Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht
Stehplätze? Toll, die hätten wir uns auch selbst kaufen können.«
»Du kannst ja wieder gehen, wenn es dir nicht gefällt. Hat dir doch eh keiner geglaubt, dass du dich für Fußball interessierst, oder? Du bist doch nur scharf auf Tim!«
Seit ich ins Auto eingestiegen war, hatte ich auf Tinas Anschuldigungen gewartet, dabei hätte ich wissen müssen, dass sie dafür erst das richtige Publikum brauchte. Aber diesmal wollte ich mich nicht wieder vor allen Leuten niedermachen lassen.
»Ich?! Ich soll hinter Tim her sein? Wer musste ihn denn unbedingt so dämlich anhimmeln und nach Freikarten fragen?«
»Özlem!«
»Ja gut. Aber du hast dabei mit ihm geflirtet. Ich wollte nur mit zum Fußballspiel, weil ich gerne mal wieder etwas mit euch unternehmen wollte. Also kannst du vielleicht endlich aufhören, deine Probleme mit Männern immer mir in die Schuhe zu schieben?«
Um uns herum hörten immer mehr Zuschauer aufmerksam zu. Özlem war unser lautstarker Streit extrem peinlich.
»Könnt ihr euch nicht endlich ein für allemal vertragen. Ich will hier heute auf jeden Fall in Ruhe Fußball gucken.« Özlem besaß schon immer einen Sinn für das Wesentliche. Nachdem sie Tina und mich gleichermaßen schuldig gesprochen hatte, ließ sie uns inmitten der grölenden FC-Fans stehen und drängelte sich bis zum Absperrgitter vor. Tina und ich schauten uns eingeschüchtert an. Dann überwand ich mich endlich und machte den Anfang.
»Es tut mir leid, dass ich deine beste Kundin vergrault habe, und ich finde, du machst deinen Job echt prima.«
»Mir tut es auch leid, dass ich wieder auf dieser Klaus-Geschichte herumgeritten bin. Und eigentlich bin ich froh, dass du Frau Keller mal die Meinung gesagt hast.«
Ich konnte mir ein Grinsen nicht mehr verkneifen, und auch Tina fing an zu lachen.
»Aber eins musst du mir versprechen«, sagte sie.
Es gab also doch noch eine Bedingung.
»Tim gehört mir. Okay?!«
Ich atmete erleichtert auf. »Wenn das alles ist. Natürlich. Keine Sorge. Ich steh eh nicht auf blondierte Haare.« Das hatte ich eigentlich in Anspielung auf Tims alberne blonden Strähnchen gemeint, die seine ansonsten ganz nette Erscheinung in meinen Augen ganz schön entstellten. Zu spät wurde mir klar, was ich gesagt hatte. Ich starrte auf Tinas aschblonde Haare und fügte schnell hinzu. »Bei Männern. Natürlich nur bei Männern.«
Wir gesellten uns zu Özlem ans Absperrgitter. Es schien doch noch ein toller Nachmittag zu werden. Wir drei waren endlich mal wieder zusammen unterwegs, hatten alle Streitigkeiten beigelegt und tranken alkoholfreies Kölsch aus Plastikbechern. Das Spiel konnte beginnen.
Aber leider tat es das nicht. Stattdessen heizte uns der Stadionsprecher so lange mit blöden Sprüchen und alberner Karnevalsmusik ein, bis mir in meiner viel zu dünnen Jeansjacke arschkalt war. Zehn Minuten später stand immer noch kein Spieler auf dem Feld, und ich konnte meine Finger kaum noch spüren. Ich beschloss, mich auf der Toilette etwas aufzuwärmen. Auf dem Weg dorthin kam ich an einem Glühweinstand vorbei. Etwas Wärme von innen konnte auch nicht schaden. Ich stellte mich in der Schlange an, und gerade, als ich mich mit drei Bechern Glühwein auf den Rückweg machen wollte, rief jemand meinen Namen. Ich suchte die Warteschlange nach einem vertrauten Gesicht ab. Frank! Natürlich, ich hätte wissen müssen, dass er heute hier war. Schließlich hatte er eine Dauerkarte.
»Karina? Du hier, beim Fußballspiel?« Seine Stimme hatte immer noch einen leicht vorwurfsvollen Tonfall, und in gewisser Weise fühlte ich mich schon wieder ertappt. Er hatte die letzten drei Jahre vergeblich versucht, mich zum Mitkommen zu bewegen, und kaum waren wir nicht mehr zusammen, verbrachte ich meine Samstagnachmittage im Fußballstadion.
Ich versuchte, ihm klarzumachen, dass ich nicht freiwillig und eigentlich ohne mein Wissen hierhergekommen war. »Ja, also, es ist nur, weil … Tim, also mein neuer Nachbar, spielt hier mit und hat mir Freikarten für das Spiel gegeben.«
»Tim Norlinger? Der Ersatzspieler? Ist das dein neuer Freund?«
Es war wirklich schwer, die anderen davon zu überzeugen, dass man ein neuer Mensch war. »Ach was. Ich wusste ja auch gar nichts von den Karten«, erwiderte ich wahrheitsgetreu.
Frank sah mich immer noch leicht verwirrt an, und ich gab es auf, ihm zu erklären, wieso wir uns von allen Plätzen dieser Welt ausgerechnet in einem Fußballstadion wiedersahen. Stattdessen wechselte ich
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