Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
das Rachels Blick zurück zu ihm lenkte. Er klang, als würde er damit rechnen, dass sie jeden Moment eine Bombe platzen ließ.
Sie tat ihm den Gefallen. »Ich habe Drew zu überreden versucht, Em in Ruhe zu lassen, aber er weigerte sich. Er sagte, dass ich ihn nur aufhalten könnte, wenn ich
Sie
auf ihn ansetze.« Lachlan gelang ein grandioses Pokerface. Abgesehen von einem langsamen Blinzeln erlaubte sein Gesichtsausdruck Rachel keinerlei Rückschlüsse auf seine Gedanken. Aber dieses gänzliche Fehlen einer Reaktion ließ die Alarmglocken in Rachels Kopf nur umso lauter schrillen. Zum ersten Mal gewann ein Anflug von Unbehagen die Oberhand über ihr Vertrauen in Lachlan. Hätte er nicht überrascht oder verwirrt aussehen müssen? »Drew schien Sie zu kennen«, fügte sie vorsichtig hinzu. »Und er hat mich gebeten, Ihnen zu erzählen, dass er bei mir war.«
Endlich bekam sie eine Reaktion. Lachlans rechte Faust ballte sich, wobei sich die Muskeln des Unterarms unter der gebräunten Haut zusammenzogen. Doch seine Stimme blieb erstaunlich ruhig. »Wirklich?«
Plötzlich hatte Rachel einen Eisklumpen im Magen. »Sie kennen ihn, oder?«
Er stellte das Telefon auf die Basis zurück. »Ja.«
»Sie kennen diesen Schleimbeutel, der meiner Tochter nachstellt, und Sie haben es nicht für nötig befunden, das zu erwähnen?«
»Ich habe ihn zuerst nicht erkannt.«
»Aber gestern Abend, als Sie angeboten haben, mit Em zu reden, wussten Sie es bereits.« Sie klagte ihn in einem plötzlich schwindelerregend sicheren Wissen an.
»Ja.«
»Warum haben Sie nichts gesagt?«
»Weil mein Verhältnis zu ihm kompliziert ist.«
»Kompliziert?« Ein rauhes Lachen entrang sich Rachels Kehle. »Großartig, ich kann die Aufklärung kaum erwarten. Was denn? Ist er Ihr lange verschollener Bruder oder Ihr Ex oder so etwas in der Art?«
»Nein.« Er funkelte sie missbilligend an. »Ich habe Ihnen nur nicht gesagt, dass ich ihn kenne, weil ich nicht wollte, dass Sie sich noch mehr Sorgen machen.«
»Sorgen? Weshalb?«
»Vor einiger Zeit –« Lachlan brach ab. Sein Blick huschte zu einem Ölgemälde von heidekrautbedeckten Hügeln, das in der Diele hing, und wieder zurück zu Rachels Gesicht. Ein tiefer Seufzer leitete seine nächsten Worte ein. »Vor drei Jahren habe ich ihn dabei erwischt, wie er mit Ecstasy dealte.«
Ecstasy? Alles Blut wich augenblicklich aus Rachels Gesicht. »Sie wollen mir erzählen, dass er ein Drogendealer ist?«
»Ich fürchte, ja. Damals schien er es ernsthaft zu bereuen. Er versprach mir, sich zu bessern, deshalb habe ich ihn nicht angezeigt. Es ist wohl überflüssig, zu erwähnen, dass ich diese Entscheidung jetzt bedaure.«
»O Gott.« Rachel wankte.
Lachlan schien zu ahnen, dass ihre Beine bald den Dienst versagen würden, und packte Rachel am Arm. Er half ihr auf einen Barhocker, holte rasch eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank und reichte sie ihr. »Trinken Sie.«
Rachel nahm einen Schluck. In ihrem Kopf ging alles wild durcheinander. »Glauben Sie, dass er Em von dem Zeug abhängig gemacht hat? Hat sie sich vielleicht deshalb so seltsam verhalten?«
»Ich habe auf dem Jahrmarkt keinerlei Anzeichen dafür entdecken können«, antwortete Lachlan und setzte sich neben sie. Er legte seine Hand auf ihre und drückte sie sanft. »Und sie hat das Marihuana, das die anderen rauchten, abgelehnt. Nehmen wir zunächst das Beste an.«
»Nein, lassen Sie uns die Polizei rufen, damit sie ihn einsperrt.«
»Aufgrund von was? Einer Vermutung? Wir haben keinen Beweis, dass er sich etwas hat zuschulden kommen lassen. Deshalb muss ich nachher mit Emily sprechen.«
»Ich will etwas unternehmen!« Rachel ergriff Lachlans Hand und grub ihm die Fingernägel ins Fleisch. »Ich muss etwas unternehmen, damit meine Tochter diesen Mistkerl nie wiedersieht.«
»Was wollen Sie tun, Rachel? Emily in ihrem Zimmer einsperren? Sie aus der Schule nehmen? Selbst Tag und Nacht zu Hause bleiben, um sicherzugehen, dass sie das Haus nicht verlässt?«
»Wenn das nötig ist?«
Lachlan schüttelte den Kopf. »Nein, Drew ist derjenige, der aufgehalten werden muss. Nicht Emily.«
»Aber wie? Es scheint nicht leicht zu sein, ihn zu vergraulen.«
»Er will, dass ich mich an seine Fersen hefte, also werde ich genau das machen. Ich werde ihn finden und … mit ihm reden. Vielleicht wird ihn sein Interesse an mir von Emily ablenken.«
»Mit ihm reden? Glauben Sie wirklich, dass Reden die Lösung ist?«
Sein ruhiger Blick
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