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Wachgeküßt

Wachgeküßt

Titel: Wachgeküßt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Harvey
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menschliches Wesen durchzugehen statt als liebenswertes Radieschen?
    Ich hieve mich vom Sofa runter und werfe eine Wolldecke über Emma. Keinerlei Anzeichen zu sehen, ob sie aus dem Koma erwacht. Dann stapfe ich mit wackeligen Knien ins Badezimmer. Langsam und vorsichtig dusche ich. Jeder einzelne Wasserstrahl
fühlt sich an wie Stricknadeln, die eine zornige Oma mir in den Kopf sticht, nachdem sie gerade eine ganze Reihe Maschen hat fallen lassen.
    In einen Bademantel gehüllt fühle ich mich dann wieder etwas menschlicher. Ich überlege, ob ich anfangen soll, die Trümmer von letzter Nacht wegzuräumen. Leere Flaschen, leere Zigarettenschachteln und volle Aschenbecher, zerknüllte Chipstüten – alles liegt verstreut im Zimmer. Und zwei leere, verbeulte, mit Käse verkrustete Pizzakartons, von denen ich weder weiß, ob ich sie bestellt, noch, ob ich sie gegessen habe. Mein Magen verlangt geradezu mitleiderregend nach fester Nahrung, um einen Teil der Säure aufzusaugen, die in mir schäumt. Ich entschließe mich, das Aufräumen bleiben zu lassen und gehe in die Küche.
    Serena taucht aus Emmas Schlafzimmer auf. Sie trägt Emmas schäbigen Bademantel und sieht zittrig und vollkommen fertig aus, aber trotzdem verdammt selbstgefällig. Sie lehnt im Türrahmen und beobachtet mich.
    »Weshalb siehst du denn so selbstzufrieden aus?« frage ich und schiebe Brot in den Toaster.
    Die Tür zum Badezimmer öffnet sich und heraus spaziert Guy, nackt bis auf ein kleines, mit Wimperntusche verschmiertes Handtuch um die Hüften. Sein Haar ist noch feucht vom Duschen, und an seinem muskulösen Körper glänzen noch einige Wassertropfen. Das selbstgefällige Grinsen in Rens Gesicht wird noch verstärkt durch einen erneuten Schub lüsterner Begierde.
    Als er an ihr vorbeistolziert, streckt sie den Arm aus und streicht mit einem Finger sachte über seinen nackten, feuchten Arm. Er beugt sich zu ihr, grinsend wie immer, küßt sie sanft auf den Mund und verschwindet dann in Emmas Schlafzimmer.
    »Nein?« frage ich völlig geplättet, wobei mir dann entgeht, daß der Toaster, der genau zum richtigen Zeitpunkt zur Hochform aufläuft, meine Brotscheiben seelenruhig in Kohle verwandelt.

    »Er mußte schließlich irgendwo schlafen.« Sie grinst. »In diesem Zustand hätte ich ihn schlecht nach Hause schicken können, oder? Und du kennst ja mein Motto – Gelegenheit macht Triebe.«
     
    Guy, der anscheinend immun gegen Katzenjammer ist, wird entlassen, um seinen Anzug zu holen. Emma wird ganz vorsichtig und mit einem schäumenden Glas Selters geweckt.
    Ich werfe zwei Schmerzkiller ein und ziehe in Erwägung, mich fertig zu machen. Mit diesen Überlegungen und mit dem Anschauen von Zeichentrickserien verbringe ich eine Stunde auf dem Sofa. Dann schleift Ems, die sich bemerkenswert schnell wieder erholt hat, wenn man bedenkt, daß sie vor einer Stunde noch tot war, mich zum Zweck der großen Verwandlung ins Schlafzimmer.
    »Ich wollte heute morgen so frisch und schön aussehen«, stöhne ich und begutachte mein verquollenes Gesicht in ihrem staubigen Spiegel. »Na ja, ich will jeden Morgen frisch und schön aussehen und tue es nicht, auch ohne mir in der Nacht vorher die Hucke vollzusaufen...«
    »Jetzt mach dich nicht selber so runter, Kindchen.« Emma steht hinter mir und wühlt in meinem Haar. Sie zerrt es nach hinten, verdreht es zu einem improvisierten Dutt und rollt es dann um meine Ohren, so daß ich wie Prinzessin Lea aussehe. »Mach dir mal keine Sorgen, wir verfügen über die nötige Technologie, um dich wieder hinzukriegen... also, wenigstens Serena. Sie hat ihre gesamte Make-up-Sammlung angeschleppt.«
    »Ah, alles klar. Ich hab mich schon gefragt, warum sie für eine Nacht gleich einen ganzen Koffer mitgebracht hat.«
    Serena gräbt ihre zehn Tonnen Make-up aus und begutachtet sorgfältig die Schäden, die drei Flaschen Champagner, ein Eimer voll Frascati und meine schlechten Gene angerichtet haben.
    »Wie lautet dein Urteil, Scotty?« fragt Emma.

    »Sieht schlecht aus. Ich glaub nicht, daß sie es schafft, Captain Kirk«, erwidert Serena scherzhaft. »Guck nicht so mürrisch, Alex, davon kriegst du noch mehr Falten.«
    Nach einer Stunde sorgfältigen Anmalens tritt sie einen Schritt zurück, stemmt die Hände in die Hüften und betrachtet ihr Werk.
    Sie pfeift anerkennend.
    »Du siehst super aus«, sagt Emma.
    »Wirklich?« Das letzte Mal, als ich in den Spiegel geschaut habe, hatte ich größere Ringe als der Saturn und

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