Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit
nicht von der Stelle. Er blieb einfach stehen, während ich wegging.
Nach Biologie wartete Sam mit einem breiten Lächeln vor der Tür.
„Hey, Sam. Wartest du etwa auf mich?“
„Ja.“
Ich nickte lächelnd. „Um was geht’s?“
„Hättest du Lust am Freitag mit mir ins Kino zu gehen?“, fragte er.
„Na klar“, antwortete ich, ohne zu überlegen.
Sein Gesicht fing an zu strahlen. „Ich will ein Date. Ich hoffe das ist dir bewusst“, sagte er geradeheraus.
Ich musste erst einmal schlucken, bevor ich antwortete. Ja, er war mehr geworden, doch er war nicht annähernd so viel wie Dante, auch wenn ich das zu verdrängen versuchte. Aber wäre es nicht fair, Sam die Chance zu geben, mein Herz für sich zu gewinnen? Warum sollte ich es für jemanden aufbewahren, der mich nicht einmal wahrnahm, der mich wie Luft behandelte? Ich entschied mich, mit Sam auszugehen.
„Okay, wir haben ein Date“, sagte ich lächelnd.
„Super. Ich komm dich morgen abholen.“
„Ich werde bereit sein.“
„Also, ich muss los, wir sehen uns morgen“, sagte er und zwinkerte mir zu.
„Bye, Sam.“
Ich wartete eine Weile, ehe ich ihm hinaus auf dem Schulhof folgte, um mir darüber klar zu werden, dass ich gerade zu einem Date mit Sam zugesagt hatte.
Ein warmer Wind blies mir sanft um die Nase und ließ die Äste der Bäume tanzen. Der Frühling war heißer, als üblich.
Unauffällig spähte ich zum Parkplatz herüber, in der Hoffnung Dante zu erblicken. Ich entdeckte ihn, wie er mit einem Mädchen vor seinem Auto stand. Sie gestikulierte mit ihrer linken Hand vor seinem Gesicht herum. Offensichtlich stritten sie sich heftig. Ich konnte nicht hören, worum es ging, aber ihr Herumgefuchtelt und der frostiger Blick bestätigten meine Vermutung. Sie war stinksauer. Ihre schwarzen, schulterlangen Haare umrahmten ihr marmorbleiches Gesicht, wie das Gefieder eines Raben. Der rote Lippenstift, den sie trug, ließ eine Märchengestalt vor meinem inneren Auge entstehen: Schneewittchen. Ihr weißer, eleganter Mantel schmiegte sich perfekt um ihren schlanken Körper.
War diese wunderschöne Frau seine Freundin? Diese Frage störte mich mehr, als sie es tun sollte.
Mit einer kurzen Handbewegung beendete er das Gespräch und wandte sich mit einem wütenden Blick von ihr ab. Sie hielt ihn am Arm zurück. Unerwartet sah sie mich an. Sie sah mir direkt in die Augen und sagte etwas zu Dante, was ich nur zu gerne gehört hätte. Er riss seinen Arm aus ihrem Griff und ging in Richtung Schulgebäude, ohne sich umzudrehen.
Ruckartig drehte ich mich weg und machte mich auf, nach Hause zu gehen. Unerwartet stand Dante neben mir. Ich hielt nicht an, sondern beschleunigte meine Schritte.
„Hey, Sara, warte kurz“, bat er.
Aber ich beachtete ihn nicht.
„Warte doch“, bat er wieder und hielt mich an der Schulter zurück.
„Was ist?“, fragte ich scharf mit zusammengebissenen Zähnen.
„Es tut mir leid“, sagte er reumütig.
War das sein Ernst? Dachte er, die letzten Wochen, in denen er nur mit mir sprach, um höflich zu sein, waren mit einem ‚Es tut mir leid’ wiedergutzumachen?
„Wegen heute Nachmittag … ich wollte wirklich mit dir reden.“
„Ich hab’ keine Zeit, Dante.“ Ich drehte mich um und lief los.
„Sara!“ Er lief mir nach.
„Was noch?“ Ich fuhr herum.
„Es tut mir leid“, entschuldigte er sich erneut.
„Was tut dir denn so leid?“, fragte ich gehässig.
„Dass ich in den letzten Wochen so abweisend zu dir war. Es hatte nichts mit dir zu tun.“
Warum sah er mich bloß so an? Anscheinend wusste er nicht, was für eine Wirkung er auf mich hatte. Es fiel mir immer schwerer, ihn böse anzusehen. Ich verfluchte ihn dafür. Er sah wie immer umwerfend aus in seinen kurzen Hosen und dem blauen Hemd, dessen Ärmel er bis zu den Ellbogen hochgekrempelt hatte.
„Auf einmal? Woher kommt der Sinneswandel?“, fragte ich zornig.
„Lässt du es mich wiedergutmachen?“
„Warum sollte ich?“
„Weil du nicht anders kannst“, antwortete er selbstsicher. Er setze sein schüchternes Lächeln auf, dem ich kaum widerstehen konnte.
Völlig perplex von seiner Antwort, stand ich wortlos da. Weil du nicht anders kannst … selbstgefälliger Gockel. Was dachte er eigentlich, wer er war? Ich war fest entschlossen, ihm nicht so schnell zu vergeben. Auch wenn der Drang, in seiner Nähe sein zu wollen, unerträglich war — als wäre ich eine Besessene. Kein Gefühl, das mir unbedingt gefiel. Meine Neugier
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