Wächter
hatte ein gerötetes Gesicht und brachte Fische an einer Schnur mit - er war auf dem Michigan-See gewesen. Nachdem er sich aus den Pelzen geschält hatte, präsentierte er sich als ein hoch gewachsener junger Mann, größer noch als sein Vater. Und er hatte Joshs offenen Gesichtsausdruck, sagte Bisesa sich, die gleiche Neugier und Aufgeschlossenheit. Er war dünn, machte sonst aber einen gesunden Eindruck. Die rechte Wange war durch einen bläulichen Fleck gezeichnet, der vielleicht von einer Erfrierung herrührte, und das Gesicht glitzerte von einem Öl, das sich als ein Robbentran-Extrakt erwies.
Emeline nahm die Fische an sich, um sie abzuschuppen und auszunehmen. Dann kehrte sie mit einer Tasse Tee für Joshua zurück. Er bedankte sich und kippte den heißen Tee in einem Zug hinunter.
»Mein Vater hat mir von Ihnen erzählt, Miss Dutt«, sagte Joshua unsicher zu Bisesa. »Von Ihrem Einsatz in Indien.«
»Wir kamen aus verschiedenen Welten.«
»Mein Vater sagte, dass Sie aus der Zukunft stammten.«
»Das stimmt. Jedenfalls aus seiner Zukunft. Abdikadirs Vater ist auch mit mir durchgekommen. Wir kamen aus dem Jahr 2037, also ungefähr hundertfünfzig Jahre nach der Zeitscheibe Ihres Vaters.«
Sein Ausdruck war ebenso höflich wie nichtssagend.
»Ich nehme an, das alles ist etwas zu weit weg für Sie.«
Er zuckte die Achseln. »Es macht keinen Unterschied. Diese ganze Geschichte wird jetzt überhaupt nicht stattfinden, nicht wahr? Wir werden nicht in Ihren Weltkriegen kämpfen müssen und so weiter. Das ist die Welt, die wir haben, und wir müssen in ihr leben. Aber das ist kein Problem für mich.«
Emeline schürzte die Lippen. »Joshua genießt sein Leben, Bisesa.«
Es stellte sich heraus, dass er als Ingenieur an den Schienensträngen von New Chicago arbeitete. Aber seine Leidenschaft war das Eisfischen, und wann immer er frei hatte, kam er zur alten Stadt zurück, um sich in die Pelze zu hüllen und aufs Eis zu gehen.
»Er schreibt sogar Gedichte darüber«, sagte Emeline. »Die Fischerei, meine ich.«
Der junge Mann wurde rot. »Mutter …«
»Er hat wenigstens das von seinem Vater geerbt. Eine Begabung für Wörter. Aber bei der ständigen Papierknappheit …«
»Und was ist mit seinem Bruder - Ihrem älteren Sohn, Emeline? Wo ist er?«
Ihr Gesicht verschloss sich. »Harry ist vor ein paar Jahren weggegangen.« Das quälte sie offensichtlich; sie hatte es auch nie zuvor erwähnt. »Er sagte, er würde sich wieder melden, aber das hat er natürlich nicht getan - das tun sie nie.«
»Er glaubt, dass er verhaftet würde, wenn er zurückkommt«, sagte Joshua.
»Bürgermeister Rice hat vor einem Jahr eine Amnestie erklärt. Wenn er sich nur melden würde, nur für einen Tag zurückkäme, damit ich ihm sagen könnte, dass er nichts zu befürchten hat.«
Sie vertieften dieses Thema noch etwas, und Bisesa begriff. Weggang: Ein paar von Chicagos jungen Leuten, die auf Mir geboren und den Reizen der außergewöhnlichen Landschaft erlegen waren, in der sie sich befanden, hatten beschlossen, den heldenhaften Kampf ihrer Eltern um die Rettung von Chicago und den noch kühneren Versuch, eine neue Stadt südlich des Eises zu erbauen, aufzugeben. Sie gingen einfach weg und verschwanden im Schnee oder im Grün des Graslands im Süden.
»Man sagt, dass sie wie Eskimos leben«, sagte Joshua. »Oder vielleicht wie Indianer.«
»Ein paar von ihnen haben sogar Nachschlagewerke aus den Bibliotheken und Exponate aus den Museen mitgehen lassen, um sie als Vorlage für den Aufbau einer Existenz zu nutzen«, sagte Emeline bitter. »Zweifellos sind viele dieser jungen Dummköpfe inzwischen tot.«
Es war klar, dass das ein wunder Punkt zwischen Mutter und Sohn war; vielleicht träumte Joshua davon, seinem älteren Bruder nachzueifern.
Emeline unterbrach das Gespräch, indem sie aufstand und verkündete, dass sie in die Küche gehen musste, um das Mittagessen vorzubereiten: Sie würde ihnen Joshuas Fische servieren und eine Beilage aus Mais und Gemüse, das aus New Chicago eingeführt worden war. Joshua zog sich auch zurück, um sich zu waschen und umzuziehen.
Nachdem sie gegangen waren, schaute Abdi Bisesa an. »Es gibt hier Spannungen.«
»Ja. Ein Generationskonflikt.«
»Aber die Eltern haben doch recht, nicht wahr?«, sagte Abdi. »Die Alternative zur hiesigen Zivilisation ist die Steinzeit. Diese Weggänger werden - falls sie überleben - innerhalb
von zwei Generationen Analphabeten sein. Und dann gibt es
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