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Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Titel: Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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gefiel. Bei Klosenberg bedeutete ein kritischer Blick in meine Horoskope dagegen wohl eher eine Beförderung oder zumindest eine Festanstellung auf Lebenszeit.
    »Ja, Frau Schneider, Ihre Kollegen sind sehr zufrieden mit Ihnen … « Kein Wunder, sie konnten ja auch jeden Mist auf meinem Schreibtisch abladen. » … und auch Frau Torski ist über Ihre Hilfsbereitschaft sehr glücklich … « Schließlich hatte ich sie heute erst darauf hingewiesen, dass Nicole als schwimmende Bademoden-Designerin zu sehr Louise, der schwimmenden Schneiderin, ähnelte. »Ich habe allerdings das Gefühl, dass Ihre Arbeit Sie nicht ausfüllt.«
    Waren da etwa leichte Unstimmigkeiten zwischen uns zu spüren?
    »Ich möchte Ihnen nur einmal einige Beispiele geben. Stier, 4. Mai: Gesundheitlich geht es mit Ihnen wieder bergauf. Beruflich müssen Sie etwas zurückstecken, da Saturn gerade ungünstig steht, und in der Liebe können Sie sich wieder Hoffnungen machen. Oder Skorpion, 5. Mai: Gesundheitlich müssen Sie etwas zurückstecken. Venus lässt Sie in Ihrem Beruf wieder hoffen, und in der Liebe geht es mit Ihnen ebenfalls bergauf. Oder Steinbock, 8. Mai: Mars gibt ihrer Gesundheit wieder neuen Antrieb. In der Liebe müssen Sie zur Zeit etwas zurückstecken, aber beruflich geht es dennoch bergauf. Oder Waage, 10. … «
    »Herr Klosenberg, entschuldigen Sie, wenn ich Sie kurz unterbreche, aber ich kenne diese Horoskope. Ich habe sie geschrieben.«
    »Ja, wunderbar, dann stimmen Sie ja auch sicherlich mit mir darin überein, dass diese Texte sehr viele Ähnlichkeiten aufweisen.«
    Ich nickte, denn was anderes als Zustimmung war in diesem Büro gar nicht möglich.
    »Dann verstehen wir uns doch richtig, wenn ich sage, dass Horoskope vielleicht nicht unbedingt Ihrer Art von Kreativität entsprechen?«
    Es war mir immer noch ein Rätsel, wie dieser Mann mit seiner Unfähigkeit, Kritik oder Ablehnung zu äußern, so eine hohe Position in dieser Branche erreicht hatte.
    »Sie verstehen sicher, dass unsere Leser anders als die vieler anderer Zeitungen die Horoskope auch lesen und, was viel wichtiger ist, sie auch ernst nehmen. Die Horoskope sollen Abwechslung, Hoffnung, vielleicht auch Trauer oder gar Angst in ihr Leben bringen, die Leser wollen sich persönlich angesprochen fühlen, ihre eigene Situation darin wiedererkennen. Das ist eine große Verantwortung, die Sie da haben, das verstehen Sie doch. Trauen Sie sich diese Verantwortung zu?«
    Ich war beeindruckt, wie monoton er selbst eine rhetorisch doch recht ausgefeilte Rede halten konnte, und nickte schon fast ehrfürchtig.
    »Denn wenn Sie sich das nicht zutrauen, was ich ja durchaus verstehen könnte, dann müsste ich gegebenenfalls nach jemand anderem suchen, der diese verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen würde, können Sie das nachvollziehen?«
    Wie bitte? Hatte dieses kleine blasse Männchen, das keiner Fliege etwas zuleide tun konnte, mir etwa gerade mit der Kündigung gedroht? Das war also seine Taktik. Er lullte sein Gegenüber mit seinem Pädagogengeplapper der Sorte »Ich verstehe dich–Du verstehst mich–Wir lieben uns alle« so lange ein, bis derjenige sein eigenes Todesurteil dankbar unterschrieb. Ich war so durcheinander, dass ich ihm wieder nur nickend zustimmen konnte.
    »Sehr schön, Frau Schneider. Ihre Probezeit ist ja noch nicht um. Dann beweisen Sie sich und mir doch nächste Woche, dass Sie diese Verantwortung übernehmen können.«
    Und dann gab er mir so freundlich die Hand, als hätte er mir gerade das ewige Leben geschenkt und nicht eine Galgenfrist von einer Woche gegeben.
    Ich verließ sein Büro wie in Trance und kehrte an meinen Schreibtisch zurück. Ich hatte immer noch nicht wirklich begriffen, wie Klosenberg es geschafft hatte, mir ganz nebenbei meine bevorstehende Kündigung unterzujubeln, als mir klar wurde, dass Mary meine Verwirrung schamlos ausnutzte, um mir ein Date mit ihrem Sohn unterzujubeln.
    Ein Unglück kam eben selten allein, und bei mir hatten sich die Unglücksfälle schon immer gerne zu einem gemeinsamen Sit-in verabredet. Es begann damit, dass bei Mary die Bedeutungen der einfachen, aber wichtigen Wörter Ja und Nein vertauscht waren. Das war mir bereits an meinem ersten Arbeitstag aufgefallen, aber ich hatte bis heute kein erfolgreiches Mittel gefunden, diesem Sprachfehler meiner Kollegin entgegenzuwirken. Es fing schon bei Kleinigkeiten an. Jeden Morgen bot sie mir eine Tasse ihres abscheulichen entkoffeinierten Carokaffees

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