Waechter des Labyrinths
ihm. «Aber wenn du willst.»
Er lachte amüsiert und verständnisvoll. «Danke», sagte er und setzte seinen Rucksack ab. «Warum nicht.»
EINUNDZWANZIG
I
Auf der Hauptstraße rumpelte ein Militärkonvoi vorbei, gelangweilte Soldaten starrten aus den Truppentransportern. Edouard schaute automatisch auf die Schrotflinte, aber Michail hielt sie außer Sichtweite. Sie warteten geduldig, bis der letzte Wagen verschwunden war, dann wandte sich Michail wieder an Davit und klopfte ihm mit dem Finger auf die Brust. «Und?», fragte er. «Hast du nicht gesagt, sie wären in diese Richtung gefahren?»
«Sind sie auch, Sir», murmelte Davit. «Ich habe sie gesehen.»
«Und wo sind sie dann, verdammte Scheiße?»
«Ich weiß es nicht, Sir.»
«Du weißt es nicht?»
«Nein, Sir.»
«Vielleicht sind sie zu Fuß geflohen», schlug Edouard vor.
«Ja, genau», meinte Michail. «Und ihren Volvo haben sie getragen, oder was?» Er schüttelte verächtlich den Kopf und wandte sich wieder an die anderen. «Wer war das überhaupt? Wo sind die plötzlich hergekommen?»
Da niemand wagte, etwas zu sagen, entstand eine unangenehme Stille. «Vielleicht zwei barmherzige Samariter?», meinte Zaal schließlich.
«Barmherzige Samariter!», höhnte Michail. «Warum sollten uns barmherzige Samariter verfolgen?»
«Sie haben uns nicht verfolgt», sagte Boris. «Es war nur Zufall. Sie waren auf der Straße weit hinter uns.»
«Sie haben uns verfolgt», stellte Michail fest. «Schaut unter den Wagen nach!» Es war Zaal, der den Sender entdeckte. Er riss ihn von der Unterseite des zweiten Mercedes und übergab ihn stolz seinem Boss. Michail wog den Sender in der Hand und wandte sich dann an Edouard. «Das ist Ihr Wagen, oder?»
«Es ist ein Mietwagen», entgegnete Edouard. «Er wurde mir am Flughafen übergeben.»
«Sie haben diese Leute zu mir geführt», sagte Michail. «Sie haben sie direkt zu meinem Haus geführt, verdammte Scheiße.»
«Nein», sagte Edouard und wich zurück. «Ich habe nicht …»
Michail ging einen Schritt auf ihn zu. «Wie konnten Sie nur so dämlich sein? Sie haben die gesamte Operation gefährdet. Sie haben mich gefährdet!»
«Nein», sagte Edouard. Er stieß mit der Wade gegen einen der Blumenkübel, trat zur Seite und stand mit dem Rücken zur Straße am Bordstein. Aber Michail trieb ihn weiter in die Enge. Edouard lächelte unterwürfig und berührte Michail beschwichtigend am Arm.
Michail schaute ungläubig. «Haben Sie mich gerade angefasst?», fragte er.
«Ich wollte nur …»
Michail kam noch einen Schritt näher, sodass Edouard instinktiv zurückwich und auf die Straße trat. Ein Lastwagen hupte und konnte ihm gerade noch ausweichen. Als Edouard zurück auf den Gehweg taumelte, raste sein Herz.
«Und was machen wir jetzt?», fragte Boris.
«Wir suchen diesen Volvo», sagte Michail, der schon wieder das Interesse an Edouard verloren hatte.
«Und wie?»
«Hat sich keiner von euch Idioten das Kennzeichen gemerkt?» Alle schüttelten den Kopf. Michail seufzte und zeigte auf den Sender, den Zaal in der Hand hielt. «Dieses Scheißding muss irgendjemandem gehören. Findet heraus, wem. Und dann serviert ihr mir ihre Scheißköpfe auf einem Tablett.»
«Aber wie sollen wir …»
«Auf einem Tablett, verdammt», sagte Michail. «Sonst seid ihr dran.» Er schaute auf seine Uhr. «Ihr habt drei Stunden. An eurer Stelle würde ich die Zeit gut nutzen.»
II
Als Gaille höher kletterte, hörte sie ein seltsames Rauschen, das wie ein reißender Fluss klang. Doch erst nachdem sie sich mit brennenden Beinen und zitternd vor Erschöpfung noch eine Weile weiter nach oben gequält hatte, entdeckte sie, was es war: der Wind, der zwischen zwei Gipfeln über einen schmalen Pass hinwegfegte. Davor hatten sich graue Wolken gesammelt, die wie elende Geister vor den Toren der Hölle auf Einlass warteten.
Es kühlte schnell ab; die kalte Luft strömte durch diesen engen Spalt, und der Wind peitschte ihr entgegen, sodass sie in ihrer dünnen Bluse zu frieren begann und die Hosenbeine um ihre Knöchel flatterten. Sie zitterte am ganzen Leib und träumte von Pullovern und dicken Jacken. Auch die Sicht wurde schlechter, an manchen Stellen waren die Wolken so dicht wie eine Nebelbank. Sie kamen an einen Stacheldrahtzaun, auf dessen Holzpfählen gespenstische Ziegenschädel steckten, als sollten sie ungebetene Besucher abschrecken. «Bist du sicher, dass wir hier weiterdürfen?», fragte sie.
«Mach dir deswegen
Weitere Kostenlose Bücher