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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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die ihm schon recht häufig im Kopf umging, sondern weil sie in solchem Zusammenhang vorgebracht wird. Wie kann ein Mann, der Helen sein Eigen nennen darf, so niedrig denken?
    »Oder drei?«
    »Auch nicht drei.«
    »Spielen Sie überhaupt Golf?«
    »Dann und wann.«
    »Und Squash? Sind Sie wenigstens Squash-Spieler?«
    »Ja, warum?«
    »Ich möchte gern, daß Sie fit bleiben, weiter nichts.«
    »Sollten wir nicht hinuntergehen? Ich glaube, sie wartet auf uns.«
    »O Lover«, sagt Shamus sanft, während er einen weiteren Zug aus der Flasche tut. »Ein Mädchen wie sie würde auf Männer wie dich und mich die ganze Nacht lang warten.«
     
    »Könnten Sie es nicht in eine Stiftung verwandeln?« fragte Cassidy laut mit seiner Vorstandsstimme, als sie die wackelige Treppe hinunterstiegen. »Soviel ich weiß, gibt es die Möglichkeit, daß der Staat das Haus instand hält und Sie darin wohnen läßt, unter der Bedingung, daß sie es soundso viele Tage im Jahr für das Publikum öffnen.«
    »Ah, dieses Pack würde alles vollstinken«, erwiderte Shamus. »Wir haben’s einmal versucht. Die Bälger pißten auf den Aubusson, und die Eltern trieben’s in der Orangerie.«
    »Auch die Instandsetzung muß bezahlt werden«, erklärte Helen mit einem weiteren jener beschwichtigenden Blicke, die so beredt von ihrem Kummer zeugten.
     
    Pinkel-Pause nannte es Shamus. Sie hatten Helen im Salon zurückgelassen, wo sie das qualmende Feuer schürte; nun standen sie Schulter an Schulter am Rande des Burggrabens und lauschten auf das Plätschern ihres eigenen Wassers über die trockenen Steine. Die Nacht war von alpiner Majestät. In zerklüfteter Pracht ragte das schwarze Haus mit seinen zahllosen Gipfeln zum blassen Himmel auf, wo staubfeine Sternenschwärme den mondlichten Wolkensäumen folgten wie Leuchtkäfer, die das ewige Eis gefangenhielt. Weißer Tau schimmerte im ungemähten Gras.
    »Der Himmelsbaum der Sterne«, sagte Shamus, »behängt mit Nachtbaumfrüchten.«
    »Wie schön«, sagte Cassidy ehrfurchtsvoll.
    »Joyce. Alte Freundin. Geht mir nicht aus dem Sinn. He, Lover. Frostgefahr, ich warne Sie. Stecken Sie’n nur flugs wieder weg.«
    »Vielen Dank«, sagte Cassidy mit lautem Lachen. »Tu ich.«
    Shamus rückte näher heran. »Äh … sagen Sie«, forschte er vertraulich – »Äh, glauben Sie, es geht an? Das Haus, meine ich … ist es überhaupt das richtige für Sie?«
    »Ich weiß nicht. Hoffentlich, ich muß natürlich erst ein Gutachten einholen. Wahrscheinlich einen Bausachverständigen zuziehen. Wird ein Bombengeld kosten, alles herzurichten.«
    »He, Lover, hören Sie mal.«
    »Ich höre.«
    Lange Pause.
    »Wozu wollen Sie es?«
    »Ich sehne mich wohl nach einem Stück Tradition. Mein Vater war ein Selfmademan.«
    »Du lieber Gott«, sagte Shamus affektiert, und als ob er zeigen wollte, daß die Enthüllung ihn schwer getroffen hatte, brachte er sich schnell außer Reichweite. »Immerhin ziemlich große Sache, nicht wahr, für ein Wochenend-Nestchen? Zwanzig Schlafzimmer oder noch mehr …«
    »Da können Sie recht haben.«
    »Nicht, daß ich neugierig wäre, verstehen Sie. Tun Sie damit, was Sie wollen, soweit es uns betrifft, vorausgesetzt, Sie bezahlen den Preis. Sie können ja zum Beispiel auch ein paar Stockwerke vermieten.«
    »Wenn es sein muß, ja.«
    »Auch Land verpachten, was? Die Bauern hier herum würden es Ihnen abnehmen, kein Zweifel.«
    »Ja, vermutlich.«
    »Ich habe immer gedacht, es könnte sich gut für eine Schule eignen.«
    »Ja, eine Schule.«
    »Oder auch für ein Hotel.«
    »Möglich.«
    »He, wie wär’s mit einem Kasino? Also das wäre ein Gedanke. Ein paar von diesen scharfen Londoner Hostessen, was? Etliche fromme Väter könnte man immer für eine Tour reinkriegen.«
    »Das möchte ich nicht«, sagte Cassidy kurz. Er war völlig nüchtern, aber der Whisky schien seine Beweglichkeit zu hemmen.
    »Zum Teufel, warum denn nicht?«
    »Einfach weil ich es nicht möchte.«
    »Grundgütiger Himmel«, rief Shamus im Ton der Verzweiflung, »sagen Sie nur nicht, Sie wären ein verdammter Puritaner. Ich meine, hören Sie, den Ironsides geben wir das Haus nicht, und wenn wir um ein Stück hartes Brot betteln müßten.«
    »Ich glaube, Sie haben mich nicht ganz verstanden«, sagte Cassidy und hörte seine eigene Stimme wie von fern.
    Sicher zugeknöpft, blickte er sich um nach dem großen Haus und dem einen rosa Fenster, hinter dem der Flammenschein zuckte. Während er Ausschau hielt, sah er

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