Wachgeküßt
manisch-depressiver Trunkenbold, den ich schon immer leidenschaftlich verabscheut habe – und ungefähr acht Ton in Ton gekleidete, plüschige, pinkfarbene Brautjungfern.
Auch sie sehen bei der Aussicht, mich begrüßen zu müssen, nicht gerade beglückt aus.
Ich fühle mich wie ein Fußballer beim Freistoß, der dem gesamten, aufgereihten, gegnerischen Team gegenübersteht. Alle haben ihre Hände als Schutz eingesetzt, falls ich irgendwo in die Weichteile zielen sollte.
Ich bin eigentlich mit Max’ Eltern ziemlich gut ausgekommen.
Während man sich in meiner Familie nur darüber wundert, daß es so lange gedauert hat, bis ich diese Beziehung beendet habe, wundert man sich in seiner Familie nur darüber, wie ich mich jemals von ihm trennen konnte.
Früher haben sie mir oft gesagt, daß sie nicht sonderlich gut mit ihm klarkämen. Jetzt aber, da ich ihn verlassen habe, ist er zu einem Ausbund ungeschätzter Tugenden geworden, ich dagegen bin eine teuflische Hure, die Inkarnation des Bösen, eine Schlampe, die man erschießen sollte, eine herzlose Hexe.
Ich weiß nicht, was Max ihnen erzählt hat, aber ganz offensichtlich bin ich ein gefallener Engel. Mein Heiligenschein ist abgestürzt. So wie man sich mir gegenüber nun benimmt, kreist er jetzt zusammen mit meinem Schlüpfer um meine Knöchel.
Ich muß wohl die einzige Schlampe sein, die nur mit einer einzigen Person geschlafen hat. (Okay, jetzt können wir zwei daraus machen.) Die einzige Hure, die einem einzelnen Mann fast sechs Jahre lang körperlich treu geblieben ist. Okay, ich hatte da so meine gedanklichen Aussetzer, und ich habe es sogar zu einer Reihe verstohlener, tastender Bussis gebracht – in der Regel in ziemlich betrunkenem Zustand -, aber das war erst gegen Ende. Da wußte ich tief in meinem Herzen bereits, daß es vorbei war. Doch ich fand es noch schwierig, den vertrauten Umgang abzubrechen, egal, wie beschissen der war, um mich kopfüber ins kalte, aber reinigende unbekannte Naß zu stürzen.
Gut so, ich werde wieder wütend. Das ist der Adrenalinstoß, den ich brauche, um an dieser ganzen Reihe vorbeizugehen, allen die Hand zu schütteln und ihnen dabei in die Augen zu schauen, ohne mit der Wimper zu zucken.
Die Brauteltern sind eine leichte Hürde, wenn man berücksichtigt, daß sie nicht die leiseste Ahnung haben, wer ich bin.
Dann komme ich zu Max und der frischgebackenen Mrs. Montcrief.
Zuerst ist er völlig geschockt, mich wirklich hier zu sehen, aber dann ändert sich sein Gesichtsausdruck. Er sieht nicht wie die Katze aus, die ihre Milch bekommen hat. Er sieht eher wie eine Katze aus, die eine Maus erlegt hat – absolut selbstzufrieden. Ein Anflug von Sadismus mischt sich in sein breites Lächeln.
Max hat mich eingeladen, um sich an meinem Leid zu ergötzen und jetzt meint er, der Moment ist gekommen. Ich muß ihm nur das Gegenteil beweisen, nicht wahr?
»Alex! Wie schön, daß du gekommen bist«, schnurrt er wie ein Löwe, der zum Sprung ansetzt. »So ganz allein, hm? Wie schade.«
Ich lächele liebenswürdig und strecke meine behandschuhte Hand aus wie die Queen, die darauf wartet, daß ein Höfling sie küßt.
»Ich bin nicht allein. Guy steht direkt hinter mir.«
Ich deute mit einer – wie ich hoffe – anmutigen Kopfbewegung über die Schulter dorthin, wo unser bezaubernder Guy, der in seinem Maßanzug einfach göttlich aussieht, gerade die Schlüssel meines Traumautos einem der Parkwächter übergibt.
Das perfekte Timing. Besser hätte ich es nicht machen können.
Max läßt meine Hand fallen... dann folgt seine Kinnlade.
Dring, dring! Runde eins geht an Alex Gray.
»Na dann, Glückwunsch. Unter der Haube, was?« Ich schüttele den Kopf, als könnte ich es nicht glauben. »Wer hätte das gedacht?«
Max glotzt immer noch Guy und den Ferrari an. Das hämische Grinsen, das ihm gerade abhanden gekommen ist, wird ihm untreu und schleicht sich in mein Gesicht. Nichts, was ich jetzt sagen könnte, würde dieses köstliche Vergnügen noch steigern. Also mache ich bei Madeleine weiter, solange ich noch in Stimmung bin. Unglücklicherweise sieht sie bezaubernd aus. Nicht der leiseste Hauch von Kitsch. Sie trägt ein traumhaftes, schlichtes, weißes Seidenkleid, das sich um ihren Körper schmiegt wie Frischhaltefolie um einen Rettich, ihre perfekte Figur umschmeichelt
und an ihren Formen entlanggleitet wie frisch geschlagene Sahne über Erdbeeren. Ich unterdrücke das Verlangen, sie anzuspeien, atme tief durch,
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