Wächter des Mythos (German Edition)
Diaz auf und davon.«
Der Sekretär Vikar Dario sah ihn besorgt an. »Auch Seine Heiligkeit, Papst Gregor I., irrte, als er Maria Magdalena 591 in seiner Predigt als Hure bezeichnete.«
Der Kardinal warf dem Sekretär einen verärgerten Blick zu und überging seine Anspielung. »Der Benediktiner aus Silos war der Bruder von Diaz, und Alinas Vater der Pilger, der uns den Kelch damals direkt vor der Nase weggeschnappt hat. Nun hat auch dieser Nuntius mit seinem misslungenen Anschlag versagt. Sie sind auf und davon, von beiden fehlt jede Spur!«
»Vielleicht werden wir durch die Tochter des Pilgers und den Bruder des Ketzermönchs jetzt ja finden, was wir bisher vergebens gesucht haben.«
» So , was suchen wir denn?«, brummte der Kardinal mürrisch.
»Den Kelch!«, antwortete ihm sein Sekretär pfäffisch.
»Ja und?«
»Weshalb sollte dieser Gabriel denn sonst nach Basel und anschließend nach Thailand geflogen sein? Er sucht den Kelch und sie weiß, wo dieser zu finden ist.«
»Gut«, sagte der Kardinal und verzog missbilligend das Gesicht, »dann lassen wir sie so lange laufen, bis sie diesen vermaledeiten Kelch gefunden haben.«
»Ist ihnen denn nicht schon dieser Monsignore Sandino de Vegio auf den Fersen?«, fragte der Vikar beiläufig.
»Der Erzbischof ist ein abgefeimter Fuchs und eine wahre Plage für den Vatikan. Ich weiß wirklich nicht, wie er das immer schafft, so schnell an seine Informationen heranzukommen.«
»Doch Monsignore Sandino wird sie sicherlich finden und somit auch den Kelch.«
»Richtig! Dann müssen wir eben nur noch seine Aktivitäten überwachen lassen. Übrigens, was halten Sie von der Priesterbruderschaft?«
»Die Priesterbruderschaft?« Der Vikar zog angewidert die Brauen zusammen. »Sie leugnen noch immer die Existenz nationalsozialistischer Gaskammern und legen das Leiden Christi ohne Unterschiede allen Juden zur Last. Deshalb sind sie der Meinung, gute Juden müssten Christen werden.«
»So sollte es nicht nur mit den Juden, sondern mit allen Religionen sein. Denn die Vielfalt des Glaubens ist allein in der katholischen Kirche zu finden. Es gib nur einen Gott!«
»Und seinen Sohn Jesus Christus, Amen«, murmelte Vikar Dario leise.
»Es gibt nur einen Gott!«, wiederholte der Kardinal bestimmt. »Die Priesterbruderschaft hat jedenfalls einen guten Grund, die Religionsfreiheit abzulehnen.«
»Aber sie sprechen auch den Kirchen der Reformation ihre Existenzberechtigung ab. Denn sie sehen in ihnen eine Entwicklung der Aufklärung, die zu Revolution, Marxismus und Atheismus führt.«
Die kalten Augen des Kardinals blickten seinen Sekretär fragend an, dann gewährten sie ihm mildernde Umstände. »Nun, lieber Vikar, Christen sind Christen, sie glauben wenigstens an ein und denselben Gott. Ich werde mit dieser gottesfürchtigen Priesterbruderschaft Kontakt aufnehmen.«
* * *
Nachdem Alina und Gabriel von Paris weiter nach Avignon geflogen waren und jetzt mitten durch das bezaubernde Südfrankreich fuhren, wurde Gabriel klar, dass Alina nicht übertrieben hatte. Diese malerischen Orte waren tatsächlich ein kleines Wunder. Über Jahrhunderte hinweg hatten sie sich entwickeln können und waren von willkürlichen Baumaßnahmen verschont geblieben.
Die oft bescheidenen, felsgrauen oder weißen Häuser schienen mit der Landschaft verwachsen zu sein. Als die Sonne hinter der unwirklichen Landschaft zu verschwinden begann, erreichte sie das kleine Dorf, in dem sich das Haus von Alinas Vater befand. Sie stellten das Auto vor der Kirche ab und zielstrebig steuerte Alina auf einen kleinen Laden zu, vor dem ein älterer, sonnenverbrannter Mann schon damit beschäftigt war, die Auslagen zusammenzuräumen, um den Laden zu schließen. Mit zwei Plastiktüten bepackt und einem Baguette unter dem Arm verließ Alina wenig später den Laden. Zu Fuß liefen sie gemeinsam eine enge, kleine Straße hinaus, an deren Ende das Haus lag.
In der ruhigen und gelassenen Atmosphäre des Dorfes lag das Haus mit geschlossenen Läden hinter einem kleinen Vorgarten, geschützt durch ein großes schwarzes Tor. Das Steinhaus, dessen jüngster Teil vermutlich aus dem 16. Jahrhundert stammte, lag nahe am Südhang des Weilers, umgeben von Wäldern und Wein. Gabriel stellte ihr Gepäck vor der mit Efeu umrankten Gartentür ab und atmetet mit langen Zügen die herrliche Abendluft in sich hinein.
»Am besten frühstückt man hier im Innenhof unter dem großen, Schatten spendenden Baum«, sagte Alina,
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