Wächter der Macht 06 - Inferno
missbilligend den Kopf. »Das ist nicht besonders fair, oder? Er wollte bloß, dass Sie uns nicht in die Quere kommen.«
Tionne bahnte sich ihren Weg durch den Kreis der Kinder und blieb – von Jainas Blickwinkel aus betrachtet – so dicht vor Serpa stehen, dass es beinahe so aussah, als hätte sie die Absicht, ihn zu küssen. »Dass ich Ihnen wobei nicht in die Quere komme?«
»Nichts, worüber Sie sich Sorgen machen müssten«, sagte Serpa. »Es sei denn, ihr Jedi fürchtet die Wahrheit genauso sehr wie den Kampf.«
Tionne neigte den Kopf; zweifellos runzelte sie die Stirn und gab vor, verwirrt zu sein. Da die GGA alle normalen Kommunikationsmöglichkeiten von und zur Akademie unterband, würde jedes Zugeständnis, dass sie bereits von der Desertion der Jedi bei Kuat wusste, Serpa verraten, dass sie eine Möglichkeit besaßen, trotz allem mit der übrigen Galaxis in Kontakt zu bleiben – nämlich Zekk.
Nach einem Moment entgegnete Tionne: »Jedi lassen sich nicht von Furcht beherrschen – ebenso wenig wie von Zorn, was Ihnen in diesem Moment sehr zugutekommt.«
Serpas Augenbrauen schossen in die Höhe. » Drohen Sie mir etwa, Meisterin Solusar?«
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag, zu Ihrem eigenen Besten«, entgegnete sie. »Bringen Sie diese Kinder unverzüglich in ihre Betten zurück, und ich werde über Ihr unglückliches Timing hinwegsehen.«
Serpa musterte Tionne einen Moment lang, dann nickte er – mehr zu sich selbst als zu ihr. »Das ist eine Drohung.« Er wandte sich wieder seinem Publikum gefangener Kinder zu. »Vielleicht hätte ich jetzt sogar Angst, hätte man mir nicht berichtet, wie sich Luke Skywalker und seine Bande von Feiglingen bei der Schlacht von Kuat einfach aus dem Staub gemacht haben.«
Die Macht knisterte von der Empörung und dem Unglauben der Schüler – die noch nichts von der Fahnenflucht der Jedi wussten –, doch selbst die kleinen Woodoos waren bereits zu diszipliniert, um ihre Gefühle nach außen hin preiszugeben.
»Wenn Sie etwas zu sagen haben, sagen Sie es mir«, polterte Tionne und setzte die Macht ein, um Serpa wieder in ihre Richtung zu drehen. »Was auch immer Sie darüber zu wissen glauben, was …«
Tionne ließ den Satz unvollendet, als Serpa seinen Blaster auf sie richtete. Sie streckte die Hand aus und versuchte, die Waffe mit der Macht beiseitezuschlagen. Doch er war zu schnell. Zwischen ihnen blitzte ein einzelner Energiestrahl auf, und dann gaben Tionnes Beine nach. Sie fiel auf ein Knie, um die Macht mit Überraschung und Schmerz zu überfluten.
Man musste Kam Solusar hoch anrechnen, dass die unprovozierte Attacke auf seine unbewaffnete Frau ihn nicht nach draußen lockte. Er blieb in seinem Versteck, und obwohl er Wut und Mordlust in die Macht ausstrahlte, hielt er sich an dieselben Regeln, die er und die anderen Erwachsenen dem Jungvolk die ganze Woche über eingebläut hatten – nämlich nur konzentriert zur Tat zu schreiten; niemals zu reagieren , sondern bloß zu agieren .
Jaina indes hatte genug gesehen – insbesondere, als einige der Woodoos nicht umhinkonnten, vor Furcht in Tränen auszubrechen. Sie wich von dem Sichtfenster zurück … und war drauf und dran, den Schatten wegzupusten, den sie durch die Hintertür kommen sah.
»Vorsicht!«, zischte Jag und hob die Hände. »Hast du nichts Besseres zu tun, als einen Blaster auf deinen befehlshabenden Offizier zu richten?«
»Ich habe jede Menge besserer Dinge zu tun.« Jaina senkte den gestohlenen Blaster. »Was denkst du dir überhaupt dabei, dich an mich heranzuschleichen?«
»Du bist eine Jedi«, entgegnete Jag. »Wie könnte sich irgendwer an dich heranschleichen?«
»Das haben schon ganz andere versucht.« Jaina winkte mit einer Hand vage in Richtung der beiden Soldaten, die sie im Aufenthaltsraum und im Korridor zurückgelassen hatte. »Und ich bin ein bisschen abgelenkt wegen dem, was Serpa da draußen treibt. Er hat Tionne gerade das Knie weggeschossen.«
Jag nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. »Er versucht, dich nach draußen zu locken. Auf dem Dach dieses Baus wartet ein Scharfschützenteam; wahrscheinlich liegen anderswo noch mehr auf der Lauer.«
»Wie sind die an Vis’l und Loli vorbeigekommen?«, fragte Jaina. Vis’l und Loli waren die beiden jungen Jedi-Ritter, die Wachdienst hatten, als Serpa die Flugkontrolle ausgetrickst hatte, um die Erlaubnis zu erhalten, mit seinem Bataillon auf dem Akademiegelände zu landen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass
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