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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Regionen mit wenigen natürlichen Feinden gab. Drachen stellten ohnehin keine gute Beute dar: Wenn man die ledrige Haut und die starken Flugmuskeln fortnahm, blieb nur etwas, das man am besten mit einem schlecht strukturierten Chemiebetrieb vergleichen konnte. Kein Wunder, daß Drachen fast immer krank waren. Sie benötigten permanente Magenverstimmungen, um genügend Brennstoff zu haben. Ein großer Teil der Hirnkapazität wurde von der Kontrolle des Verdauungssystems beansprucht, das brennbare Substanzen aus den seltsamsten Grundstoffen gewann. Sie konnten sogar über Nacht ihr internes Leitungssystem verändern und es problematischen Stoffwechselprozessen anpassen. Die ganze Zeit über lebten sie auf einer chemischen Messerschneide: Ein falscher Schluckauf, und sie waren ein Fleck in der Landschaft.
    Außerdem: Was die Auswahl von Nistplätzen betraf, hatten die Weibchen den Mutterinstinkt und die Vernunft eines Ziegelsteins.
    Mumm überlegte, warum sich die Menschen damals so sehr vor Drachen gefürchtet hatten. Wenn ein solches Wesen in irgendeiner nahen Höhle wohnte, brauchte man nur zu warten, bis es sich selbst in die Luft jagte oder an akuter Verdauungsstörung starb.
    »Du hast dich wirklich gründlich mit ihnen beschäftigt, stimmt’s?« fragte der Hauptmann.
    »Dazu fühlte ich mich verpflichtet.«
    »Aber was ist mit den großen?«
    »Tja, sie sind nach wie vor ein Geheimnis«, antwortete Lady Käsedick und wurde noch ernster.
    »Darauf hast du bereits hingewiesen.«
    »Die großen Drachen kennen wir nur aus Legenden. Allem Anschein nach wurde eine Drachenspezies immer größer und größer – und verschwand dann.«
    »Starb sie aus?«
    »Nein. Ab und zu erschien ein Exemplar. Aus dem Nichts. Voller Schwung und Elan. Und dann, eines Tages, kamen sie nicht mehr.« Ihre Ladyschaft sah Mumm triumphierend an.
»Ich
glaube, sie fanden einen Ort, an dem sie wirklich
sein
konnten.«
    »An dem sie
was
sein konnten?«
    »Drachen. Ein Ort, der es ihnen ermöglichte, ihr ganzes Potential zu entfalten. Eine andere Dimension oder so. Mit geringerer Schwerkraft oder was weiß ich.«
    »Als ich den Drachen beobachtete, dachte ich…« Mumm legte eine kurze Pause ein. »Ich meine, ich dachte: Es ist unmöglich, daß etwas fliegt
und
solche Schuppen hat.«
    Lady Käsedick und der Hauptmann wechselten einen bedeutungsvollen Blick.
    »Wir müssen seinen Schlupfwinkel finden«, sagte Ihre Ladyschaft.
    »Kein verdammter fliegender Molch setzt
meine
Stadt in Brand«, knurrte Mumm.
    »Denk nur an die möglichen Beiträge zur Drachenkunde«, überlegte die Lady laut.
    »Wenn
irgend jemand diese Stadt in Brand setzt, so bin
ich
das.«
    »Eine einmalige Gelegenheit. Es gibt noch immer so viele Fragen…«
    »Da hast du recht.« Mumm erinnerte sich an eine Bemerkung Karottes. »Und wir brauchen Antworten, wenn wir mit unseren Ermittlungen weiterkommen wollen.«
    »Sie haben bis morgen früh Zeit«, sagte Lady Käsedick fest.
    Die grimmige Entschlossenheit in Mumms Zügen verflüchtigte sich.
    »Ich schlafe unten in der Küche«, schlug die Drachenzüchterin gönnerhaft vor. »Dort steht immer ein Feldbett bereit, wenn die Eierlegezeit beginnt. Manche Weibchen benötigen dabei Hilfe. Mach dir keine Sorgen um mich.«
    »Äh, ich bin dir sehr dankbar«, murmelte Mumm.
    »Ich habe Nobby in die Stadt geschickt«, erklärte Lady Käsedick. »Er hilft den anderen dabei, euer Hauptquartier in Ordnung zu bringen.«
    Mumm hatte das Wachhaus vollkommen vergessen. »Wurde es schwer beschädigt?« fragte er zaghaft.
    »Es ist total zerstört«, erwiderte Ihre Ladyschaft. »Nur noch eine Pfütze aus geschmolzenem Gestein. Aus diesem Grund stelle ich euch ein Gebäude in der Pseudopolis-Allee zur Verfügung.«
    »Bitte?«
    »Oh, mein Vater hatte überall in der Stadt Grundbesitz«, führte Lady Käsedick aus. »Ich kann damit kaum etwas anfangen. Deshalb habe ich meinen Immobilienmakler gebeten, Feldwebel Colon die Schlüssel für das Haus in der Pseudopolis-Allee zu geben. Bestimmt muß es gut gelüftet werden.«
    »Aber jenes Viertel… Ich meine, dort gibt es ein
richtiges
Kopfsteinpflaster! Und dann die Miete… Ich meine, Lord Vetinari ist bestimmt nicht bereit…«
    »Sei unbesorgt«, sagte die Lady und klopfte dem Hauptmann auf die Schulter. »Du solltest jetzt schlafen.«
    Mumm legte sich wieder hin, doch er fand keine Ruhe. Seine Gedanken rasten. Die Pseudopolis-Allee befand sich auf der Ankh-Seite des Flusses, in einem vornehmen –

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