Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht
bitten darf?«
»Zweiundvierzig?!« Schließlich war das die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, warum sollte sie nicht auch jetzt passen?
»Sischer dat, verarschen kann isch misch och selver.«
»Vielleicht war es auch vierundzwanzig, oder so ähnlich. Ich kann mir Zahlen immer so schlecht merken.«
»Luurens, junge Frau. Se zeijen mir jitz Ehre Karte, oder Se jehen widder. Isch kann Se natürlisch och us dem Stadion schmeißen, wenn Se dat wollen.«
»Sie haben ja recht«, versuchte ich ihn zu beruhigen. »Aber es ist so. Ich glaube, ich habe eben einen Freund hier reingehen sehen, von dem ich gar nicht wusste, dass er wieder in Köln ist. Er hat nämlich in London Agrarwissenschaften studiert und ist dann nach Südamerika gegangen.«
Der Ordner guckte mich immer noch grimmig an, und es hatte wohl auch keinen Zweck, ihn mürbe zu reden, indem ich das Ganze noch ein wenig ausschmückte. Dabei lag mir eine mitleiderregende Geschichte über den vermeintlichen Tod des Freundes durch Malaria während einer Baumwollernte in Venezuela auf der Zunge.
»Na ja, auf jeden Fall würde ich gerne nachschauen, ob er es wirklich ist.«
»Ach so, warum sagen Se dat nit gleich.«
Ich lächelte ihn an und erwiderte so unschuldig wie möglich: »Ich dachte, Sie würden mir nicht glauben.«
»Dat dun isch och nit.«
Mist, ich hätte das mit dem Malariatod doch noch erwähnen sollen, ein wiederauferstandener Toter war immer besser als ein einfach nur zurückgekehrter Lebender. Ich zuckte mit den Schultern und ging. Das Spiel war längst in vollem Gange, das war auch hier draußen deutlich zu hören. Ich ging auf die Toilette, um mir die Glühweinflecken aus Jacke und Hose zu wischen, aber danach waren die roten Flecken nur größer und nasser. Ich hielt meine Klamotten, so gut es ging, unter den Händetrockner. Dann stellte ich mich erneut in der Glühweinschlange an. Es dauerte weitere zehn Minuten, bis ich meine drei Becher wieder in den Händen hielt, aber als ich zur Fankurve kam, strömten mir die FC-Fans bereits wieder entgegen. Na wunderbar, die erste Halbzeit war schon vorbei, und ich hatte noch keinen einzigen Spieler, geschweige denn einen Fußball gesehen. Nicht dass ich den verpassten sportlichen Glanzleistungen hinterhertrauerte, aber irgendwie wollte ich von meinem ersten Fußballspiel doch etwas mehr mitbekommen als Glühwein und unfreundliche Ordner.
Als die Menschenmenge an mir vorbeizog, kam mir eine Idee. Irgendwann mussten sie auch wieder zurück auf die Ränge strömen, und da würde ich in der Menge bestimmt nicht auffallen. Ich lief zurück zu dem Eingang, in dem Frank verschwunden war, und erkundete das feindliche Territorium. An dem bulligen Ordner würde ich sicherlich nicht mehr vorbeikommen, aber der danebenliegende Eingang war relativ schlecht bewacht. Jetzt musste ich nur noch einen günstigen Moment abwarten, mich am Ordner vorbeimogeln, einen kurzen Blick auf Franks Begleitung werfen, und schon konnte ich zurück zu den anderen und endlich das Spiel genießen. Eine Ausrede würde mir dann schon noch einfallen. Eine Gruppe von etwa zehn Männern und Frauen ging zielstrebig auf den Eingang zu. Ich schloss mich ihnen an und hielt zur Verteidigung meine Glühweinbecher hoch, die es mir unmöglich machten, eine Karte vorzuzeigen. Und dann war ich drin. Endlich. Meinen Berechnungen zufolge musste Frank etwa vier oder fünf Ränge weiter rechts sitzen. Ich drängte mich durch die Reihen, denn hier gab es tatsächlich nur Sitzplätze, bis ich zu meinem Entsetzen auf ein Absperrgitter stieß. Mist! Frank saß noch mindestens drei Reihen weiter. Ich konnte ihn auf jeden Fall noch nicht sehen. Das Spiel wurde wieder angepfiffen, und nach und nach nahmen alle Zuschauer Platz – nur ich stand unentschlossen herum. Irgendwie musste ich über dieses verdammte Gitter kommen. Leider riss das Spiel die Leute nicht unbedingt von ihren Sitzen, so dass ich kaum unauffällig hinüberklettern konnte. Im Gegenteil, mein einsamer Stehplatz am Zaun wurde immer öfter mit missmutigen Blicken bedacht. Ich wanderte am Zaun auf und ab, um eventuell doch noch einen Blick auf Frank zu erhaschen. Aber es war zwecklos, da ich noch nicht einmal wusste, wo er saß. Plötzlich ging ein Raunen durch die Menge. Auf dem Spielfeld passierte etwas, offenbar etwas Wichtiges, denn einige Zuschauer sprangen tatsächlich von ihren Sitzen auf. Dann war ein lautes Ja zu hören, das in ein Nein überging, und es hielt kaum noch
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