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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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künstlichen Staubsturm des Rovers gefiltert wurde, schwand allmählich. Myra befürchtete schon, dass sie das Wrack der Mars 2 vielleicht gar nicht mehr finden würden, als an diesem Jahrestag das Licht ausging.
    Dann lehnte Ellie sich zurück und starrte auf eine komplexe Kurve auf ihrer Softscreen.

    Myra musterte sie. Sie kannte diese nervige Physikerin inzwischen so gut, um zu wissen, dass von ihr keine übermäßigen Gefühlsregungen außer Verärgerung zu erwarten waren. Dieses Zurücklehnen und das Starren waren für Ellie ein regelrechter Temperamentsausbruch.
    »Was gibt’s denn?«
    »Da ist es.« Ellie tippte auf den Bildschirm. »Das Schicksal des Mars. Wir haben es ergründet.«
    »In Ordnung. Können Sie mir das auch in einfachen Worten mitteilen?«
    »Das werde ich wohl müssen. Laut dieser Nachricht soll ich in ein paar Stunden an einer Drei-Welten-Pressekonferenz teilnehmen. Natürlich ist die Mathematik immer leichter. Genauer.« Nachdenklich schielte sie nach draußen auf den Staub. »Ich will es einmal so ausdrücken: Wenn wir den Himmel sehen könnten, und wenn wir ein hinreichend starkes Teleskop hätten, würden wir die am weitesten entfernten Sterne zurückweichen sehen. Als ob die Ausdehnung des Weltalls sich plötzlich beschleunigt hätte. Aber wir würden das gleiche Bild nicht von der Erde aus sehen.«
    »Was bedeutet das also?«, fragte Myra nach kurzer Überlegung.
    »Die Q-Bombe ist eine kosmologische Waffe. Das haben wir immer gewusst. Eine Waffe, die von der Kosmoserschaffungs-Technologie der Erstgeborenen abgeleitet wurde. Ja?«
    »Ja. Also …«
    »Also hat sie den Mars in sein eigenes kleines Universum projiziert. Eine Art Ableger. In diesem Augenblick wird das Mars-Baby-Universum mit der Mutter verbunden. Aber das Baby gerät auf Abwege und lässt den Mars isoliert zurück.«
    Myra versuchte ihr zu folgen. »Isoliert in seinem eigenen Universum?«
    »Ganz genau! Keine Sonne, keine Erde. Nur der Mars. Wie Sie sehen, sollte diese Waffe nur … ähm … einen Brocken aus der Erde herauslösen . Was zwar eine globale Verwüstung verursacht,
aber den Planeten selbst mehr oder weniger intakt gelassen hätte. Für den Mars ist das aber eine Spur zu heftig. Es wird diese kleine Welt zerreißen.« Sie grinste, aber ihr Blick war freudlos. »Es wird einsam sein in diesem neuen Universum. Kalt obendrein. Doch es wird nicht lange währen. Das Baby-Universum wird implodieren. Obwohl es sich innen wie eine Ex plosion anfühlen wird. Es ist ein maßstabsgetreues Modell des Großen Risses , der eines Tages unser ganzes Universum auseinanderreißen wird. Sozusagen ein Kleiner Riss .«
    Myra ließ sich das durch den Kopf gehen und versuchte sich nicht im Paradoxon aus Implosion und Explosion zu verheddern. »Woher wollen Sie das alles überhaupt wissen?«
    Ellie deutete auf den verdunkelten Himmel. »Durch das Zurückweichen der Sterne, das wir mit Teleskopen auf dem Mars beobachtet haben und das man von der Erde aus nicht sieht. Es ist natürlich ein Trugbild. In Wirklichkeit weicht das Mars-Universum von der Mutter zurück. Oder auch umgekehrt.«
    »Aber wir können den Planeten noch immer verlassen. In den Weltraum gelangen und zur Erde zurückkehren.«
    »O ja. Fürs Erste. Es existiert eine glatte Schnittstelle zwischen den Universen.« Sie schaute auf ihren Bildschirm und scrollte durch weitere Ergebnisse. »Überhaupt ist das ein faszinierender Vorgang. Ein Baby-Universum, das in der Mitte unseres Sonnensystems geboren wird! Wir lernen gerade mehr über Kosmologie als in einem Jahrhundert. Ich frage mich, ob die Erstgeborenen eigentlich wissen, was sie uns alles beibringen …«
    Myra ließ unbehaglich den Blick durchs Cockpit schweifen. Falls sie wirklich von Hackern ausgespäht wurden, würde diese kühle akademische Vorlesung nicht gut ankommen. »Ellie. Verwandeln Sie sich nur für einen Moment wieder in ein menschliches Wesen.«
    Ellie schaute sie scharf an. Aber sie protestierte nicht gegen diese Verunglimpfung. »Verzeihung.«
    »Wie lang?«

    Ellie warf wieder einen Blick auf den Bildschirm und scrollte durch die Resultate. »Die Daten sind noch nicht analysiert. Es ist schwer zu sagen. Ein Schätzwert - noch drei Monate bis zur Ablösung.«
    »Dann muss der Mars also bis wann - Februar - evakuiert werden?«
    »Richtig. Und dann vielleicht noch einmal drei Monate bis zur Implosion des Baby-Universums.«
    »Und dem Ende des Mars.« Eine Gnadenfrist von nur noch einem halben Jahr für

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