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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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natürlich. Nur weil es dir keinen Spaß macht, darf es auch sonst niemandem Spaß machen, nun ja!«
    »Ich weiß.«
    »Dann wollen wir’s beibehalten.«
    »Aber ich bin doch impotent.«
    » Unsinn , du bist faul, und du ißt zuviel. Es kommt von diesen lächerlichen Dinners bei den Konservativen. Kein Wunder, daß du aufgedunsen bist. Bei den Sozialisten gibt’s keine Dinners. Nur Tee und belegte Brötchen.«
    »Außerdem glaube ich, daß ich schwul bin.«
    »Absoluter Unsinn. Als wir jung waren, machten wir’s genauso gut wie andere Leute und hatten allergrößten Spaß dabei. Es kann nur daran liegen, daß ich eine langweilige Person bin. Tut mir leid, aber daran kann ich nichts ändern.«
    »Sandra, ich liebe dich.«
    Langes Schweigen.
    »Ich dich auch«, sagte sie. »Nun ja.«
     
    Jeder Narr kann geben , Lover . Nur was wir uns vom Leben nehmen , zählt .
     
    »Soll ich rübergehen und nach ihm sehen?« schlug Cassidy vor.
    »Um seinen Segen einzuholen?«
    »Er ist bestimmt wach.«
    »Mein Gott«, sagte Helen und setzte sich kerzengerade und in hellem Zorn auf. »Was für ein widerlicher Einfall. Wenn er es wüßte, würde er Sie umbringen, ist Ihnen das nicht klar? Er wird viel schlimmer mit Ihnen umspringen als Hall mit diesem armen Amerikaner.«
    »Ja, das würde er vermutlich tun.«
    »Wenn er wüßte, daß Sie und ich hier im Bett sind, nackt , ein Liebespaar …« Ihre Entrüstung fand keine Worte mehr. »Herrgott!« rief sie abschließend und ließ sich mit einem Plumps zurückfallen. »Aber wir sind kein Liebespaar, nicht wahr?« fragte Cassidy vorsichtig. »Noch nicht.« Und meinte: Imissio hat noch nicht stattgefunden, mein Anwalt könnte mich noch immer rauspauken, sie hat mich reingelegt.
    »Glauben Sie, er schert sich drum, was wir tun? Nur was wir möchten , das zählt.« Fast verzweifelt wandte sie sich ihm zu.
    »Und wir möchten doch, nicht wahr, Cassidy? Nicht wahr? Cassidy, ich habe alles aufs Spiel gesetzt. Was, zum Teufel, soll Ihr Einsatz sein?«
    »Alles«, sagte er, und nachdem er alles, was ihn glücklich machte, kurz hatte Revue passieren lassen: Hugo, Mark, den Bentley, das Haus der Nachttiere und Sandra an guten Tagen: »Alles, was ich je geliebt habe.«
     
    Und plötzlich küßte er sie, nahm sie; beherrschte sie, wirkte Wunder in ihr und über ihr; und Helen, seine flinke, flatternde, ersterbende Helen, eine strahlende Synthese aller seiner Träume. Ihre Berührung nahm nichts; sie führte und tanzte, lag regungslos, ritt über ihm; und doch gab sie nur, und die ganze Zeit schien sie ihm nur zu folgen, ihm ja und nein von den Augen abzulesen, die Grenzen dessen, was er ihr zubilligte, abzuschätzen, durch ihr Gehorchen ihm eine wachsende Verpflichtung zu schaffen, sie wieder zu lieben.
    »Natürliche Pause«, flüsterte sie und lag neben ihm, die Augen auf ihn geheftet.
    »Kühner Lover«, sagte sie.
    »Jetzt muß ich aber lachen«, sagte Cassidy.
    »Ich werde es dem Vorstand berichten«, flüsterte sie, und die Leidenschaft bebte in ihrem Lächeln.
    »Ich liebe dich«, sagte Cassidy.
    »Weitermachen«, sagte Helen.
     
    Elise und Mrs. Bluebridge schwebten Hand in Hand und intonierten süße Weisen aus Old Hugos Bibel; respektvolle Kellner beklatschten ihn in rhythmischem Unisono; Sünder und Streber auf dem steilen Weg zu Gottes Hügel drehten sich um und beobachteten ihn lobend. Der Chor verstärkte sich. Ja, Burgess, ja. Ça te fait plaisir? Beaucoup de plaisir , Elise . In Kensal Rise blinkten die grünen Lichter erregt, während die Kapelle ein Lied aus Sherborne sang: » Vivat rex Edwardus Sextus! Vivat! « Die Mädchen schauten zu, sie hatten aufgehört zu tanzen und studierten respektvoll des Meisters mühelose Technik. Nun erschienen Mütter mit Kinderwagen in der Menge, sie winkten, dankten ihm, sie verdankten ihm ihre Babys.
    »Sandra!« rief er freudig überrascht.
    Sie hatte ihre Wermutbrüder mitgebracht: in Zweierreihen, zum Kirchgang gekleidet, frisch rasiert.
    »He, Kumpels!« rief er ihnen zu und hielt einen Augenblick inne. »Schaut mal hierher, wird euch Spaß machen, macht andere Menschen aus euch!«
    »Es würde ihnen eine Lehre sein«, stimmte Sandra zu und seufzte, wie sie seufzte, wenn er seine schmutzige Wäsche in den falschen Korb steckte.
    Wachse , du kleines Unkraut , wachse .
    O Christus, ja , ich wachse. Glaub mir, Lover, ich bin gewachsen, ich wachse immer noch, du hast mich den Zorn gelehrt, mich in Brand gesteckt, mich zutiefst entflammt;

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