Wach nicht auf!: Roman (German Edition)
verlassen, als Ihr Verlobter den Sommer hier verbracht hat. Wahrscheinlich hat er sie nicht einmal gekannt.« Er blickte zur Verandatür und zum dahinterliegenden See. »Aber viele Menschen, die noch hier leben, haben sie sehr wohl gekannt.« Er wandte sich wieder Sam zu, und sein Gesicht spannte sich erneut an. »Ich fürchte, meine Liebe, jemand hat Sie zum Opfer eines recht grausamen Streichs gemacht.«
12
Anne kam gerade rechtzeitig in die Küche zurück, um Fritz’ Bemerkung zu hören. Na toll. Auch wenn ihr schon derselbe Gedanke gekommen war, dachte sie doch an das zurück, was Sam über ihr Gefühl der Schutzlosigkeit gesagt hatte. Jetzt, da Fritz ihr den Floh ins Ohr gesetzt hatte, dass sie im Ferienhaus nicht sicher war, würde Anne Sam niemals dazu bewegen können, ihr Schlafzimmer zu verlassen.
Aber als sie die beiden so beobachtete, war Anne überrascht. Fritz und Sam plauderten miteinander wie neue beste Freunde. Sam wirkte in Fritz’ Gesellschaft entspannt und zufrieden. Was war geschehen, während Anne mit Caleb telefoniert hatte? Was immer es war, sie freute sich über die Veränderung bei ihrem Schützling, und auch wenn sie Fritz nicht besonders gern mochte, war es doch gut für Sam, Gelegenheit zum Gespräch zu haben.
Fritz, der Anne bemerkte, drehte sich um. »Ich glaube, dass jemand ihr einen Streich spielt.«
»Irgendwelche Verdächtige?«, fragte sie.
Fritz legte den Kopf schief und warf ihr einen wissenden Blick zu. »Einen.«
»Teddy Brighton«, meinte Anne rundheraus.
»Aha.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Sie haben die Möglichkeit also schon in Betracht gezogen.«
»Wer ist Teddy Brighton?«, warf Sam ein.
»Ein kleiner Hooligan«, antwortete Fritz knapp und zuckte dann mit einem Blick auf Anne die Schultern: »Damit wollte ich Caleb nicht beleidigen.«
»Caleb treibt sich nicht mit ihm herum«, schoss Anne zurück. »Ausnahmsweise bin ich einmal einer Meinung mit Ihnen und habe Caleb den Umgang mit ihm verboten.«
»Wohnt er am See?«, fragte Sam.
»Den Sommer über«, antwortete Fritz. »Wie ich gehört habe, hat es ein Problem mit Teddy und einem abhandengekommenen Wagen gegeben. Daher ist er an den See verbannt worden, wo seine Großmutter Irene ein wachsames Auge auf ihn hält.
»Brighton?« Sam runzelte die Stirn. »Der Name kommt mir bekannt vor.«
»Die Familie ist recht einflussreich. Irenes Leute haben beim Holzhandel große Gewinne erzielt«, erzählte Fritz. »Massenhaft wunderschönes Geld, mit dem Ted Nr. zwei eine erfolgreiche Baufirma gegründet hat.«
»Genau, daher kenne ich den Namen«, meinte Sam mit einem Fingerschnippen. »Jackson hat ihn erwähnt. Die Firma ist am Bau des neuen Krankenhausflügels beteiligt.«
Fritz nickte schwach. »Das würde mich nicht überraschen. Ted Nr. zwei ist nur ein bisschen älter als Ihr Verlobter und hat alles Mögliche am Laufen.«
»Beim Friseur haben Sie seine Mutter und seine Frau gesehen, Sam«, merkte Anne an.
»Die beiden Frauen, die miteinander getuschelt haben?«
»Genau.«
»Die Großmutter kam mir ein bisschen alt vor, um einen straffällig gewordenen Teenager im Griff zu haben«, meinte Sam.
Fritz legte den Kopf zurück und lachte bellend. »Sie kennen Irene nicht. Sie regiert diese Familie mit eiserner Faust. Als Ted Nr. eins noch gelebt hat, hat sie ihn an einer so kurzen Leine gehalten, dass sie ihn nur durch ein Wunder nicht erwürgt hat.« Sein Blick wanderte durch den Raum. »Natürlich war aber bekannt, dass er ihr gelegentlich doch einmal entwischt ist. Tatsächlich sogar genau hier in diesem Haus.«
Anne riss schockiert die Augen auf. »Blanche und Theodore Brighton?«
»Ja. Es war …«
Sam unterbrach ihn mit erhobener Hand. »Moment mal, die Blanche, die hier gewohnt hat?«
»Ja, es hat nur eine einzige Blanche gegeben.« Er stockte. »Gott sei Dank. Wie schon gesagt, mit ihrer Anwesenheit hat sie diese vier Wände beehrt – wenn man es so nennen kann.« Fritz rutschte auf seinem Stuhl nach hinten. »Auch wenn Blanche Unheil gestiftet hat, wo immer sie hinkam, muss ich ihr doch eines lassen – sie hatte nie Angst davor, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu führen. Sie hat sich nie davor gefürchtet, sich zu besorgen, was sie haben wollte, selbst wenn es einer anderen gehörte.«
»War sie verheiratet?«
»Ja, mit Harley Jones, dem armen, liebestrunkenen Trottel. Diese Geschichte kennt man ja – ein alter Junggeselle vernarrt sich in eine viel jüngere
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