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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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knarrte die Federung des Volvos; wahrscheinlich hatten sich Sokratis oder Nadja auf ihren Sitzen bewegt. Türen gingen auf und wurden zugeknallt. Lederstiefel und Schuhe versammelten sich, dann setzte eine hitzige Diskussion in einer fremden Sprache ein. Knox lag verkrampft auf dem Asphalt, die spitzen Schottersteine bohrten sich in seine Brust, aber er wagte es nicht, sich zu rühren. Die Mülltonne wurde immer schwerer, und seine Arme begannen vor Anstrengung zu brennen.

III
    Ein alter Pfad schlängelte sich den Hang hinauf, doch Iain hatte es offenbar eilig. Mit großen Schritten nahm er den direkten Weg nach oben und blieb nur alle paar Minuten stehen, um ziemlich ungeduldig auf Gaille zu warten. Trotzdem hatte sie bald Spaß an der Sache. Die frische Luft in der Höhe war angenehm kühl, außerdem war die Gegend unbestreitbar schön. An einem künstlichen See standen Trauerweiden und bewunderten ihr Spiegelbild im ruhigen Wasser. Auf den Stämmen sonnten sich Eidechsen, in der Nähe grasten Schafe. Sie erreichten eine Lichtung, auf der herrlich bunte Bienenkörbe standen, vor denen die Bienen so laut summend umherschwirrten, dass die Luft zu vibrieren schien. «Gibt es hier guten Honig?», fragte sie, nicht nur um zu verschnaufen, sondern um Iain ein bisschen zu bremsen.
    «Den besten», meinte er, drehte sich zu ihr um und marschierte dann rückwärts weiter. «Schon immer. Man sagt sogar, dass Alexander der Große mit kretischem Honig einbalsamiert wurde.» Er schaute sie fragend an. «Und? Du hast doch seine Leiche gefunden.»
    «Was? Glaubst du, ich hätte daran geleckt ?»
    «Wahrscheinlich nicht», erwiderte er lachend. «Wirklich schade, dass wir es nie wissen werden.»
    «Alexander ist in Babylon gestorben», bemerkte Gaille, «Warum sollten die Babylonier kretischen Honig benutzt haben?»
    «Die besten Einbalsamierer kamen damals aus Ägypten. Das müsstest du eigentlich wissen. Alexanders Generäle haben sie holen lassen, und sie haben ihr Handwerkszeug mitgebracht. Ägyptischer Honig taugt nichts. Das hat natürlich mit den Jahreszeiten zu tun. Bienen machen ja nicht aus Spaß Honig. Nimmt man ihnen den Honig weg und sie können keine neuen Pollen sammeln, sterben die Völker aus. Idealerweise benötigt die Imkerei also ein Land, das ständig in Blüte steht.»
    «Wie zum Beispiel Kreta?», meinte Gaille lächelnd.
    «Ganz genau.» Er zeigte über den Berghang auf ein Kaleidoskop aus blühenden Gräsern, Anemonen und Schwertlilien, Orchideen und Affodillen, Mohn und anderen Wildblumen, eingegrenzt durch einen natürlichen Zaun aus gelbem Stechginster und den rosaroten Knospen des Judasbaums, und das alles zu dieser Jahreszeit und gut tausend Meter über dem Meeresspiegel. «Iraklio hieß früher einmal Candia, davon leitet sich unser Wort ‹Kandis› ab. Und das erste alkoholische Getränk, das hier gebraut wurde, war Met. Dionysos gilt normalerweise als Gott des Weins, aber wahrscheinlich war er am Anfang der Gott des Mets. Man könnte sogar sagen, dass einige der ältesten Mythen über ihn im Grunde Anleitungen zum Brauen sind.»
    «Tatsächlich?»
    «Ganz sicher. Met ist eine gefährliche Substanz, wenn man nicht richtig damit umgehen kann. Irgendwie mussten die Menschen damals ihre Rezepte behalten und weitergeben. Schau dir doch nur mal die Struktur der Geschichten und die Verwendung von Zahlen an …»
    Sie kamen durch eine Baumgruppe, am Boden lag ein brauner Teppich aus Laub, Nadeln und Zapfen des vergangenen Jahres sowie Tierkot. Riesige Spinnweben hingen über dem Weg, deren Fäden silbrig funkelten und sich an ihren Händen und im Haar verfingen. Auf der anderen Seite veränderte sich die Landschaft merklich. Der Hang wurde steiler und felsiger. Gaille hatte zunehmend Mühe mitzuhalten. Es lag nicht nur daran, dass Iain viel besser in Form war, seine Stiefel waren auch wesentlich geeigneter für das rutschige, zerklüftete Gelände. In ihren Turnschuhen rutschte sie immer wieder ab und knickte um, sodass ihre Knöchel schon zerkratzt waren und blaue Flecken bekamen.
    Sie holte ihre Flasche heraus, trank ein paar Schlucke von dem warm gewordenen Wasser, spritzte sich dann ein bisschen ins Gesicht und strich sich das Haar zurück. Jetzt, wo sie stehengeblieben war, spürte sie erst, wie hart ihre Waden waren und wie sehr ihre Sehnen schmerzten. Sehnsüchtig schaute sie zu einem mit Moos bedeckten Felsen.
    «Willst du eine Pause machen?», fragte Iain.
    «Muss nicht sein», versicherte sie

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