van Horns Name. Wortlos stellte sie es auf den Nachttisch zurück. »Übrigens hat Jackson gestern Abend angerufen, als Sie schon geschlafen haben.«
Sams Augen weiteten sich. »Sie haben ihm doch nichts von meinem Sturz erzählt, oder?«
»Das war nicht nötig«, antwortete Anne und schnitt eine Grimasse. »Ihr Vater hatte bereits mit ihm gesprochen.«
»Na toll.« Sam machte ein paar stockende Schritte vom Bett weg. »Dann eilt er jetzt wohl her?«
»Nein«, antwortete Anne, die dicht hinter ihr folgte. »Ich habe ihn überzeugt, dass es sich nur um eine Kleinigkeit handelt, aber er ruft heute Vormittag noch einmal an.«
Sam blieb stehen und drehte sich um. »Wenn er anruft, erzählen Sie ihm bitte nichts von der Frau.«
»Finden Sie nicht, dass er Bescheid wissen sollte, wenn jemand um das Haus herumschleicht?«
»Nein«, erwiderte Sam knapp. »Er wird mir nicht glauben, wozu dann also?« Sie musterte Anne aufmerksam. »Glauben Sie denn, dass ich jemanden gesehen habe?«
Anne senkte den Blick. »Ich glaube, dass Sie etwas gesehen haben.« Sie zögerte. »Ob nun wirklich jemand dort unten war oder nicht …« Sie verstummte.
»Ich könnte geträumt haben?«
»Ich weiß es nicht.« Sie legte Sam eine Hand auf den Arm. »Aber hier verbreiten sich Neuigkeiten
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