Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht
nächster Woche für die Horoskope und sonstigen Kleinigkeiten zuständig sein. Danke.«
HOROSKOPE?!
»Hallo, Karina, herzlich willkommen«, begrüßten mich die anderen artig, als sei ich ihre neue Mitschülerin. Aber angesichts der neuen Verantwortung, die jetzt auf mir lastete, konnte ich nur ein klägliches »Hi« hervorbringen.
HOROSKOPE? Mein eigenes hätte ich heute vielleicht besser lesen sollen, bevor ich hierhergekommen war. Herr Klosenberg ging zufrieden mit sich und der Welt, in der es nur verständnisvolle und sich wohlgesinnte Menschen gab, wieder in sein Büro. Ich starrte ihm entgeistert hinterher, dann nickte ich noch einmal freundlich in die Runde und verließ in Trippelschritten das Verlagshaus, da ich in dem Rock kaum laufen konnte.
Es dauerte eine Weile, bis ich wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Ich hatte tatsächlich einen neuen Job. Zwar arbeitete ich bald für den Onkel meiner Erzfeindin und musste täglich für Tausende von Menschen die Zukunft voraussagen, aber ich hatte trotz allem einen neuen Job.
Ich stürmte, oder besser stolperte in Tinas Laden, weil mir die hochhackigen Schuhe, die sie mir geliehen hatte, eine Nummer zu groß und mindestens drei Nummern zu hoch waren, und hielt Tina wortlos eine Sektflasche unter die Nase.
»Sag nicht, du hast den Job, Schätzchen. O Gott, das ist ja supergeil, ehrlich.« Sie umarmte mich stürmisch und riss mich dabei fast zu Boden, so ungeübt war ich darin, mein Gewicht auf zwei briefmarkengroße Absätze zu verteilen. »Habe ich es dir nicht gesagt?! Das richtige Outfit,’n geiler Lippenstift, und der Job kommt von allein. Es war doch bestimmt dein Dekolleté, das ihn überzeugt hat, oder Schätzchen? Gib’s zu!«
Da ich selbst nicht wusste, welches Körperteil mir zu diesem Job verholfen hatte, denn mein Kopf war es diesmal eindeutig nicht gewesen, gönnte ich Tina ihr Erfolgserlebnis.
»Ja, das und die Tatsache, dass ich die Karriere seiner Nichte unterstützt habe, wahrscheinlich.«
»Was?«
Und dann sprudelte alles aus mir heraus. Dass ausgerechnet die Nichte meines neuen Chefs meinen Platz in Franks Leben eingenommen hatte, dass meine neue Arbeitskollegin eine Make-up-Maske trug und über die Nacktmodels schrieb und dass Klosenbergs Enkel Herbert hieß. Ich erzählte ihr von den Familienfotos, meinem Problem mit Kindern in der Pubertätsphase und Klosenbergs Friede-Freude-Eierkuchen-Syndrom, bis Tina und ich uns vor Lachen kaum noch halten konnten.
»Hey, Leute, ich habe eine Supernachricht.« Özlem war unbemerkt in den Laden gekommen und wartete ungeduldig, aber Tina und ich konnten uns nur mühsam zusammenreißen, um ihre gute Nachricht zu hören. »Ich darf in Köln heiraten, ist das nicht toll?« 1
Tina und ich schauten uns verständnislos an.
»Wie ich sehe, verstehen wir uns gut«, äffte ich Klosenberg nach, und schon brüllten wir wieder los.
Özlem stemmte wütend ihre Arme in die Seiten: »Hey, ich meine das ernst. Mein Vater hat gesagt, dass wir in Köln heiraten.«
»Okay, okay.« Ich schnappte nach Luft und wollte gleichzeitig der Ernsthaftigkeit der Angelegenheit gerecht werden. »Den Teil haben wir ja schon verstanden. Aber was soll daran so toll sein. Ich meine, Hochzeit ist Hochzeit, daran ändert auch die Stadt nichts.«
»Ja, aber so kann ich Matthias einladen. Das ist doch immerhin etwas.«
Was Freunde anging, war Özlem einfach heillos naiv.
»Na, wunderbar, dann hast du ja schon deinen Trauzeugen.«
»Eigentlich wollte ich ja euch fragen, aber Matthias als Trauzeuge wäre natürlich super. Meint ihr, ich soll ihn fragen?«
Tina und ich schauten uns erneut verständnislos an, aber diesmal war uns gar nicht mehr zum Lachen zumute.
»NEIN!«, erwiderten wir gleichzeitig, so dass Özlem regelrecht zusammenzuckte.
»Özlem, Kindchen, Matthias ist zwar ein sehr gutmütiges Exemplar, aber du solltest deinen Freund wirklich nicht zu deiner Hochzeit einladen, wenn er nicht der Kerl ist, der neben dir steht und ja sagen darf, okay?«
Özlem sah Tina unschuldig an. »Wieso nicht? Matthias hat schon gesagt, dass meine Hochzeit für ihn überhaupt kein Problem ist.«
Ich warf Tina einen verzweifelten Blick zu. Was sollte man dazu noch sagen? Offensichtlich musste man bei Özlem im Fach Männer noch einmal bei den absoluten Grundlagen anfangen. Aber dafür war bei uns zum Glück Tina zuständig. Sie legte ihren Arm um Özlems Schultern und versuchte, sogar recht behutsam für ihre Verhältnisse,
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