Wächter
aufrechtzuerhalten. Aber wenn die ganze Fracht nur aus Meerwasser besteht …«
»Wir nennen es Bimini«, sagte Bella. »Das ist eine passende Bezeichnung. Die Indianer hatten Ponce de Leon von einem Jungbrunnen auf einer Insel namens Bimini erzählt. Er hat sie zwar nie gefunden, ist dafür aber über Florida gestolpert …«
»Ein Jungbrunnen?«
»Ein Brunnen mit Wasser von der Erde, das den Welten ihre Jugend zurückgibt. Zuerst dem Mond, dann der Venus. Schau, Edna, ich hatte das als Demonstration für die Spacer geplant, dass wir es ernst meinen. Es wird zwar noch Jahrhunderte dauern, aber mit einem solchen Ressourceneinsatz rückt Terraformung zum ersten Mal in den Bereich des Möglichen. Und wenn der Meeresspiegel der Erde um einen Bruchteil sinkt und die Erddrehung sich unmerklich verlangsamt, um die anderen Welten wieder blau zu machen, halte ich das für ein durchaus vertretbares Opfer, oder?«
»Du musst verrückt geworden sein, Mama. Aber das ist großartig.« Edna zog sie an sich und küsste sie.
Thales meldete sich. »Das ist ein sicherer Kanal. Bella, Edna - die größte Annäherung der Q-Bombe erfolgt in einer Minute.«
Sichere Leitung hin oder her, die Nachricht schien sich wie ein Lauffeuer zu verbreiten. Schweigen erfüllte die Festzelte und legte sich über die Menschenmenge auf Canaveral. Plötzlich schlug die ausgelassene Feierstimmung um. Edna nahm Thea von John Metternes’ Schultern und hielt sie ganz fest. Bella ergriff die Hand ihrer Tochter und drückte sie fest.
Sie schauten empor in den strahlenden Himmel.
{55}
Q-BOMBE
Die Entscheidung war gefallen. Die Bombe peilte bereits den Zielpunkt ihrer neuen Bahn an.
Die blaue, wimmelnde Welt mit den vielen Menschen fiel hinter ihr zurück.
Wie jede halbwegs fortgeschrittene Maschine war die Q-Bombe bis zu einem gewissen Grad empfindungsfähig. Und ihre kalte Seele verspürte einen Hauch von Bedauern, als sie ein halbes Jahr nach dem Vorbeiflug an der Erde im Sand des Mars einschlug und das Denken für immer einstellte.
{56}
MARS 2
November 2071
Der Staub war außergewöhnlich dicht hier am Hellespont - sogar für den Mars, das »Staub-Museum« des Sonnensystems.
Myra saß mit Ellie von Devender im Kuppel-Cockpit, während der Rover über die Bodenerhebungen und flachen Dünen hoppelte. Das war die südliche Hemisphäre des Mars, und sie fuhren durch die Berge des Hellespont, eine niedrige Hügelkette nicht weit vom westlichen Rand des Hellas-Beckens. Die Räder des Rovers wirbelten riesige Staubwolken auf, und das Zeug flog vor die Windschutzscheibe und raubte ihnen die Sicht. Die Infrarot-Scanner und selbst das Radar waren unter diesen Umständen nutzlos.
Myra hatte sich lang genug mit Weltraumtechnologie befasst, um zu wissen, dass sie ihr Vertrauen in die Maschinerie setzen musste, die sie schützte. Der Rover kannte den Weg - zumindest in der Theorie - und folgte stur seiner Programmierung. Aber es lief doch all ihren Instinkten zuwider, einfach blindlings vorzupreschen.
»Aber wir können nicht verlangsamen«, sagte Ellie abwesend. »Wir haben keine Zeit.« Sie sondierte astronomische Daten und schaute nicht einmal aus dem Fenster wie Myra. Aber ihre Hauptaufgabe war auch viel wichtiger: die exakte Schadensfeststellung aufgrund des Einschlags der Q-Bombe, der vor fünf Monaten auf dem Mars erfolgt war.
»Aber dieser ganze Staub «, sagte Myra. »Das hätte ich nicht einmal auf dem Mars erwartet.«
Ellie hob die Augenbrauen. »Myra, dieses Gebiet ist berüchtigt für seinen Staub. Hier scheint der Ursprung der meisten globalen Staubstürme zu sein. Sie haben das nicht gewusst? Herzlich willkommen in der ›Staubzentrale‹. Aber Sie wissen, dass wir in Eile sind. Wenn wir die alte Dame nicht zu ihrem hundertsten Geburtstag finden, werden wir die sentimentalen Bevölkerungen ganzer Welten enttäuschen.« Sie grinste Myra ganz entspannt an.
Sie hatte recht. Während jeder darauf wartete, in schonungsloser Offenheit über die düsteren Zukunftsaussichten des Planeten aufgeklärt zu werden, war der elektronische Blick der ganzen Menschheit auf den Mars und die Marsianer gerichtet. Er war mitfühlend oder morbide, je nach Standpunkt. Und beim ganzen hektischen Aktionismus vor der endgültigen Evakuierung des Mars hatte nichts die Phantasie der Öffentlichkeit so angeregt wie das, was alte Zyniker wie Juri als »Schatzsuche« bezeichneten.
Der Mars wurde mit den Reliquien aus der Pionierzeit der unbemannten Erforschung
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