Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
Vom Netzwerk:
riesige Flächen der staubigen Lava-Ebenen der Mare schienen Furchen gezogen worden zu sein. In den Maren wurde Tagebau betrieben und der im Staub gebundene Sauerstoff, Wasser und Mineralien gewonnen. An den Polen waren riesige Solarzellen-Farmen angelegt worden, die wie funkelnde Kleckse aussahen, und neue Sternwarten glitzerten wie Quarzbrocken - sie bestanden aus pechschwarzem Glas, das mit Mikrowellen direkt aus dem Mondstaub extrahiert worden war. Und um den Äquator spannte sich ein schimmernder Chromgürtel: das Alephtron, der größte Teilchenbeschleuniger im Sonnensystem.
    Irgendwie nahm Bisesa an dieser ganzen Industrialisierung Anstoß. In dem einen Jahrhundert seit dem ersten kleinen Schritt von Armstrong war der Mond förmlich umgekrempelt worden, nachdem er zuvor vier Milliarden Jahre in chthonischer Ruhe verharrt hatte. Die wirtschaftliche Entwicklung des Monds war immer der Traum von Bud Tooke gewesen. Doch nun fragte sie sich, wie die Erstgeborenen, die wahrscheinlich noch älter waren als der Mond, dieses chaotische Treiben wohl einschätzen würden.

    Myra zeigte mit dem Finger. »Mama, sieh mal dort, in Imbrium.«
    Bisesa schaute in die gewiesene Richtung. Sie sah eine Scheibe, die einen Durchmesser von mehreren Kilometern haben musste. Sie schimmerte im reflektierten Sonnenlicht, und wabernde Wellen breiteten sich auf ihr aus.
    »Das ist die Sonnensegel-Fabrik«, murmelte Alexej. »Dort werden das Gewebe und die Bor-Schicht auf die Folie aufgebracht - sie wird in Rotation versetzt, um sie gegen die Schwerkraft des Monds zu stabilisieren.«
    Diese schimmernde Scheibe schien sich zu drehen und zu wellen, und dann schälte sie sich plötzlich wie eine sich öffnende Knospe sauber vom Mondmeer ab und flatterte ins All.
    »Wunderschön«, sagte Bisesa.
    Alexej zuckte die Achseln. »Ja, ist ganz nett. Ehrlich gesagt, die meisten von uns finden den Mond nicht sonderlich interessant. Es sind eben keine echten Spacer da unten. Nicht, wenn man in ein oder zwei Tagen zur Erde pendeln kann. Wir bezeichnen den Mond als das ›Dach der Erde‹ …«
    »Wir nähern uns dem Punkt der größten Annäherung«, murmelte Max.
    Nun füllte der Mond Bisesas Sichtfeld vollständig aus. In tiefem Schatten liegende Krater flogen an den zerbrechlichen Fenstern der Brücke vorbei. Bisesa spürte, wie der Druck von Myras Hand sich verstärkte. Es gab einfach Dinge, die ein menschliches Auge nicht schauen sollte, sagte sie sich resigniert.
    Dann stob die Tag-/Nachtgrenze des Monds an ihnen vorbei, eine unterbrochene Linie aus angestrahlten Gipfeln und Kraterwänden, und dann fielen sie in eine Finsternis, die nur noch vom fahlen Glühen der Erde erhellt wurde. Als das grelle Licht der Sonne ausblieb, verlor das Lichtschiff den Schub, und Bisesa spürte den Verlust des letzten Restes von Schwerkraft.

{17}
KRIEGSSCHIFF
    John Metternes stürzte aufs Flugdeck der Liberator . - » Alles im grünen Bereich?«, fragte Edna. »Bonza«, sagte der Bordingenieur. Er war außer Atem, und der weiche belgische Akzent unter dem antrainierten australischen verlieh seiner Aussprache den akustischen Effekt einer Raspel. »Wir haben die Magnetflaschen verladen, ohne uns dabei ins Nirwana zu blasen. Alle Protokolle wurden ausgeprüft, und die A-Materie-Kapseln sind aktiviert … ja, es ist alles im grünen Bereich, und wir sind startbereit. Wurde, verdammt noch mal, auch Zeit.«
    Er war ein stämmiger Mann um die vierzig und schwitzte so stark, dass der Schweiß sogar die Schutzschichten der Springerkombi durchnässt hatte. Und sein Mund war leicht verkrustet. Vielleicht hatte er sich wieder übergeben. Obwohl er nominell den Rang eines Korvettenkapitäns innehatte und als Bordingenieur mit der Liberator fliegen sollte, war John ein Weltraum-»Spätzünder«; er war einer der Pechvögel, denen die Anpassung an die Mikroschwerkraft einfach nicht gelingen wollte. Im Endeffekt war das aber egal, denn nach der Aktivierung des A-Antriebs wurde der Liberator ein Schub von einem vollen Ge verliehen.
    Edna tippte auf eine Softscreen, überflog die Endfassung ihres Missionsauftrags und vergewisserte sich, dass sie die Freigabe von der Leitzentrale auf Achilles hatte. »Das Startfenster öffnet sich in fünf Minuten.«
    Metternes wirkte geschockt, und sein breites stoppelbärtiges Gesicht wurde aschfahl. »Meine Güte.«

    »Ist das in Ordnung für Sie? Der automatisierte Countdown läuft bereits, aber wir können ihn noch abbrechen, wenn

Weitere Kostenlose Bücher