Wachsam
Helens vollendete Silhouette lautlos hin und her gleiten, in ernster Erfüllung ihrer häuslichen Obliegenheiten.
»Es scheint, daß wir in diesen Dingen recht unterschiedlich sind. Natürlich möchte ich den Besitz wieder in die Höhe bringen. Und ich möchte ihn so erhalten, wie er war.«
Wiederum spürte er, daß Shamus’ Augen ihn im Dunkeln scharf beobachteten, und er sprach um eine Nuance lauter, um die wachsende Sentimentalität zu verscheuchen.
»Ich will damit sagen, ich möchte einiges von dem tun, was Sie getan hätten, wenn … nun, wenn es Ihnen möglich gewesen wäre. Das hört sich für Sie wohl ziemlich albern an, aber es ist nun einmal meine Absicht.«
»Horch«, sagte Shamus plötzlich. »Psst.«
Sie standen ganz still, während Cassidy sich bemühte, ein ungewöhnliches ländliches Geräusch zu erlauschen – das Brüllen einer Rohrdommel zum Beispiel oder das Knurren eines vierbeinigen Räubers –, doch er konnte nichts hören als das Knarren des Hauses und das schläfrige Rascheln der Baumgipfel.
»Dachte, ich hörte jemanden singen«, sagte Shamus leise. »Ist ja nicht so wichtig, wie? Vielleicht waren’s nur Sirenen.« Er stand völlig regungslos, und die Aggressivität war aus seiner Stimme verschwunden. »Wo waren Sie stehengeblieben?«
»Unwichtig.«
»Nein, sprechen Sie weiter, mir gefällt’s.«
»Ich habe nur versucht, Ihnen klarzumachen«, sagte Cassidy, »daß ich an die Kontinuität glaube. Daß die Qualität des Lebens erhalten bleiben solle. Was mich vermutlich in Ihren Augen zum Narren stempelt, wie?«
»Sie Wucht von einem geliebten Lover«, flüsterte Shamus nach einer langen Weile; er starrte noch immer in die Nacht.
»Ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte Cassidy.
»Ach, scheiß drauf. Helen! He, Helen!« Er hob die Schöße seines schwarzen Rocks an und schwirrte wie eine Fledermaus in ausholendem Zickzack über den Rasen, bis sie das Portal erreichten.
»Helen«, schrie er, als er in den Salon platzte. »Hör dir das an! Das fantastischste, unglaublichste, epochalste Ereignis ist eingetreten! Wir sind gerettet . Butch Cassidy hat sich in uns verliebt. Wir sind sein erstes Ehepaar!«
Helen kniete am Kamin, die Hände im Schoß gefaltet, den Rücken gereckt, und sie sah aus wie jemand, der während Cassidys und Shamus’ Abwesenheit einen Entschluß gefaßt hatte.
»Der Frost hat ihn auch nicht erwischt«, fügte Shamus hinzu, als wäre das der zweite Teil seiner Freudenbotschaft. »Ich hab’ hingesehen.«
»Shamus.« Helen sprach in die Flammen. »Ich glaube, Mister Cassidy sollte jetzt gehen.«
»Quatsch. Cassidy ist viel zu voll, um einen Bentley zu fahren. Denk an den Skandal.«
»Laß ihn gehen, Shamus«, sagte Helen.
»Sagen Sie’s ihr«, sagte er zu Cassidy und keuchte noch immer von seinem Lauf. »Sagen Sie ihr das, was Sie mir gesagt haben. Draußen, als wir unsern Piß machten. Helen, er will nicht gehen oder, Lover? Sie möchten bleiben und mitspielen, das weiß ich! Und er ist Flaherty, das weiß ich auch, ich liebe ihn, Helen, auf Ehre!«
»Ich will nichts mehr hören«, sagte Helen.
»Sagen Sie’s ihr! Es ist nichts Unanständiges, ich schwör’s dir, Helen. Es ist Cassidys Schöner-Wohnen-Bekenntnis. Sagen Sie’s ihr, los .«
Schweiß hatte sich auf seiner Stirn gebildet, und sein Gesicht war rot von der Anstrengung des Laufens.
»Nichts Geringeres als ein päpstlicher Segen«, beharrte er, noch immer heftig atmend. »Cassidy bewundert uns. Cassidy ist zutiefst bewegt . Du und ich sind das Rückgrat seiner Welt. Die schönsten Blüten Engellands, jungfräuliche Rosen, Beaux Sabreurs. Buchanisten. Er ist Flaherty, Helen, und er ist gekommen, um das Paradies zu kaufen. Es ist wahr ! Sagen Sie’s ihr doch um Gottes willen, Cassidy, nehmen Sie den Schnuller raus und sagen Sie’s ihr!«
Er packte Cassidy bei den Schultern und schob ihn mit Gewalt in die Mitte des Zimmers. »Sagen Sie ihr, was Sie mit dem Haus machen wollen, wenn Sie es gekauft haben!«
»Auf Wiedersehen, Cassidy«, sagte Helen schnell. »Fahren Sie vorsichtig.«
»Sagen Sie’s ihr!« gebot Shamus keuchend. » Sagen Sie ihr , was Sie mit dem Haus machen wollen ! Verdammt noch mal , Mann , Sie sind hierhergekommen , um es zu kaufen , oder? «
Ernsthaft bedrängt, um nicht zusagen, bedroht durch die Heftigkeit von Shamus’ Forderung, versuchte Cassidy, seine These in großen Zügen zu wiederholen.
»Na schön«, begann er. »Wenn ich das Haus kaufe, so
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