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Wächter der Venus

Wächter der Venus

Titel: Wächter der Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Ewers
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Schwestern und Brüdern Hilfe zu bringen. Aber die Flotte blieb verschollen. Vielleicht war sie irgendwo zwischen Venus und Erde in eine besonders dichte Zone interstellarer Materie geraten und verbrannt, vielleicht waren die Besatzungen auch von den Kolonisten getötet worden, denn die Zustände auf der Erde hatten die Kolonisten in die Primitivität zurückgeworfen.
    Bevor die Venuswächter dazu kamen, eine neue Hilfsflotte auszurüsten, wirkte sich der Einfluß der Großen Wolke auch auf ihren Planeten katastrophal aus. Das Leben an der Oberfläche vermochte sich nicht schnell genug anzupassen und starb aus. Da die Venusier keine synthetische Nahrung kannten, verhungerten viele von ihnen. Der Rest unterzog sich einem Unterkühlungstiefschlaf.
    Da die Große Wolke keine einheitliche Struktur besaß, kam es zu Phasen der Wiederherstellung der alten Verhältnisse. In diesen Zeiträumen wuchs die Bevölkerungszahl auf der Venus immer wieder an, um während der Kältezeiten wieder reduziert zu werden.
    Der Lebenswille wurde fast völlig gebrochen – und als die Große Wolke endgültig aus dem Sonnensystem verschwand, da blieb nur eine kleine Gruppe von Altvenusiern. Sie setzten die technischen Anlagen unter der Oberfläche wieder in Gang, sie bauten unbemannte Raumsonden und schickten sie auf die Reise, um die Verhältnisse auf der Erde zu studieren.
    Aber nach und nach starben sie aus.
    Agkora war der letzte Wächter der Venus. Er hütete das Erbe der Verformbaren und wertete die Nachrichten aus, die die unbemannten Sonden ihm von der Erde übermittelten.
     
    *
     
    Nachdem der Venusier geendet hatte, war es still in dem Raum unter der Venusoberfläche.
    Ich brauchte lange, um alles zu begreifen, was Agkora mir erzählt hatte – und um zu ermessen, daß mein Weltbild soeben zusammengebrochen war.
    Immerhin verstand ich, daß Agkora kein Feind der irdischen Menschheit sein konnte.
    »Wir Erdmenschen stammen also von euch Venusiern ab?« fragte ich, um mich noch einmal zu vergewissern, ob ich richtig gehört hatte.
    »Wir sind im Grunde genommen noch heute eine einzige Rasse«, erwiderte der Venuswächter. »Die Tatsache, daß Erdmenschen beim Aufenthalt auf der Venus wieder zu vollwertigen Verformbaren werden, beweist es.«
    »Das leuchtet mir ein. Aber warum schickst du dann die Umgeformten als Sabotagetrupps auf die Erde? Warum willst du die menschliche Zivilisation schädigen?«
    »Meine Rasse – unsere Rasse – kann auf der Erde nicht glücklich werden, Berry. Die langanhaltende Stabilität der Umweltverhältnisse erzeugt ein starres, unbewegliches Denken, ein geistiges Beharrungsvermögen, das jeden wirklichen Fortschritt hemmen muß. Bedenke bitte, wie lange die Menschheit dazu gebraucht hat, aus dem Stadium der Primitivität in ein Stadium relativ geringer technischer Fortschritte zu gelangen. Ihr laßt euch praktisch treiben, anstatt aktiv an der Evolution teilzunehmen.«
    »Einen Augenblick, bitte!« unterbrach ich ihn. »Soviel mir gelehrt wurde, ist die Evolution ein gesetzmäßiger Vorgang, der weder beschleunigt noch verzögert werden kann …«
    »Das ist eben der entscheidende Denkfehler von euch Kolonisten!« widersprach Agkora heftig. »Die Evolution stellt keinen vom Menschen unbeeinflußbaren Vorgang dar, sondern sie ist das Produkt intensiver Wechselwirkung zwischen seiner Arbeit und der Umwelt. Ihr hättet bei intensiver Ausnutzung eurer Fähigkeiten schon vor zweitausend Erdjahren das Raumfahrtzeitalter erreichen müssen.«
    »Das mag stimmen, Agkora. Aber meinst du, mit den Sabotageakten ließe sich die Evolution vorantreiben? Etwa, indem die Zivilisation der irdischen Menschheit zerstört wird?«
    »Nein, Berry. Es handelt sich dabei um rein taktische Maßnahmen. Die Menschheit muß wieder vereinigt werden. Das kann aber nur auf der Venus geschehen.«
    »Durch den Regressionsprozeß?«
    »Richtig. Da in der Vergangenheit jedoch alle Versuche, unsere Artgenossen zur Rückkehr zu bewegen, scheiterten, muß ich die Menschheit mit anderen Mitteln zur Venus holen. Sie muß an eine mächtige fremde Rasse glauben, die ihre Existenz bedroht. Vielleicht rafft sie sich dann dazu auf, die Venus zu erobern. Befinden sich aber erst einmal Hundertausende oder Millionen Menschen hier, dann werden sie erkennen, was sie auf der Erde entbehren mußten.«
    Ich war sprachlos.
    Dieser Plan erschien mir so irrsinnig, daß ich mit einemmal an Agkoras Verstand zweifelte.
    Wie konnte er glauben, die Menschheit

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