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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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typisches Produkt der harten Cassidy-Schule, sagten sie; ein Mann, den man im Auge behalten müsse.
     
    Der Verkauf des Hauses in Abalone Crescent wurde ebenfalls im Immobilienteil kommentiert. Ein unvollendeter Traum , lautete die Überschrift. Sachverständige nannten einen Preis von zweiundvierzigtausend Pfund.
     
    Wie lebten sie nun dort, Sandra und Aldo, für den Rest ihrer Tage? Gedieh die Ehe? Zunächst sprachen sie über ihr Problem mit großer Offenheit. Doktor Elderman und seine Frau waren unschätzbar, sie kamen häufig und blieben lang. Sandra nahm hin, daß Cassidy einen geistigen Tod erlitten hatte, aber um der Kinder willen war sie bereit, darüber hinwegzusehen.
    »Er hätte niemals Geld haben dürfen«, schloß sie. »Wenn er arm gewesen wäre, hätte er sich Untreue nicht leisten können.«
    Zur Gesellschaft lud sie Heather ein, ihren dauernden Wohnsitz in Haverdown aufzuschlagen, und Heather willigte schließlich ein – obwohl sie Zweifel hatte, ob es nicht nur eine freundliche Geste der Cassidys war –, in einen leeren Flügel zu ziehen. Wenn Sandra Essigfrüchte einlegte, legte Heather ebenfalls Essigfrüchte ein. Wenn sie Leberhaschee bereitete, bereitete Heather es mit ihr; wenn sie zu Auktionen über Land fuhr, half Heather ihr, kühlen Kopf zu bewahren; und wenn sie allein nach London ging, um nachzusehen, was die Anstalt machte, gingen Heather und Cassidy zusammen ins Bett und besprachen die Grenzen von Sandras Möglichkeiten. Sandra wußte nichts von diesem Brauch, und wenn sie es gewußt hätte, wäre sie außerordentlich böse geworden.
     
    Zum Zeitvertreib schnüffelte Cassidy in der Gemeindebibliothek herum, wo junge Mädchen nach der Schule Dienst taten; oder er fuhr unter irgendeinem Vorwand nach Bristol und besuchte ein schmutziges Kino an einer Eisenbahnunterführung, wo heiße Filme für bedürftige Landbewohner gezeigt wurden. Zu Anfang pflegte er, fasziniert vom Anschein beiderseitigen Glücks, zuweilen mit einem Ehepaar zu flirten. Der Hilfspfarrer hatte vor kurzem eine stämmige Braut aus dem Norden importiert; zwei ehemalige Etonboys eröffneten einen Antiquitätenladen. Doch aus diesen Annäherungsversuchen wurde nicht viel, und mit der Zeit gab er sie auf.
     
    Alle drei politischen Parteien zogen ihn für den Gemeinderat in Erwägung, aber konkrete Angebote wurden ihm nie gemacht.
     
    Er wurde Laienprediger, aber seine Gottesdienste hatten wenig Zuspruch, obgleich man anerkannte, daß er eine gute Stimme und eine sympathische Frömmigkeit besitze.
     
    Palaminos wurden gekauft, aber die Jungen mochten sie nicht, und eines Nachts wurden sie an einen Zigeuner verkauft.
     
    Dann und wann versuchte Cassidy sich in den Mußestunden in seiner Bibliothek im Schreiben. Die Spionagewelle war damals auf ihrem Höhepunkt, und er dachte, er könne vielleicht ins Geschäft kommen. Eine Weile arbeitete er sogar an einer recht guten Sache – ein professioneller Mörder wurde eingefroren und später auf die Führer eines neuen Zeitalters losgelassen –, doch nach und nach starb die Idee an Auszehrung, und er legte sie ad acta. Außerdem hatte der Vorgang des Schreibens noch etwas anderes an sich, was ihn störte. Seine Gedanken trugen ihn dabei in unerwünschte Richtungen: zurück zu gewissen Ereignissen, zum Beispiel, die er notgedrungen aus seiner bewußten Erinnerung verbannt hatte; oder schlimmer noch, vorwärts zu Möglichkeiten, die man nicht ausspinnen sollte. Es wurde ihm auch klar, was für ein einsames Geschäft das Schreiben war, wie scheinbar simpel und doch wie mühsam hinzukriegen; und dann legte er die Feder nieder und ging in die Küche, wo Sandra Marmelade einkochte. Geräuschlos umarmte er sie, gewöhnlich von hinten.
    »Was ist los mit dir?« fragte sie dann, als hätte er einen Schnupfen.
    »Nichts«, sagte er. »Ich habe dich nur vermißt, sonst nichts.«
     
    Sandra schlief viel, oft zwölf Stunden pro Nacht.
     
    Es war ein offenes Geheimnis, daß die Bauarbeiten in Haverdown ewig dauern würden. Noch Monate nach ihrer Ankunft war das Haus in das vertraute Stahlkorsett von Abalone Crescent geschnürt, und die Ziegelleger hielten das Dach besetzt. Was nicht zu reparieren war, mußte abgerissen und neu gebaut werden. Manchmal sagten die Cassidys, sie hätten eine Verpflichtung der Vergangenheit gegenüber, manchmal der Zukunft gegenüber; von der Gegenwart war nicht die Rede. Ein Landschaftsgärtner, der aus Cheltenham herbeigerufen wurde, um den Boden zu

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