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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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überhaupt nicht«, sagte sie.
    Er zog sich aus.
    »Und jetzt die nächste Übung: einen Kuß.«
    Er küßte sie, wobei er sich quer über sie beugte, so daß ihre Lippen sich im rechten Winkel trafen.
    »Ich fürchte, Sie werden ein wenig näher kommen müssen«, sagte sie. Und, als hätte sie eine Erleuchtung: »He, wie wär’s, wenn Sie zu mir ins Bett kämen?«
    Er kam in das Bett.
    »Das nennt man Vorspiel«, erklärte sie. »Dann kommt der Coitus« – etwa in dem Ton, in dem sie das Essen bestellt hatte – »und dann das Nachspiel.«
     
    Schwedisch.
    Nur eine schwedische Episode. Sie macht sich wahrscheinlich gar nicht klar, daß sie nackt ist, heutzutage ist für viele Leute das Nacktsein nichts Besonderes, wissen kaum noch, ob sie etwas anhaben oder nicht. Übrigens gefiel ihm gerade das an den Filmen im Cinephone besonders gut; man sah sie in ihrem Urzustand . Könnte eigentlich morgen mal vorbeischauen; sehen, was gerade lief. Eigentlich.
    Tastend, noch immer auf Geräusche von nebenan lauschend, nahm er die erste Rekognoszierung vor. Ihre Haut besaß, wie er feststellte, eine seltsam nachgiebige Textur, fühlte sich mürbe, fast flüssig an, was er plötzlich abstoßend fand. Besonders ihre Brüste, die in Ruhestellung der erforderlichen Form Genüge taten – und bekleidet äußerst elegant wirkten –, gaben unter seiner Hand allzu bereitwillig nach und ließen den harten Knochen darunter spüren. Auch war sie zu weiß, kein strahlendes Weiß wie von blühenden Pflanzen, sondern eher das Weiß einer Pflanze, die unter der Erde wächst, nichts worauf er Appetit hatte. Abgestoßen von der schattenlosen, obszönen und weißen Nacktheit dieses Körpers rückte er von ihr ab und machte sich an der Nachttischlampe zu schaffen, während er sich überlegte, was er sagen könnte.
    »Sie wollen sie doch nicht ausmachen? « fragte Helen scharf, im gleichen Ton, der ihn vorhin an Sandra erinnert hatte.
    »Natürlich nicht.«
    Es ist ihre Reinheit, sagte er sich; es ist das Gefühl, das man hat, wenn man mit einer totalen Frau schläft.
    »Sie denken nach, nicht wahr?« sagte Helen mitfühlend.
    »Ja.«
    »Worüber?«
    »Die Liebe, das Leben … uns vermutlich«, antwortete Cassidy vorsichtig und ließ mit einem halbunterdrückten Seufzer den Kopf aufs Kissen sinken. »Shamus«, fügte er hinzu und hoffte im stillen immer noch, sie möge in sich gehen.
    »Würden Sie sich freier fühlen, wenn Sie ihn haßten?« fragte sie.
    »Nun ja, es würde mehr Altes Testament sein, nicht wahr?«
    »Das ist seine Meinung. Was ist Ihre?«
    »Nun ja … nein.«
    »Sie haben ein schlechtes Gewissen, nicht wahr, Cassidy? Weil er Ihr Freund ist und mein Mann?«
    Cassidy verstand vielleicht nicht alles, aber er wußte, moralische Skrupel waren zwischen Shamus und Helen kein Argument, das als mildernder Umstand gewertet würde.
    »Natürlich nicht.«
    »Also was dann? Fassen Sie mich an.«
    »Das habe ich schon.«
    »Fassen Sie mich nochmals an.«
    »Ich fasse Sie ja an.«
    »Nur Ihre Hand.«
    »Ich liebe Sie, Helen«, sagte Cassidy, und sein Tonfall sollte den Eindruck erwecken, daß es sich hierbei nur um die eine Seite einer Aussage handele.
    »Aber Sie begehren mich nicht«, erwiderte Helen. »Sie haben es sich anders überlegt. Ich muß schon sagen, ein verdammt passender Zeitpunkt.«
    Cassidy grinste. »Ach Gott, wenn sie wüßten«, sagte er mit einem armseligen Versuch zur Weltmüdigkeit.
    »Ist es wirklich so schwer zu begreifen?« fragte Helen, »nach all den Unterrichtsstunden, die wir absolviert haben?«
     
    Da sie keine Antwort erhielt, beschloß sie offenbar, auf die Initiative zu verzichten, und sie lagen eine ganze Weile schweigend da, während Cassidy sich bei seinen Nächsten Rat holte.
     
    »Dad.«
    »Ja, Hug?«
    »Weißt du, Dad .«
    »Was weiß ich, Hug?«
    »Ich mag die Dame.«
    »Großartig.«
    »Aber so nett wie Heather ist sie nicht, oder?«
    »Heather kennst du nur besser, und Heather kennt auch uns besser.«
    »Heather ist nicht so kraß , Dad.«
    »Ja, Hug.«
    »Angie mag ich auch lieber, Dad .«
    »Ja, Hug.«
    »Hat Angie Mawdray dein Schwänzchen gesehen?«
    »Nein. Warum in aller Welt sollte sie es gesehen haben?«
    »Mummy schon.«
    »Das ist etwas anderes.«
    »Und Snaps?«
    »Nein.«
    »Mummy ist süß «, sagte Hugo. »Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Hug.«
     
    »Viele Leute tun’s«, sagte Sandra, die unter der Tür stand und im Dunkeln seufzte, um ihn aufzuwecken. »Und es ist völlig

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