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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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zu orientieren vermochte.

    Andererseits wurde dieses eine Prozent eines Ge kontinuierlich bereitgestellt. Beim Experimentieren fand Bisesa heraus, dass, wenn sie zur Decke hinaufkletterte und dann losließ, sie in sechs oder sieben Sekunden wie eine Schneeflocke zu Boden sank und weich landete. Diese geringe Schwerkraft war erstaunlich nützlich, denn der Staub setzte sich ab, und umherfliegende Gegenstände fielen schließlich wieder zu Boden; hier würde sie nicht fliegenden Decken nachjagen oder Tröpfchen einsammeln müssen, die der Kaffeetasse entwichen waren.
    Die »Brücke« der Maxwell war wie ein ziviler Wohnraum mit Stühlen und Tischen möbliert. Bisesa wurde daran erinnert, dass dies schließlich kein Kriegsschiff war. Als Bisesa und Myra die kurze Leiter vom Unterdeck hinaufschwebten, saß Alexej auf einem dieser Stühle und schaute geduldig zu, wie Darstellungen auf einer Softscreen Gestalt annahmen.
    Die Wände waren durchsichtig.
    Der Raum war sternenlos bis auf drei »Leuchtkörper« - Sonne, Erde und Mond -, die sich zu einem riesigen Dreieck um das Schiff formiert hatten. Bisesa wollte beim Anblick dieser Welten-Konstellation schier verzagen. Unvermittelt dachte sie an Mir und die Menschenaffen, die sie dort gesehen hatte: Australopithecinen mit den Beinen von Menschen und den Schultern von Gorillas.
    Myra sah ihre Reaktion und zog an ihrer Hand. »Mama. Es ist wie eine Achterbahnfahrt. Da wird einem schon mal schwindlig. Schau nach oben. «
    Bisesa hob den Kopf.
    Sie sah eine um Nuancen hellere Scheibe, etwas grauer als der tiefschwarze samtige Himmel. Gleißend helle Lichtreflexe tanzten auf der Oberfläche. Es war das Segel, eine Folie, die groß genug war, um die ganze City von London darin einzuwickeln. Sie hörte ein leises, intervallartiges Surren, das von den kleinen Seilrollen stammen musste, die am Rand des Daches befestigt waren und die Seile führten, die über ihr aus
dem Dach sprossen - geradlinige Stränge, die das Sonnenlicht spiegelten.
    Die Hülle, die sie umschloss, glich einer Konservendose an einem Fallschirm. »Ich heiße Sie an Bord der James Clerk Maxwell willkommen«, sagte Alexej grinsend.
    »Und das alles nur mit Sonnenlicht.«
    Alexej hielt die Hand in einen Strahl des Sonnenlichts, das die Kabine durchquerte. »Der Druck der vielen winzigen Photonen, die von einer reflektierenden Oberfläche zurückgestrahlt werden. An einem Sonnentag auf der Erde macht diese Masse in Ihrem Gesicht vielleicht ein zehntausendstel Gramm aus. Wir haben aber eine so große Segelfläche und eine so geringe Masse, dass eine Beschleunigung von einem Hundertstel Ge erreicht wird. Aber diese Antriebskraft ist unerschöpflich und kostenlos und treibt uns unablässig vor sich her … wir werden den Mars in zwanzig Tagen erreichen.«
    Das Segel selbst war ein Geflecht aus Nanoröhrchen - das gleiche superfeste Material, aus dem auch die Bänder der Weltraumaufzüge bestanden. Der »Stoff« war eine ultradünne aufgedampfte Schicht aus Bor, nur ein paar hundert Atomdurchmesser dick.
    »Der Segel-Stoff ist so fein, dass er bei der Handhabung mehr Ähnlichkeit mit Rauch hat als mit sonst etwas«, erklärte Alexej. »Aber er ist so robust, dass er sogar ein kurzes Bad in der Sonnenhitze innerhalb des Merkurorbits verträgt.«
    Lichtbänder waberten über den Spiegel, und winzige Rollen surrten.
    »Diese Oszillationen lassen sich nicht vermeiden«, sagte Alexej. »Deshalb verleihen wir den Segeln eine Intelligenz wie dem Sonnen-Schild. In das Gewebe sind Stellmotoren und winzige Raketen eingearbeitet. Max, die KI des Schiffes, ist in der Lage, automatisch Kurs zu halten und die Position zu bestimmen. Und er ist weitgehend für die Navigation verantwortlich; ich sage ihm einfach, wohin die Reise gehen soll.
Max führt im Grunde Regie an Bord. Sol sei Dank hat er aber nicht viel zu tun.«
    »Ich verstehe zwar, wie man von der Sonne weg geschoben wird«, sagte Bisesa. »Aber wie fliegt man auf sie zu - zum Beispiel vom Mars zur Erde? Vielleicht so, als ob man gegen den Wind kreuzt?«
    »Das ist keine treffende Analogie«, erwiderte Alexej. »Sie müssen bedenken, dass alle Objekte im Sonnensystem sich grundsätzlich in Umlaufbahnen um die Sonne bewegen. Und das bestimmt wiederum die Funktion des Segels …«
    Orbitalmechanik und gesunder Menschenverstand, sagte sich Bisesa, schienen zwei Paar Stiefel zu sein.
    »Wenn ich beschleunige, gehe ich in eine höhere Umlaufbahn. Aber wenn ich das Segel fixiere,

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