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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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dass das ein symbolträchtiger Moment war. Der größte Teil der menschlichen Population des Mars war schon lange weg und hatte alles mitgenommen, was sie tragen konnten. Die verschiedenen KI, die die Stützpunkte und Rover und Ausrüstung »beseelt« hatten, waren - gemäß den
gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz nichtmenschlicher juristischer Personen - gespeichert worden; doch zumindest waren Kopien von ihnen an Speicher außerhalb des Planeten übermittelt worden. Aber es gab nichts, was ein menschliches Herz mehr anrührte als der Anblick des letzten Bündels, das an Bord des letzten Schiffs verladen wurde, eines letzten Fußabdrucks, das Schließen der letzten Luke.
    Das war auch der Grund, weshalb hier überall Kameras umherrollten, schwebten und flogen. Und weshalb eine chinesische Delegation abseits der Szenerie stand. Und weshalb die hektische Beladung durch die Anwesenheit von Bella Fingal verzögert wurde, der abgesetzten Vorsitzenden des Weltraum-Rates. Sie steckte in einem Mars-Anzug, der ihr zwei oder drei Nummern zu groß war, und wurde von einer kleinen Menschenmenge umringt.
    »Eine Stunde«, ertönte eine weiche synthetische Stimme in Myras Helm. Sie sah anhand der subtilen Reaktionen der anderen, dass sie alle die gleiche Meldung erhalten hatten. Noch eine Stunde bis zum Verlassen des Mars, bevor - nun, bevor etwas Unvorstellbares geschah.
    Myra driftete zu der Menschentraube zurück, die in ihren Anzügen wie eine Zusammenrottung dicker grüner Schneemänner aussah.
    »Es ist eine Schande«, sagte Bella nun, »dass es uns nicht möglich war, diesen letzten Start in Port Lowell durchzuführen.« Stattdessen befanden sie sich fünfzig Kilometer von Lowell entfernt auf der Xanthe Terra, einer Bucht im Umkreis des großen Vastitas Borealis. »Es wäre passend gewesen, wenn der letzte menschliche Start vom Mars an dem Ort stattgefunden hätte, wo Bob Paxton und seine Mannschaft erstmals gelandet waren.«
    »Vielleicht wäre das ja möglich gewesen, wenn Lowell nicht noch radioaktiv verstrahlt wäre«, knurrte Juri O’Rourke. Er rief Hanse Critchfield auf, der stolz eine Lade mit Materialien trug. »Frau Vorsitzende. Hier bitte«, sagte er ungezwungen.
»Das ist eine Auswahl der wissenschaftlichen Materialien, die wir in diesen letzten Monaten gesammelt haben. Wenn Sie einen Blick darauf werfen wollen. Proben von einer Reihe geologischer Einheiten - vom südlichen Hochland über die nördlichen Ebenen bis zu den Hängen der großen Vulkane. Kerneisbrocken von den Polkappen, die mir besonders am Herzen liegen. Und das vielleicht Wertvollste von allem: Proben des Marslebens. Es gibt Überbleibsel aus der Vergangenheit; sehen Sie, wir haben hier ein Fossil vom sedimentären Meeresboden, dazu einheimische Organismen vom heutigen Tag und Proben der transgenen Lebensformen, mit denen wir experimentiert haben.«
    »Essbare Marsianer«, sagte Grendel Speth trocken.
    Bella Fingal war eine kleine, müde wirkende Frau von nun fast sechzig Jahren. Die Geste schien sie wirklich zu berühren. Sie lächelte durch ihre Gesichtsplatte. »Vielen Dank.«
    »Nur schade«, sagte Juri, »dass wir Ihnen kein Fläschchen Kanal-Wasser überreichen können. Oder ein Stativbein von einem Mars-Kampfroboter. Oder ein Ei, das von einer Prinzessin gelegt wurde … ich hätte Ihnen auch gern einen Wernher-von-Braun-Gleiter gezeigt. Das war das erste ernsthafte Konzept für einen Flug zum Mars, müssen Sie wissen. Es sah eine Gleitlandung auf dem Eis der Pole vor. Und wenn das schon die Vergangenheit ist, ist es umso bedauerlicher, dass Sie die Zukunft des Mars nicht sehen werden. Eine vollwertige menschliche Welt, eingebunden in ein interplanetarisches wirtschaftliches und politisches System …«
    Myra berührte ihn am Arm, und er verstummte.
    Bella lächelte. »Ja. Das ist auch das Ende einer menschlichen Geschichte, nicht wahr? Keine Marsträume mehr. Aber wir werden ihn nicht vergessen, Juri. Ich kann Ihnen versichern, dass das Studium des Mars fortgesetzt wird, auch wenn der Planet selbst verloren ist. Wir werden unsere Kenntnisse über den Mars vertiefen und versuchen, seine Geheimnisse zu lüften.

    Und in diesem letzten Moment möchte ich Ihnen nochmals darlegen, weshalb es das alles wert gewesen ist - sogar zu diesem schrecklichen Preis.«
    Sie sagte, dass weitere Beobachtungsergebnisse von Cyclops vorlägen.
     
    Die große Sternwarte war vor dem Sonnensturm errichtet worden, um nach erdähnlichen Welten zu suchen. Seit

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