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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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außerdem die Büste eines römischen Herrschers; dem Bart nach zu urteilen, wahrscheinlich Hadrian. «Bis Petitier auftauchte, war ich ein ganz normaler Student. Ich habe fleißig gelernt und mich gut benommen. Ich habe krampfhaft versucht, nicht aufzufallen. Aber trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – loderte in mir ein furchtbarer Zorn, ein tiefer Groll, dass man mich allein wegen meiner Hautfarbe für minderwertig hielt. Ich glaube, Petitier hat das gespürt. Er hat mich mit radikalen Ideen bestürmt. Er hat zum Beispiel behauptet, dass Hannibal schwarz gewesen sein könnte. Kleopatra auch. Sogar Sokrates. Stellen Sie sich das vor: Diese Ikone der Philosophie und Weisheit, ein Schwarzer.»
    «Das habe ich noch nie gehört», meinte Knox höflich.
    «Aus gutem Grund», erwiderte Franklin lächelnd. «Es stimmt nicht. Oder, genauer gesagt, es gibt herzlich wenig Beweise dafür. Aber es bestätigt eine tiefere Wahrheit, eine, für die es alle Beweise gibt, die man haben will.» Er blieb stehen, um ein Paar Zwergpapageien zu bewundern, die ausgelassen in der Frühlingssonne herumflogen. «Wir Menschen aus dem Westen halten uns für etwas Besonderes, nicht wahr, Mr.   Knox? Wir haben das Bild von uns, dass wir alle aus der Wiege des antiken Griechenland stammen und die großartigen griechischen Traditionen geerbt haben: Demokratie, Wissenschaft, Philosophie, Medizin, Mathematik, Technologie, Architektur, Universitäten. Das Beste der westlichen Kultur schreiben wir der genialen Schöpferkraft zu, die hier vor zweieinhalbtausend Jahren wie durch ein Wunder aufgeblüht ist. Aber durch Petitier habe ich mir dieses Bild genauer angeschaut. Durch ihn habe ich erkannt, dass all diese unzweifelhaft großartigen Dinge, all diese wunderbaren Entdeckungen und Erfindungen … nun ja, dass sie eigentlich nicht griechisch waren. Nein. Sie waren afrikanisch .»

II
    Gaille war noch immer etwas niedergeschlagen wegen des Streits mit Knox, als ihr Flugzeug nach Iraklio startete. Aber es war ein wolkenloser Tag, und sie hatte einen Fensterplatz, sodass der Anblick der leuchtend grünen Inseln weit unten im erstaunlichen Blau des Mittelmeeres sie zunehmend verzauberte. Doch mit dem Landeanflug nach Kreta sank auch ihre Laune wieder. Sie hatte keine Ahnung, was sie nach der Ankunft tun sollte, erst recht nicht, wenn Knox’ Freund Iain Parkes sie nicht dort erwartete. Aber zum Glück erwartete er sie. Zumindest stand in der Ankunftshalle ein großer, fröhlicher und gutaussehender Mann um die dreißig und hielt ein großes Pappschild hoch, auf dem mit rotem Filzstift ihr Name geschrieben stand. «Dr.   Parkes, nehme ich an», sagte sie lächelnd, als sie auf ihn zuging.
    «Iain reicht. Wollen wir uns nicht einfach duzen?», erwiderte er mit einem Grinsen und schüttelte ihr die Hand. «Gern», sagte Gaille und schaute auf das Schild. Mit einem Schmunzeln steckte er es weg. «Aus irgendeinem Grund wollte ich das schon immer mal machen. Obwohl ich mir dabei eher ein Chauffeursoutfit vorgestellt habe, so mit Uniform und Schirmmütze.»
    «Viel glamouröser als Archäologie», meinte Gaille.
    «Und wesentlich besser bezahlt», sagte er lachend. Er hatte ein charmantes, ungekünsteltes Lachen, das sie sofort entspannte. Außerdem war sie froh, dass er mit seiner Bräune, den Khakihosen und dem kurzärmeligen blauen Hemd eher wie ein praktischer Archäologe aussah und nicht wie ein steifer Akademiker.
    «Dann hat Daniel Sie, äh, dich also doch noch erreicht?», fragte sie.
    «Nicht wirklich. Aber er hat mir ungefähr fünfzig Mal auf die Mailbox gesprochen. Ich mache das verfluchte Ding nie an, wenn es sich vermeiden lässt. Ständig versucht jemand, mich anzurufen.»
    «Furchtbar, wenn man Freunde hat, nicht wahr?»
    Er nahm ihr die Tasche ab und hängte sie sich über die Schulter. «Zum Wagen geht’s hier lang», sagte er und marschierte mit einer so natürlichen Autorität zum Ausgang, dass sich die Massen vor ihm zu teilen schienen, ohne dass er es bemerkte.
    «Ich bin wirklich dankbar, dass du mich abholst», sagte Gaille, die beinahe laufen musste, um mit ihm Schritt zu halten. «Du bist doch bestimmt sehr beschäftigt.»
    «Überhaupt nicht.» Offenbar hatte er gemerkt, dass er zu schnell ging, denn er wurde etwas langsamer. Allerdings nur für ein paar Schritte. «In Knossos ist nicht viel los. Über Ostern ist hier überhaupt nichts los.»
    «Tatsächlich? Ich dachte, dass gerade dann viel Trubel herrscht.»
    «Ja, im

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