Wachgeküßt
verkleidet, dann als exotische Tänzerin. Servieren Sie ihm sein Abendessen an einem Abend als flauschiges, flirtendes Bunny-Häschen, am nächsten Abend als hübsches, dralles Bauernmädchen. Erhalten Sie Ihre Ehe am Leben, indem Sie Ihre Phantasie spielen lassen...< O Mann, dieses verdammte Buch ist ja so männerorientiert! Wie wär’s, wenn der teure Gatte mich nach einem harten Arbeitstag mal an der Tür empfängt und nichts anhat als einen Tangaslip und ein Schild an seinem Schwanz, auf dem steht: >Iß mich anstelle des Abendessens«
Guy und Ren schwanken an uns vorbei. Sie krallen sich aneinander wie das letzte verbleibende Pärchen beim Marathontanzen auf einem Wohltätigkeitsball.
»Eins, zwei, Cha-Cha-Chaaahh. Eins, zwei, Cha-Cha-Chaaahh! nuschelt Guy, als die Musik zu einem irgendwie lateinamerikanischen Rhythmus übergeht.
»Glaubst du, daß er weiter als bis zwei zählen kann?« frage ich Emma.
»Schhhhh.« Sie legt einen Finger auf ihre Lippen. »Wir wollen ihn doch vor der Hochzeit nicht aufregen, oder?«
»Apropos Hochzeit: Wollten wir nicht besprechen, wo mein Schnuckiputzi und ich uns kennengelernt haben? Du weißt schon – erster Kuß, erste Nacht, erster Streit?«
»Wie wär’s zum Beispiel damit: Ihr wart in St. Moritz zum Skifahren...«
»Ich kann nicht Skilaufen.«
»Reine Formsache. Egal, wo war ich? Ach ja, ihr wart in Klosters zum Skifahren, und du bist in eine Gletscherspalte gefallen. Und Guy, der rein zufällig ein Cousin zweiten Grades von seiner Königlichen Hoheit, Prinz Charles, ist...«
»... schwebt in seinem Hubschrauber herbei. Er trägt nichts außer einer schwarzen Pudelmütze und einer Unterhose aus Armeebeständen, wirft mir eine Schachtel Pralinen an den Kopf, die mich sofort außer Gefecht setzt, und überläßt mich so dem Tod durch Erfrieren«, bemerke ich sarkastisch. »Komm wieder auf den Boden der Tatsachen, Ems. Warum sage ich nicht einfach, daß wir uns auf einer Party getroffen haben?«
»Na ja, das macht nicht gerade viel her. Ist nicht besonders romantisch, oder?«
»Nein, aber es entspricht der Wahrheit, und so schaffen wir es vielleicht beide, uns an die gleiche Story zu erinnern. Außerdem muß ich mir noch ein paar andere Einzelheiten merken, die ziemlich wichtig sind, ohne daß wir eine komplizierte Geschichte über unser erstes Treffen zusammenspinnen.«
»Als da wären?«
»Ach, weißt du, es wäre sicher eine große Hilfe, wenn ich zum Beispiel seinen vollständigen Namen wüßte, hm?«
»Du kennst doch seinen Namen, du Dummchen.« Emma verdreht die Augen. »Er heißt Guy.«
»Was, nur Guy, so wie Madonna nur Madonna heißt?« murmele ich und greife nach der letzten Flasche Schampus. »Hallo, all ihr Freunde und Verwandten von Max, das ist Guy. Einfach Guy. Ihr wißt schon, so wie Lulu einfach Lulu ist.«
»Ach, jetzt verstehe ich, was du meinst.« Nachdenklich kratzt sie sich am linken Ohr. »Ich will verdammt sein, wenn ich mich an seinen... Guy, wie heißt du mit Nachnamen?«
Er unterbricht seinen Tango für einen Augenblick und kratzt sich ebenfalls nachdenklich am linken Ohr.
»Weißt du«, er kichert und schnappt mir die Flasche Schampus weg, die ich gerade geöffnet habe, um einen tiefen Schluck zu nehmen, »ich will verdammt sein, wenn ich mich daran erinnere.«
9
Der Tag von Max’ und Madeleines Hochzeit ist strahlend schön. Das kann man von mir nicht behaupten. Als ich aufwache, liege ich immer noch auf dem Sofa. Mein Kopf ruht bleischwer auf einem Kissen, wie festgeschweißt durch die bloße Schwere meines Katers.
Emma ist auf dem Teppichboden zusammengesackt. Ihr Kopf liegt auf einer überdimensionalen Tüte gesalzener Chips, ihr Mund steht offen und sie schnarcht leise. Arme und Beine sind wahllos um sie verstreut, so als ob sie aus großer Höhe herabgestürzt wäre.
Ich greife hastig nach einer angebrochenen Flasche Sprudel auf dem Tisch. Gierig nehme ich einen Schluck, ohne darauf zu achten, daß das Wasser abgestanden ist und völlig schal schmeckt.
Ich weiß auch nicht, warum, aber so ein Champagner-Kater ist für mich immer der schlimmste. Nicht, daß ich ständig Champagner trinke, es sei denn, jemand anderes kauft ihn für mich. Aber immer, wenn ich welchen trinke, fühle ich mich am nächsten Morgen, als ob ein Panzer bei einem nächtlichen Manöver über mich hinweggerollt wäre. Wie viele Gehirnzellen der Alk wohl letzte Nacht wieder abgetötet hat? Ob Guy noch genug Gehirnzellen übrig hat, um als ein
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