Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Drachenkopf gerichtet, »es ist doch nicht nötig, gleich zu so drastischen Mitteln zu greifen…«
    »Vielleicht entscheidet er sogar ganz allein, euch in Asche zu verwandeln«, brummte Mumm. »Manchmal kommt es zu plötzlichen Feuerstößen, weil der Druck im Magen zu groß wird. Und Nervosität läßt den Druck rasch steigen. Wißt ihr, ich habe die Sumpfdrachen noch
nie
so nervös erlebt wie jetzt.«
    Der Anführer vollführte eine Geste, von der er hoffte, daß sie beschwichtigend wirkte. Leider benutzte er dabei die Hand mit dem Hackbeil.
    »Laß es fallen«, sagte Mumm scharf, »oder du bist gleich nur noch Geschichte!«
    Das Beil klapperte auf den Boden. Unruhe erfaßte die hinteren Reihen der Versammelten: Dort standen einige Leute, die – bildlich gesprochen – sehr weit entfernt waren und mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun hatten.
    »Aber bevor ihr guten Bürger in aller Ruhe geht und euch um eure eigenen Angelegenheiten kümmert«,
fuhr Mumm bedeutungsvoll fort, »schlage ich vor, daß ihr euch diese Drachen einmal genau anseht. Ist irgendeiner von ihnen fast zwanzig Meter lang? Haben ihre Flügel vielleicht eine Spannweite von mehr als fünfundzwanzig Metern? Und wie heiß mögen ihre Flammen sein?«
    »Keine Ahnung«, murmelte der Anführer.
    Mumm hob Lord Winterschrecks Kopf, woraufhin der Anführer mit den Augen rollte.
    »Keine Ahnung, Sir«, berichtigte er sich.
    »Möchtest du es herausfinden?«
    Der Anführer schüttelte den Kopf. Nach einer Weile gelang es ihm, Stimmbänder und Zunge unter Kontrolle zu bringen.
    »Wer bist du eigentlich?« fragte er.
    Mumm holte tief Luft und schob das Kinn vor. »Hauptmann Mumm von der Stadtwache«, antwortete er.
    Fast völlige Stille folgte diesen Worten. Die einzige Ausnahme bildete eine fröhliche Stimme, die irgendwo weiter hinten erklang. »Nachtschicht, nicht wahr?«
    Mumm sah an seinem Nachthemd hinab. In der Eile, das Krankenbett zu verlassen, hatte er ein Paar von Lady Käsedicks Hausschuhen gewählt. Erst jetzt bemerkte er die rosaroten Bommel darauf.
    Genau in diesem Augenblick beschloß Lord Rückenfreud Schnappzahn Winterschreck IV. herzhaft zu rülpsen.
    Es raste nicht etwa ein dicker Flammenstrahl aus dem Maul des kleinen Drachen. Es handelte sich nur um eine fast unsichtbare Kugel aus feuchtem Feuer, die über das Gedränge hinwegrollte und einige Brauen versengte. Aber sie hinterließ einen enormen Eindruck.
    Mumm erholte sich schnell von der Überraschung, davon überzeugt, daß man ihm den Sekundenbruchteil des Schreckens nicht angemerkt hatte.
    »Das diente nur zur Warnung«, behauptete er mit ausdrucksloser Miene. »Beim nächsten Mal zielt er tiefer.«
    »Äh«, entgegnete der Anführer und bewies damit eine gute rhetorische Begabung. »Völlig klar. Kein Problem. Wir wollten ohnehin gerade gehen. Hier gibt es keine großen Drachen. In Ordnung. Wir bedauern die Störung.«
    »O nein«, ließ sich Lady Käsedick in einem triumphierenden Tonfall vernehmen.
»So
leicht kommt ihr nicht davon!« Sie streckte die Hand nach einem hohen Regal aus und holte eine Blechbüchse hervor. Oben wies sie einen Schlitz auf, und in ihrem Innern rasselte und klimperte es. An der einen Seite stand:
Sonnenscheinheim für kranke Drachen.
    Die erste Sammlung ergab vier Dollar und einunddreißig Pence. Als Hauptmann Mumm demonstrativ den Drachen hob, kamen auf geheimnisvolle Weise fünfundzwanzig Dollar und sechzehn Pence hinzu. Anschließend flohen die verhinderten Randalierer.
    »Wenigstens haben wir heute etwas Gewinn gemacht«, sagte Mumm, als er mit Lady Käsedick allein war.
    »Du warst sehr tapfer!«
    »Hoffentlich gewöhne ich mich nicht daran«, erwiderte Mumm und setzte den erschöpften Drachen vorsichtig in seinen Pferch zurück. Er fühlte sich irgendwie benommen.
    Erneut gewann er den Eindruck, beobachtet zu werden. Als er den Kopf drehte, sah er das lange, spitz zulaufende Gesicht von Gutjunge Bündel Federstein – er hatte sich auf den Hinterläufen aufgerichtet und nahm eine Haltung an, die man am besten als die des letzten Hündchens im Laden beschreiben konnte.
    Mumm war selbst überrascht, als er sich vorbeugte und den kleinen Sumpfdrachen hinter den Ohren kratzte, beziehungsweise hinter den beiden spitzen Objekten, die seitlich aus dem Kopf ragten. Das Geschöpf reagierte mit einem seltsamen Geräusch. Es klang so, als hätten sich dicke Pfropfen in den Rohrleitungen einer Brauerei gebildet. Der Hauptmann zog die Hand rasch

Weitere Kostenlose Bücher