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Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Titel: Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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trocknen und einigermaßen in Form zu bringen. Ich konnte die hochhackigen Schuhe nicht finden, die ich extra zu diesem Zweck mitten auf den Schreibtisch gestellt hatte. Und als ich mir wenigstens so etwas wie einen Lidstrich ziehen wollte, zitterten meine Hände so sehr, dass ich mir dabei ins Auge stach und vor lauter Tränen gar nichts mehr sehen konnte.
    Endlich war ich annähernd so weit, dass ich mich aus dem Haus trauen konnte. Ich schaute auf die Uhr. Es war zehn nach neun. Die Hochzeit hatte vor zehn Minuten begonnen, selbst der schnellste Taxifahrer würde nochmal zehn Minuten brauchen, um zum Standesamt zu gelangen, und auch wenn Tim einen Witz nach dem anderen riss, konnte er den Standesbeamten wohl kaum länger als eine halbe Stunde hinhalten, da dann schon die nächste Hochzeit anstand.
    Es war ein Desaster! Dieser Hochzeitstag war noch nicht einmal eine Stunde alt und schon ein komplettes Desaster! Und es würde noch viel schlimmer werden, wenn ich es nicht wenigstens bis zur obligatorischen Unterschrift ins Standesamt schaffte.
    Ich stürzte die Treppe hinunter, stolperte, zog die hochhackigen Schuhe aus und rannte weiter. Auf der Straße rief ich in bester New-York-Manier nach einem Taxi und verzweifelte daran, dass ich in Köln und der nächste Taxi-Stand dreihundert Meter entfernt war. Ich rannte um die nächste Straßenecke – und blieb stehen.
    War das nicht … ? Ich lugte um die Ecke. Tatsächlich – Tim schlenderte seelenruhig mit seinem Mantel über dem Arm auf mich zu.
    Unmöglich!
    Ich hielt mich an der Häuserwand fest und schnappte mühsam nach Luft, während Tim sich gemächlich näherte. Er schaute bewundernd auf seine Armbanduhr und grinste mich an. »Nicht schlecht, aber weit von deinem Achteinhalb-Minuten-Rekord entfernt.«
    Ich warf ihm den bedrohlichsten Blick zu, den ich unter diesen Umständen aufbieten konnte.
    »Tim, ich warne dich, mach so etwas … nie … wieder … mit mir!«, keuchte ich. »Ich meine es ernst, wenn ich etwas besser in Form wäre und du nicht diesen piekfeinen Anzug anhättest, dann … «
    Ich ging mit geballten Fäusten auf ihn zu. Tim hob beschwichtigend die Hand.
    »Es tut mir ja echt leid, aber ich habe Tina versprochen, dass du pünktlich bist, und da musste ich eben zu etwas drastischeren Mitteln greifen.«
    »Dass ich pünktlich … ? Tim, verdammte Scheiße, ich hatte den perfekten Zeitplan, und du hast ihn völlig durcheinandergebracht. Ich wäre verdammt nochmal pünktlich gewesen, und jetzt … jetzt … «
    »Jetzt haben wir noch genau fünfzehn Minuten, um in Ruhe einen Kaffee zu trinken und dann ganz ohne Hektik zum Standesamt zu fahren. Und wie sah dein Zeitplan aus?«
    Ich musste zugeben, dass sich Tims Zeitplan auch nicht schlecht anhörte, aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, mir so einen riesigen Schrecken einzujagen.
    »Na gut, für den Kaffee hatte ich nur fünf Minuten einkalkuliert, aber du kannst von Glück reden, dass ich überhaupt noch in der Lage bin, einen zu trinken. Ich stand noch nie so kurz vor einem Herzinfarkt wie heute Morgen, und dabei hat dieser fürchterliche Tag gerade erst angefangen!«
    Tim heuchelte Mitleid, aber er konnte ein leichtes Zucken um die Mundwinkel nicht unterdrücken.
    »Was ist?«, fragte ich ärgerlich.
    »Tut mir echt leid, Karina, aber dein Blick, als ich dir von der Terminänderung erzählt habe, war einfach göttlich. Der war mir die Sache echt wert.«
    Ich wollte ihn in die Schulter boxen, aber Tim sprang gekonnt zur Seite. Wir gingen in das Café auf der anderen Straßenseite, das mir sonst viel zu fein war, aber in unserer Aufmachung ganz angemessen erschien.
    »Was kann ich Ihnen bringen?«, fragte uns eine alte Kellnerin mit einer noch älteren Spitzenschürze, und ich erwiderte ohne nachzudenken: »Den hochprozentigsten Whisky, den Ihre Karte zu bieten hat, und einen Kaffee, schwarz und so stark, dass er sich kaum in die Tasse schütten lässt, bitte.«
    Aber Tim und die alte Kellnerin schauten mich gleichermaßen schockiert an, und ich reduzierte meine Bestellung auf einen einfachen schwarzen Kaffee, der mir gegenüber Tims Wasser ohne Kohlensäure immer noch wie eine illegale Droge vorkam.
    Ich lehnte mich in dem unbequemen Stuhl zurück und versuchte mich zu entspannen.
    »Alles klar?«, fragte Tim diesmal ernsthaft besorgt.
    »Eins solltest du wissen«, fuhr ich ihn gereizt an. »Wenn du diesen Tag unbeschadet überstehen willst, solltest du dir angewöhnen, diese Frage nicht

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