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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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für sie nur noch eine mündliche Überlieferung. Sie werden vergessen, dass ihre Art von der Erde kam, und falls sie sich überhaupt noch an die Diskontinuität erinnern, wird es ein mythisches Ereignis sein wie die Sintflut. Und wenn die kosmische Ausdehnung das Gefüge der Welt bedroht …«
    »Sie werden nicht einmal ahnen, was sie zerstört.« Und vielleicht wäre es auch besser so, sagte sie sich wehmütig. Wenigstens könnten diese Weggänger und ihre Kinder noch ein paar Generationen in Harmonie mit der Welt genießen, anstatt einen endlosen Kampf gegen sie zu führen. »Gibt es bei euch zu Hause keine derartigen Konflikte?«
    »Alexander erschafft ein Weltreich«, sagte Abdi nach kurzer Überlegung. »Ihr könnt das nun für klug oder verrückt halten, aber Ihr müsst zugeben, dass es etwas Neues ist. Es ist schwer, sich dem zu entziehen. Ich glaube nicht, dass wir allzu viele Weggänger haben. Nicht dass Alexander uns das erlauben würde«, ergänzte er.
    Zu Bisesas Erstaunen klingelte ein Telefon irgendwo in der Wohnung. Es war ein altmodisches, unregelmäßiges und geradezu »schüchternes« Klingeln und wurde durch die Wandverkleidung gedämpft. Aber es klingelte. Telefone und Zeitungen: Die Chicagoer hielten ihre Stadt wirklich am Laufen. Sie hörte, wie Emeline abhob und leise sprach.
    Emeline kam in den Vorraum zurück. »Ich habe eine gute Nachricht. Bürgermeister Rice möchte Sie sprechen. Sie sind ihm bereits avisiert worden; ich habe ihm von New Chicago geschrieben. Und es wird ein Astronom anwesend sein«, sagte sie geradezu triumphierend.
    »Das ist gut«, sagte Bisesa unsicher.
    »Das Treffen findet heute Abend statt. Wir haben also noch Zeit zum Shopping.«
    »Shopping? Machen Sie Witze?«
    Emeline eilte geschäftig aus dem Raum. »Mittagessen in einer halben Stunde. Bedienen Sie sich noch mit Tee.«

{44}
ATHENE
    Das Mars-Deck glich einem Gang, der allmählich in beide Richtungen anstieg, sodass man bei der Begehung das eigenartige Gefühl hatte, sich immer am tiefsten Punkt einer Mulde zu befinden und nie nach oben zu kommen. Die Gravitation war das schwache Ein-Drittel-Ge, dem Myra auf dem Mars auch unterworfen gewesen war. Das ganze Ambiente war in marsianischem Ocker gehalten: die Kunststoffwände und der Teppichboden. Es gab Wannen mit einem Inhalt, der wie roter Marsboden aussah, mit lebendigen irdischen Pflanzen, überwiegend Kakteen.
    Es war kaum zu glauben, dass sie sich im Weltraum befand - und dass sie bei einer Fortsetzung der Wanderung eine Schleife beschreiben und an diesen Ausgangspunkt zurückkehren würde.
    Alexej beobachtete ihre Reaktion. »Es ist eine typische irdische Architektur«, sagte er. »Wie die Lebenskuppeln auf dem Mars mit dem Gewitter und den Zoos. Sie begreifen nicht, dass man all das nicht braucht und dass es nur im Weg ist …«
    Auf Myra machte das Ambiente einen sterilen Eindruck wie ein Flughafenterminal.
    Lyla führte die drei in ein Büro, das direkt am Hauptkorridor lag. Es war nichts Besonderes - mit einem Konferenztisch, den üblichen Softscreen-Anlagen und einem Tisch mit Kaffeemaschinen und Wasserkrügen.
    Und hier sprach Athene mit ihnen.
    »Sie werden sich wohl fragen, weshalb ich Sie heute hergebeten habe.«

    Niemand lachte. Juri stellte die Reisetaschen in der Ecke des Konferenzraums ab, und dann bedienten sie sich mit Kaffee.
    Myra setzte sich und guckte herausfordernd in die leere Luft. »Meine Mutter sagte immer, dass du einen Ruf als Komikerin genießt.«
    »Aha«, sagte Athene. »Aristoteles nannte mich zickig. Ich hatte nie Gelegenheit, mit Bisesa Dutt zu sprechen.« Ihre Stimme war ruhig und kontrolliert. »Aber ich habe mit vielen gesprochen, die sie kannten. Sie ist eine bemerkenswerte Frau.«
    »Sie sagte immer, dass sie eine gewöhnliche Frau sei, der außergewöhnliche Dinge widerfahren.«
    »Aber andere wären angesichts ihrer außergewöhnlichen Erlebnisse vielleicht zerbrochen. Bisesa erfüllt weiterhin ihre Pflicht oder das, was sie dafür hält.«
    »Du sprichst von ihr in der Gegenwart. Ich weiß nicht, ob sie tot oder lebendig ist. Ich weiß nicht einmal, wo sie ist.«
    »Aber Sie haben einen Verdacht, nicht wahr, Myra?«
    »Ich weiß nicht, was ich überhaupt mit dir zu bereden hätte. Wieso bist du hier ?«
    »Beobachtung«, sagte Athene sanft.
    Das Licht im Raum wurde etwas gedimmt, und eine Holografie erschien über der Tischplatte vor ihnen.
    Die Erscheinung war hässlich und stachelig und sah aus wie eine

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