Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc
spüren, wie die Anlagenverteidigungen versuchten, etwas beizusteuern: die versteckten Falltüren und tödlichen Waffen, die wissenschaftlichen und magischen Vorrichtungen in ihren unterirdischen Silos, aber keine davon konnte Molly oder mich erfassen, solange wir vom Confusulum beschützt wurden. Kraftschilde knipsten sich überall um uns herum an und aus, zauberische Energien manifestierten und zerstreuten sich binnen eines Moments, und nichts davon konnte uns etwas anhaben. Die Verteidigungsanlagen des Grundstücks standen vor einem Rätsel. Aber es waren immer noch viel zu viele Menschen in der Nähe, zu viele Droods zwischen uns und dem Herrenhaus. Es war nur eine Frage der Zeit, bis uns jemand anrief.
»Wir brauchen ein Ablenkungsmanöver«, sagte ich zu Molly. »Etwas Großes und Dramatisches, um die Leute von der Vorderseite des Hauses wegzulocken.«
»Kein Problem«, versicherte Molly, ein bisschen außer Atem vom Laufen. »Schau gut zu!«
Sie murmelte und vollführte ein paar abgehackte Gebärden, und plötzlich schwebte ein riesiger Drache über dem Herrenhaus. Ein gewaltiges Geschöpf mit langem, goldgeschupptem Körper, das sich mit kraftvollen Schlägen seiner mächtigen, membranösen Schwingen in der Luft hielt. Unter entsetzlichem Kreischen ließ die Bestie sich auf das Herrenhaus herabsinken und reckte ihren scheußlichen, gehörnten Kopf, der dem Ende eines schlangengleichen Halses entsprang. Sie war unglaublich groß, halb so groß wie das Herrenhaus, und riss mit beiläufigen Schlägen ihrer klauenbewehrten Füße klaffende Löcher in die Außenmauer des Ostflügels. Sie spuckte Feuer über die Landeplätze auf dem Dach und fegte sämtliche dort befindlichen Luftfahrzeuge mit einem einzigen Flammenstoß hinweg. Sie stieß einen triumphierenden Schrei aus und krachte mit einer Schulter so heftig gegen das Herrenhaus, dass das ganze Gebäude erbebte.
»Reicht das?«, fragte Molly mich.
»Wo zum Teufel hast du einen Drachen von dieser Größe herbekommen?«, staunte ich. »Ich bin offiziell beeindruckt, Molly! Ehrlich. Aber dies ist mein Zuhause, und ich fände es nicht schlecht, wenn am Ende des Tages noch etwas davon übrig wäre! Sagt dir der Begriff Overkill etwas? Bist du sicher, dass du ihn überhaupt kontrollieren kannst?«
»Selbstverständlich!«, erwiderte Molly, »Ich hab mal einen Dorn aus seiner Pfote entfernt. Entspann dich, Eddie, es ist kein echter Drache; nur ein weiterer Zauber von meinem Kettchen.«
»Dann ist der Schaden, den er am Herrenhaus anrichtet, also auch nicht echt?«
Molly runzelte die Stirn. »Nun, ja und nein.«
»Lass uns schnell reingehen«, sagte ich, »bevor die Familie herausfindet, was los ist.«
Der Großteil der Familie war inzwischen um den rückwärtigen Teil des Hauses herumgegangen, um sich mit der offensichtlichsten Bedrohung zu befassen, wodurch die Vorderseite des Herrenhauses unverteidigt war. Nur offene Rasenflächen zwischen mir und dem Vordereingang. Und dann tauchten aus dem Nichts die Vogelscheuchen auf, von einem Augenblick auf den anderen, und stellten sich mir in den Weg. Erst eine, dann zwei und zum Schluss ein rundes Dutzend. Ich packte Molly am Arm, und rutschend kamen wir ein gutes Stück vor ihnen zum Stehen. Mit steifen Bewegungen nahmen sie Verteidigungspositionen zwischen uns und dem Vordereingang ein, und ihre behandschuhten Hände waren starr wie Krallen. Unnatürlich still, unglaublich stark. Zwölf Vogelscheuchen, die von ihren Kreuzen herabgestiegen waren und arg in Mitleidenschaft gezogene Kleider aus unterschiedlichen Zeitaltern bis zurück in siebzehnte Jahrhundert trugen. Die gehasstesten Feinde der Drood-Familie, zu Vogelscheuchen umgeändert, um das Herrenhaus zu bewachen, das sie einst bedroht hatten. Einfach weil wir es konnten. Die Gesichter der Vogelscheuchen waren verwittert, straff, braun wie Pergament und genauso spröde. Strohbüschel ragten aus ihren Ohren und Mündern, aber ihre Augen waren noch lebendig und ließen ihr endloses Leiden erahnen.
»Sind das die ...?«, fragte Molly.
»Jawohl«, antwortete ich. »Jemand im Herrenhaus ist in Panik geraten und hat die Vogelscheuchen losgelassen. Unsere erbittertsten Feinde, besiegt und benutzt. Die Körper ausgehöhlt und mit Stroh gefüllt, während sie noch am Leben waren, und dann durch unbrechbare Pakte verpflichtet, das Herrenhaus zu verteidigen, nötigenfalls bis zu ihrer eigenen Vernichtung. Keiner von ihnen ist tot - sie könnten nicht mehr leiden,
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